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Sozialwissenschaftliche Evaluation der Effizienzhaus Plus Bildungsbauten

Projektbeschreibung

Projektbeteiligte

Eckdaten

Sozialwissenschaftliche Evaluation der Effizienzhaus Plus Bildungsbauten


Projektnummer
10.08.17.7-20.25
Projektbeginn
09.2020
Projektende
08.2023
Projektstatus
abgeschlossen ohne Bericht

Im Rahmen der Evaluation wurden spezifische Akteursgruppen aller geförderten Effizienzhaus Plus Modellvorhaben im Bereich Bildungsbauten befragt. Die Modellvorhaben wurden ausschließlich von öffentlichen Bauherren errichtet, so dass eine vergleichende Analyse von Entscheidungs- und Managementprozessen möglich war. Neben Bauherrenvertretenden und dem Gebäudemanagement wurden auch die Gebäudenutzenden eingebunden. Zum einen sollten Motivationen und mögliche Hemmnisse bei Bau und Betrieb untersucht werden, zum anderen sollte evaluiert werden, inwiefern die neuartigen Gebäudekonzepte von den Nutzenden als solche wahr- bzw. angenommen werden.

Ausgangslage

Das Förderprogramm Effizienzhaus Plus des Bundesministerium für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen (BMWSB) und des Bundesinstituts für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR) unterstützt seit 2011 Bauherrinnen und Bauherren von Modellhäusern, die den Effizienzhaus Plus Gebäudestandard erfüllen. Ziel der klimagerechten und nachhaltigen Modellvorhaben ist es, mit Hilfe erneuerbarer Energien in der Jahresbilanz mehr Energie zu gewinnen als zu verbrauchen.

Die Initiative Effizienzhaus Plus hat bisher 36 solcher Modellhäuser gemäß Effizienzhaus Plus-Standard gefördert. 2015 wurde das Förderprogramm durch eine weitere Förderrichtlinie für den (Neu-)Bau bzw. die Modernisierung von Bildungsbauten öffentlicher Träger erweitert. Diese soll dazu beitragen, auch für Nichtwohngebäude eine forschungsbasierte Basis für die Markteinführung des Effizienzhaus Plus Standards zu schaffen.

Fünf in Bayern und zwei in Baden-Württemberg angesiedelte Modellvorhaben mit insgesamt elf Teilprojekten sind seitdem Teil des Förderprogramms für Bildungsbauten. Dazu zählen die Grundschule in Giebelstadt, das Jakob-Brucker-Gymnasium in Kaufbeuren sowie das Gymnasium Neutraubling, die berufsvorbereitende bzw. -bildende Louise-Otto-Peters Schule in Hockenheim und das Berufliche Schulzentrum in Mühldorf am Inn sowie die Hochschule Ansbach am Campus Feuchtwangen und die TH Ulm.

Die Bauvorhaben weisen jeweils unterschiedliche Zielgruppen bzw. Nutzende, Ausgangslagen (Sanierung bzw. Modernisierung und/oder Neu- bzw. Ersatzneubau), Objektgrößen und Baustände auf. Einige Objekte befanden sich zu Beginn der sozialwissenschaftlichen Begleitforschung noch in der Bauphase, andere wiederum hatten bereits eine 24-monatige technische Monitoring-Phase nach Bezug abgeschlossen.

Ziel

Die sozialwissenschaftliche Evaluation erfolgte parallel und in enger Abstimmung und engem Austausch mit der technischen Begleitforschung, umgesetzt durch das Fraunhofer-Institut für Bauphysik (Stuttgart). Die Evaluation war projektvergleichend angelegt und bezog alle relevanten Perspektiven und Akteursgruppen mittels qualitativer und quantitativer Erhebungsmethoden ein.

So lag ein Fokus einerseits auf den Erfahrungen der öffentlichen Bauherren, Gebäudemanagerinnen und -manager sowie weiterer Projektpartner mit dem Bauvorhaben im Hinblick auf Entscheidungs- und Managementprozesse sowie den anschließenden Betrieb. Andererseits wurden zugleich die Gebäudenutzenden – Schülerinnen/Schüler, Studierende, Lehrkräfte, Hausmeister und technische Dienste – in die Evaluation eingebunden, um deren Erwartungen, Wahrnehmungen, Erfahrungen und letztlich Akzeptanz der neuen Gebäudekonzepte nach Effizienzhaus Plus-Standard zu ermitteln.

Auftragnehmer war com.X Institut für Kommunikations-Analyse & Evaluation / Quast Warthun GbR.

Konzept

Zum Einsatz kamen Methoden, die im Sinne einer wechselseitigen Methodenkontrolle bzw. Triangulation aufeinander abgestimmt und deren Instrumente im Verlauf der Evaluation an die unterschiedlichen Zielgruppen angepasst wurden.

Die folgenden Akteurs- und Zielgruppen wurden in die sozialwissenschaftliche Evaluation eingebunden:

  • Projektverantwortliche Bauherrinnen/Bauherren und Bauverwaltungen
  • Gebäudemanagement/Technische Dienste/Hausmeister
  • Lehrpersonal
  • Studierende
  • Schülerinnen und Schüler

Bedingt durch die Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie und um stets möglichst niedrigschwellige Zugänge zur Evaluation zu bieten, wurde ergänzend und als Ersatz von Präsenzterminen auf Online-Formate zurückgegriffen, wie zum Beispiel Videokonferenzen für Einzelinterviews oder Gruppengespräche.

Um die Bandbreite und Verschiedenartigkeit aller Bauvorhaben angemessen zu berücksichtigen, individuelle, evaluationsrelevante Spezifika direkt am Objekt zu klären und bestehende Kontakte zu Nutzenden im persönlichen Austausch zu vertiefen, fanden zudem persönliche Begehungen vor Ort statt.

Im Einzelnen kamen folgende Methoden zum Einsatz:

  • Desk Research (Programmdokumente, Kommunikation der Modellvorhaben, Berichterstattung zu den Bildungsbauten)
  • Online-Befragung von Nutzenden
  • Qualitative Leitfadeninterviews mit Projektakteuren
  • Qualitative Leitfadeninterviews mit Nutzenden
  • Begehung von Modellvorhaben
  • Delphiartiges Rückspiel/Diskussion von Ergebnissen im Rahmen eines Netzwerktreffens der Initiative Zukunft Bau

Ergebnisse

Zentrale Ergebnisse der Begleitforschung

Perspektive der Bauherrinnen und Bauherren

  • Aus Bauherrensicht hat sich die Entscheidung gelohnt, im Effizienzhaus Plus-Standard zu bauen und sich um die entsprechende Förderung zu bemühen. Die Beteiligung an der Initiative Effizienzhaus Plus hat einen Anschub geleistet, den Bau noch energieeffizienter als ursprünglich geplant umzusetzen oder darin bestärkt, einen Bau im Effizienzhaus Plus-Standard anzugehen. Energieeffizienzkonzepte lagen den sieben Modellvorhaben ohnehin zugrunde und die Energiekrise hat die Relevanz im Nachhinein zusätzlich verdeutlicht.
  • Treiber der Entscheidung waren oftmals Einzelpersonen auf Seiten der Bauherrinnen/Bauherren wie auch der Bildungseinrichtungen. Im Vorfeld mussten vor allem Bedenken und Vorbehalte bei beteiligten Akteurinnen und Akteure hinsichtlich der Finanzier- und Machbarkeit ausgeräumt werden.
  • Optimierungspotenzial gibt es bei der Einbindung der unterschiedlichen Nutzendenperspektiven im Sinne einer integrierten Planung, um Gegebenheiten vor Ort und individuelle Nutzungsanforderungen zukünftig noch besser zu berücksichtigen.
  • Trotz zum Teil auftretender Herausforderungen im Bau und (Anlauf-)Betrieb erfüllen die Bauten die in sie gesetzten Erwartungen. Viele anfängliche Schwierigkeiten konnten im Verlauf der Begleitforschung gelöst werden. Dennoch erfordert gerade die Anlaufphase mit Sicht auf die Nutzenden gegebenenfalls eine spezielle kommunikative Begleitung, weil auftretende Probleme der Erwartung an ein hocheffizientes modernes Gebäude entgegenstehen und zu Akzeptanzverlusten führen können.
  • Herausforderungen waren zum Beispiel: planerischer und technischer Mehraufwand; Mangel an Fachbetrieben mit Erfahrungen im Effizienzhaus Plus-Standard, insbesondere für große und komplexe Baumaßnahmen wie Bildungsbauten; eingeschränkter bzw. atypischer Betrieb aufgrund von Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie mit zum Teil verfälschten Messdaten für das technische Monitoring im Vergleich zum Normalbetrieb.
  • Die Ergebnisse des technischen Monitorings zeigen, dass die Modellvorhaben die Energiekennwerte und somit die CO2-Einsparziele aus den Gebäudesimulationen erfüllen. Das Monitoring als Teil der Förderung wird von den Bauherrinnen/Bauherren begrüßt, weil dadurch Optimierungen im (Anlauf-)Betrieb besser ermöglicht werden.
  • Die Gebäude werden vor allem im Sinne klimapolitischer Gesichtspunkte als Investition in die Zukunft gesehen: CO2-Einsparung, Reduzierung von Energiekosten bei weiterhin steigenden Energiepreisen sowie Realisierung eines wertigen Entwurfskonzepts mit langfristigen Kosteneinsparungen für Modernisierung und Erhalt der Gebäude.
  • Zudem gibt es einen gewissen Stolz auf die neuen Gebäude, die als Leuchtturmprojekte mit Vorbildfunktion für andere interessierte Kommunen und Bauherrinnen/Bauherren gesehen werden. Dennoch wird aus Sicht der meisten Bauherrinnen und Bauherren ein im Effizienzhaus Plus-Standard gebautes oder saniertes (Bildungs-)Gebäude in vielen Kommunen zunächst eine Ausnahme bleiben, weil man für die entstehenden Kosten mehr Schulen weniger aufwendig sanieren oder bauen könnte.

Perspektive der Nutzenden

  • Auch bei den Nutzenden besteht oft eine große Zufriedenheit mit den Neu- und Umbauten, trotz der für öffentliche Gebäude typischen Trennung von Bauherren- und Nutzenden-Rolle (d. h. Letztere treffen weder die Entscheidung für einen bestimmten Gebäudestandard, noch gibt es für sie einen unmittelbaren – nicht nur ideellen – Gewinn, etwa durch geringere Energiekosten).
  • Neben dem „Neu-Effekt“ der Gebäude schätzt man unter anderem das spezifische Raumklima, die Luftqualität, die Gestaltung der Unterrichts- und Fachräume, weitgehend auch die Temperierung, die Lichtverhältnisse und mit leichten Einschränkungen die Raumakustik. Zudem sehen viele Nutzende durch das Gesamtpaket einen positiven Effekt auf das Lernklima. Das führt in der Gesamtheit zu einer guten Einschätzung der Wohlfühlqualität.
  • Die Gesamtbewertung der Gebäude fällt im Vergleich etwas schwächer aus als bei Nutzenden von Wohnungsbauten. Gegebenenfalls zeigt sich hier ein leichter Effekt des Bauherren-Nutzenden-Dilemmas.
  • Auch bei Nutzenden gibt es neben einem Stolz auf das Gebäude auch eine Akzeptanz des Gebäudes bzw. des Gebäudestandards und eine Identifikation mit den Zielen energieeffizienten Bauens im Effizienzhaus Plus-Standard: Nutzende wissen und wertschätzen, dass mit den eigenen (Hoch-)Schulgebäuden ein wichtiger Beitrag zum Klima- und Umweltschutz geleistet wird und die Energieversorgung unabhängiger ist.
  • Das eigene Gebäude wird in einer Vorbildrolle für andere Bildungseinrichtungen bzw. -bauten gesehen und erfüllt diese Vorbildfunktion auch, wie etwa das Interesse von Personen und Institutionen an den Modellbauten zeigen, die selbst (öffentliche) Großbauten planen.
  • Insgesamt sehen Nutzende deutlich weniger Nach- als Vorteile durch den neuen Energiestandard und meinen überwiegend, dass die höheren Mittel für den Bau im Effizienzhaus Plus-Standard für den richtigen Zweck eingesetzt wurden.

Perspektive der Hochschulen Ansbach/Feuchtwangen und

  • Besondere Perspektive aufgrund entsprechender Expertise im Bereich energieeffizienter Technik und energieeffizienten Bauens.
  • Hochschulen wünschen sich mehr Eingriffsspielraum und stärkeren Zuschnitt auf die Bedingungen vor Ort, beispielsweise für die Automatiksteuerung und die bedarfsgerechte Temperierung von Räumen. Dies betrifft vor allem die spontane Änderung geplanter Nutzungen (z. B. Corona-bedingte Lüftung) oder wenn Unterschiede in den Anforderungen für einzelne Räume bestehen (z. B. Computerräume, Labore).
  • Die Kritik am Temperaturempfinden lässt sich ggf. auch durch die hierbei stark subjektiv geprägte Wahrnehmung erklären. Vieles wird mittlerweile auch als Problem der Anlaufphase gesehen, das zum Teil schon überwunden wurde.
  • Ein größerer spezifischer Kritikpunkt sind in einigen Gebäuden die Verschattungsanlagen (die auch eine Rolle für das energetische Konzept spielen), zum Teil auch gekoppelt an die Automatiksteuerung: Verschattung ändert zu unpassenden Zeiten die Lichtbedingungen; Außenverschattung ist zu leicht ausgelegt, so dass sie bei leichten Windlagen nicht mehr eingesetzt werden kann und zusätzliche Innenverschattungen nicht vorgesehen bzw. technisch nicht anzuraten sind (Hitzestauungen vor empfindlichen Mehrfachverglasungen).
  • Fehlfunktionen können die Akzeptanz des Gebäudes und des Effizienzhaus Plus-Standard beeinträchtigen. Deshalb sind insbesondere in der Anlaufphase von (öffentlichen) Großgebäuden erläuternde Information und Kommunikation für technisch weniger versierte und informierte Nutzende angebracht.

Kommunikation der Bildungseinrichtungen

  • Die Gebäude und ihr Standard finden auch Eingang in die interne und externe Kommunikation der Kommunen und Bildungseinrichtungen, etwa im Webauftritt oder in der Öffentlichkeitsarbeit mit entsprechender Medienresonanz.
  • Sofern inhaltlich passend, werden die Gebäude im Unterricht bzw. in Forschung und Lehre stärker thematisiert und als Reallabor genutzt. In beiden Gymnasien geht man auch davon aus, dass die neuen Gebäude gut zu bereits bestehenden Umweltaktivitäten passen und diese zusätzlich verstärken.
  • Diese kommunikativen und pädagogischen Nebeneffekte sind aus Sicht der Initiative Effizienzhaus Plus gewünscht, weil hier Interesse an der Technik und am Effizienzhaus Plus-Standard sowie seinem zentralen Anlass der CO2-Einsparung gerade bei jungen Menschen verstärkt oder geweckt wird.

Endbericht

Download auf https://www.bbsr.bund.de/

Projektbeteiligte
Eckdaten
Schlagworte zum Projekt : Effizienzhaus Plus, Effizienzhäuser Plus, Energieeffiziente Gebäude, Energieeffizienz, Bildungsbauten
Einordnung in Zukunft Bau : Ressortforschung, Energieeinsparung/ -gewinnung
Projekt auf der Webseite des BBSR : https://www.bbsr.bund.de/BBSR/DE/forschung/programme/zb/Auftragsforschung/5EnergieKlimaBauen/2020/evaluation-ehp-bildungsbauten/01-start