Rückblick Zukunft Bau Kongress 2023

BAUWENDE umbruch aufbruch

Wo stehen wir in Hinblick auf die Bauwende? An welchen Stellen hat bereits ein Umbruch stattgefunden, und an welchen Stellen ist ein neuer Aufbruch notwendig?  

Der zweijährig stattfindende Zukunft Bau Kongress beschäftigte sich am 23. und 24. November 2023 mit der aktuellen Positionierung zur Bauwende. Dazu luden das Bundesministerium für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen (BMWSB) und das Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR) in den ehemaligen Bonner Plenarsaal des Deutschen Bundestages ein. Referentinnen und Referenten aus den Bereichen Forschung, Planung, Praxis, Wirtschaft und Verwaltung reflektierten den Stand der Bauwende gemeinsam mit rund 400 Teilnehmenden pro Tag vor Ort und rund 900 Teilnehmenden im Livestream.

Nach der Begrüßung durch das BBSR hielt Caroline Bos (UN Studio / NL) eine Keynote, in der sie kreative Planungsansätze aufzeigte, wie beispielsweise Flächen gemeinnützig und im Kontext der Bauwende anders zu denken und kreativ zu bespielen sind. Im Anschluss hielt Bundesbauministerin Klara Geywitz (BMWSB) eine Grundsatzrede, in der sie die Bauwende auch als soziale Frage betonte. Als bauliche Strategien benannte sie vor allem den Umgang mit dem Bestand und das zirkuläre Bauen.

Der erste Themenblock „Umbruch“ widmete sich der Frage, wie die Gesellschaft die Bauwende mitgestalten kann. Prof. Heinz Bude (Gründungsdirektor des documenta-Instituts in Kassel) plädierte für eine Überwindung von Polarisierungen innerhalb der Gesellschaft zugunsten von mehr Gemeinsamkeit und Freundlichkeit, um die anstehenden Veränderungen zu meistern. Dass die Herausforderungen der Bauwende gemeinsam im Kontext von Quartier und Stadt gelöst werden müssen, unterstrich Prof. Iris Reuther (Senatsbaudirektorin der Freien Hansestadt Bremen). Prof. Amandus Samsøe Sattler (ensømble studio architektur, Präsident DGNB) stellte die Planung als einen wichtigen Handlungsraum dar. Diese muss den Umgang mit dem Bestand in den Fokus rücken und zu einer neuen Umbaukultur führen.

Im zweiten Themenblock „Aufbruch“ lag der Fokus darauf, wie die Praxis die Bauwende vorantreiben kann. Dass die Bauwende auch wirtschaftlich interessant und mit Freude an der Herausforderung verbunden sein kann, belegte Achim Nagel (PRIMUS develpoments) mit entsprechenden Projektbeispielen, vor allem aus dem Holzbau. Dr. Daniel Fuhrhop (Wirtschaftswissenschaftler) berichtete aus seiner Dissertation zum unsichtbaren Wohnraum und zeigte auf, wie 100.000 Wohnungen pro Jahr dadurch geschaffen werden könnten, dass leerstehende und untergenutzte Flächen neu bespielt werden. Kerstin Müller (Zirkular, CH) zeigte bereits existierende Strategien für die Bauwende in der Schweiz auf. Am Beispiel der Stadt Basel erläuterte sie, mit welchen Mitteln die Klimaziele erreicht werden können:  die Dekarbonisierung der Wärmeversorgung, der Verzicht auf innerstädtische Parkplätze für Wohnungen, Strategien zum vereinfachten Bauen im Bestand und Bauen mit wiederverwendeten Bauelementen sowie eine nachhaltige und soziale Bodenpolitik werden in Basel bereits umgesetzt. Andreas Knapp (KÜSSDENFROSCH) zeigte eindrucksvolle Möglichkeiten auf, Bestandsgebäude passfähig und wertschätzend weiterzuentwickeln, und sich dabei nicht nur als Architekt, sondern auch als Investor, Entwickler und Betreiber wirtschaftlich erfolgreich zu betätigen. Gerhard Matzig knüpfte in seinem Abendvortrag an ein Zitat von Viktor Hugo an: „Nichts ist mächtiger als eine Idee, deren Zeit gekommen ist.“ Er wies auf die Dringlichkeit der Bauwende hin und plädierte dafür, die Trägheit der Konsumgesellschaft zu überwinden.   

Am zweiten Kongresstag sprach sich Dr. Robert Kaltenbrunner (BBSR) für eine neue Mentalität aus, im Sinne einer reflektierten, suffizienten Sichtweise auf das Bauen und der Entwicklung neuer Experimentierräume. Prof. Elisabeth Endres (TU Braunschweig) stellte Thesen des Forschungsprojekts Bauen von morgen vor, die sich mit den Themen Suffizienz, Resilienz und Komfort beschäftigten und eine stärkere Ausrichtung auf Menschen statt auf Normen forderten. In den anschließenden vier parallelen Foren folgten jeweils Impulsvorträge und Diskussionen zur Wirtschaftswende, zur Planungswende, zu Bauwendeformaten und zur Einfamilienhauswende. Zurück im Plenum zeigte Tina Saaby (Danish Town Planning Institute / DK) in ihrer Keynote auf, wie wichtig es ist, Orte mit und für Menschen zu planen und dabei private, halböffentliche und öffentliche Räume miteinander zu verbinden, sodaß sich die Stadt nachhaltig entwickelt und verändert Prof. John von Düffel (Universität der Künste Berlin) plädierte in seiner Abschlusskeynote für ein sinnvolles Maßhalten und die Reduktion auf das Wesentliche. Aus seinem Askese-Buch „Das Wenige und das Wesentliche“ zitierte er: „Es gibt kein richtiges Leben im Falschen, aber es gibt im Falschen eine richtige Richtung“ und merkte an, mit der Bauwende an der richtigen Richtung zu arbeiten.

Der Zukunft Bau Kongress belegte, dass die Bauwende bereits im Gang ist und die bestehenden guten Strategien und Beispiele weitere Verbreitung finden müssen. In diesem Sinne wird im Frühjahr 2024 eine entsprechende Publikation zum Zukunft Bau Kongress erscheinen. Die einzelnen Vorträge sind Anfang Dezember auf der Zukunft Bau Webseite abrufbar. www.zukunftbau.de