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"Forschung braucht Förderung"

Harald Herrmann, Direktor und Professor des BBSR

Interview mit Harald Herrmann, Direktor und Professor des BBSR

Das BBSR ist Projektträger der Forschungsinitiative Zukunft Bau und für die Durchführung der Antragsforschung zuständig. Welche Aufgaben hat das Programmmanagement im BBSR?

 

Zunächst einmal geht es ums Operative: Wir bereiten das Antragsverfahren vor und setzen es um, begleiten fachlich die geförderten Projekte bis zur Abnahme der Forschungsergebnisse. Unsere Forschungsverwaltung kontrolliert den Umgang mit den Fördermitteln. Das gehört auch zum „Verwaltungshandeln“ eines Forschungsförderers. Aber mit der Abgabe des Forschungsberichts ist die Arbeit lange noch nicht getan. Nun gilt es, die Forschungsleistung bekannt zu machen und zu schauen, was davon umgesetzt werden kann.

 

Die Forschenden müssen ihre Ergebnisse generell selbst veröffentlichen, wir kümmern uns zudem um die Vernetzung der Einzelergebnisse. Wir führen Forschende zusammen, die in einem Themengebiet arbeiten und bieten verschiedene Möglichkeiten, die Ergebnisse koordiniert zu präsentieren: über Fachkongresse, Seminarreihen und eigene Publikationen des BBSR. Und in Zusammenarbeit mit dem Fraunhofer-Informationszentrum Raum und Bau betreuen wir das Portal Forschungsinitiative.de und die angeschlossenen Bauforschungsdatenbanken. Über die Website können Interessierte alle geförderten Arbeiten recherchieren und kostenfrei anfordern.


Wir möchten also Öffentlichkeit für die Ergebnisse schaffen. Nur so können wir ja auch den eigentlichen Programmzweck erfüllen, Innovationen im Bauwesen zu unterstützen.

 

 

Können Sie das Programmmanagement auch mit Zahlen beschreiben?

 

Im Rahmen der Antragsforschung erreichen uns im Jahr rund 180 Anträge, von denen im Schnitt 40 Projektvorschläge von externen Gutachtern als förderungswürdig befunden werden. Etwa 120 Projekte sind zeitgleich (laufend) in Bearbeitung und werden von uns betreut. Und eine weitere Zahl: Im Rahmen der Forschungsförderung stehen unsere fachlichen Betreuer der Einzelprojekte mit etwa 1 200 Personen im Jahr in Kontakt. Das erfordert von meinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern nicht nur eine hohe fachliche Kompetenz, sondern auch große kommunikative Fähigkeiten.

 

 

Wer definiert den inhaltlichen Rahmen? Wer setzt die Schwerpunkte?

 

In der Programmbeschreibung zur Forschungsinitiative Zukunft Bau werden zwar einige Schwerpunkte genannt, wie energieeffizientes Bauen, der Umgang mit dem Bestand oder die Nachhaltigkeit. Letztlich ist aber jeder Forschende frei, Unterstützung für das Thema zu beantragen, das aus seiner Sicht wichtig ist. Der inhaltliche Rahmen entsteht aus dem Wettbewerb der Ideen. Das einzelne Forschungsvorhaben muss jedoch im Ergebnis anwendbar für den Hochbau sein. So gesehen, bestimmen die Forscher selbst die Schwerpunkte.

 

Wenn wir die Themen-Cluster betrachten: Was dominiert?

 

Etwa die Hälfte der beantragten und geförderten Projekte beschäftigt sich in irgendeiner Form mit der Energie. Sei es in der Materialforschung, bei der energetischen Bilanzierung eines Gebäudes, der Steuerung der Haustechnik oder den Speichertechnologien. Anhand der eingereichten Anträge zu diesem Thema ist zu erkennen, dass diese Frage von den Forschern als vordringlichste Aufgabe gesehen wird – ganz unabhängig von möglichen politischen Vorgaben. Aber auch die Entwicklung innovativer Bauelemente und die Materialforschung sind stark vertreten. Die interessantesten Projekte aus meiner Sicht haben Innovationen im Fassadenbau im Fokus.


Welchen Einfluss hat die Forschungsförderung auf das Bauen in Deutschland? Welche Wirkungen gehen denn von der Forschungsförderung aus?

 

Sinn und Zweck der Forschungsförderung ist es, die Wettbewerbsfähigkeit des deutschen Bauwesens zu stärken und die Entwicklung von Innovationen zu unterstützen. Wie dies gelingt, zeigt uns die Entwicklung des Plusenergiestandards. Ausgangspunkt war die Unterstützung des Beitrags der TU Darmstadt am Solar-Decathlon-Wettbewerb des US-Energieministeriums im Jahr 2006. Diesen Wettbewerb hat damals die TU Darmstadt auf der National Mall in Washington vor dem Capitol gewonnen. Fortan war der Plusenergiegedanke in der Bauwelt und konnte über eine Vielzahl geförderter Einzelprojekte weiterentwickelt werden. Inzwischen hat sich daraus ein neuer Gebäudestandard in Deutschland etabliert, der auch im Ausland viel beachtet wird. Das deutsche Know-how auf diesem Gebiet ist international sehr gefragt. Dies ist aber nur ein Beispiel aus der Palette interessanter Entwicklungen, die wir mit der Forschungsförderung angestoßen haben.

 

 

Was sind die wichtigsten Zukunftsthemen? Worüber sprechen wir in fünf bis zehn Jahren?

 

Meiner Meinung nach muss es mehr Forschung im Bereich der Bestandserneuerung und -umgestaltung geben. Hier geschieht einfach noch zu wenig. Wir müssen es schaffen, weniger Ressourcen zu verbrauchen. Hier kann der Einsatz neuartiger Materialien in innovativen Bauelementen sehr hilfreich sein. Ich denke da beispielsweise an das Leichtbaufenster Ultraslim, dass wir auf der Bau 2013 in München zeigen konnten. Ein energieeffizientes Fenstersystem, das für den Einsatz in der Bestandserneuerung entwickelt wurde und lediglich 25 % des Gewichts eines derzeit üblichen Fensters aufweist. Für mich ein Beispiel eines zukunftsweisenden Projekts.

 

Wie wohnen Sie? Sind Ihre Wünsche erfüllt? Wenn man Bauen ganz persönlich sieht.

 

Da kann ich an das eben Gesagte anknüpfen. Wir wohnen in einem Haus, das inzwischen 35 Jahre alt ist. Also in einem „Bestandsgebäude“, das wir im Laufe der Jahre nach und nach den Anforderungen angepasst haben, von der Dachsanierung über die Heizung bis zu den Fenstern. Wir wohnen in einer gewachsenen, urbanen Umgebung. Alles ist gut erreichbar. So wie wir es uns in jungen Jahren gewünscht haben – und es passt bis heute!

 

Zur Person:

Harald Herrmann ist seit 2012 Direktor und Professor des Bundesinstituts für Bau-, Stadt- und Raumforschung. Er studierte Rechtswissenschaften in Mainz, danach arbeitete er unter anderem als persönlicher Referent von Bundesbauminister Klaus Töpfer und als Leiter des Referats Bauwirtschaft im Bundesbauministerium. Von 1998 bis 2011 leitete Harald Herrmann die Zentralabteilung des Bundesamtes für Bauwesen und Raumordnung.