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Analyse der Verursacher von Investitions- und Betriebskosten im Wohnungsbau

Projektbeschreibung

Projektbeteiligte

Eckdaten

Analyse der Verursacher von Investitions- und Betriebskosten im Wohnungsbau


Projektnummer
Projektbeginn
12.2014
Projektende
11.2016
Projektstatus
abgeschlossen ohne Bericht

In den letzten Jahren wurde eine erhebliche Baukostensteigerung durch exogene Anforderungen an Immobilien sowie Qualitätssteigerungen beim Bauen beobachtet. Die Baukostensenkungskommission zielt darauf ab, Grundlagen zu schaffen, um auf den steigenden Wohnraumbedarf vor allem in Ballungsräumen mit angemessenen Kosten reagieren zu können. Das vorliegende Kurzgutachten wurde als Unterstützung der Arbeit der Baukostensenkungskommission erstellt.Projektlaufzeit: Dezember 2014 – August 2015

Ausgangslage

Die Bevölkerungszahl in Deutschland wird nach den Berechnungen der aktuellsten Raumordnungsprognose bis 2030 um rund 2,5 Millionen zurückgehen. Allerdings verläuft die Entwicklung regional sehr unterschiedlich. Während vor allem strukturschwächere Räume von Bevölkerungsrückgängen betroffen sind, weisen andere Regionen - insbesondere Großstädte bzw. Ballungsräume - steigende Einwohnerzahlen auf. Aufgrund vielfältiger Arbeits-, Bildungs-, Freizeit-, Kultur- und Gesundheitsangebote sowie steigender Mobilitätskosten ist das Wohnen in diesen Gebieten für viele Bevölkerungsgruppen attraktiv. Aus den Zuzügen resultieren jedoch erhebliche Herausforderungen für den Wohnungsmarkt. Die erhöhte Nachfrage nach Wohnraum lässt Mieten und Immobilienpreise steigen und vielerorts bestehen bereits Engpässe, insbesondere einkommensschwächere Haushalte mit bezahlbaren Wohnungen zu versorgen. Um dieser Entwicklung zu begegnen, sind sowohl ein verstärkter Neubau und die Umnutzung von Gebäuden zu vertretbaren Kosten sowie eine Intensivierung der sozialen Wohnraumförderung erforderlich.

Eine weitere Herausforderung für den Wohnungsmarkt ist die Anpassung des Wohnungsbestands an demografische Veränderungen und umwelt- bzw. klimapolitische Zielsetzungen. Im Gebäudebereich besteht ein hohes Energieeinsparpotenzial, welches noch nicht ausreichend ausgeschöpft wird. Zudem erfordert die Alterung der Bevölkerung bauliche und technische Maßnahmen, um den Bewohnern einen möglichst langen Verbleib in ihren eigenen Wohnungen oder zumindest dem vertrauten Wohnumfeld im Quartier zu ermöglichen. Die erforderlichen Investitionen im Gebäudebestand wirken sich jedoch wiederum auf die Höhe der Mieten aus. Gleichwohl ist die Zahlungsfähigkeit von Mieterhaushalten, insbesondere der Gruppe der älteren Menschen, die in den nächsten Jahren mit weniger hohen Altersbezügen in den Ruhestand eintreten, begrenzt, und die Notwendigkeit für günstige bauliche Lösungen nimmt zu. Eine vergleichbare Situation zeigt sich bei energetischen Modernisierungen, die aus ökologischer, ökonomischer, sozialer und politischer Sicht notwendig sind, deren Finanzierung bei steigenden Baukosten angesichts weniger stark steigender Einkommen aber in einem schwierigeren Umfeld stattfinden wird.

Vor diesem Hintergrund hat die Bundesregierung das "Bündnis für bezahlbares Wohnen und Bauen" ins Leben gerufen mit dem Ziel, den steigenden Wohnraumbedarf in den Ballungsgebieten mit Wohnraummangel zu decken und gleichzeitig soziale, demografische und energetische Anforderungen zu berücksichtigen. Eine besondere Bedeutung soll der sozialen Wohnraumförderung zukommen. Dabei kommt den Kosten für die Errichtung neuer Wohngebäude und die Modernisierung des Bestands eine besondere Relevanz zu.

Die Baukosten sind in den letzten Jahren stark gestiegen, wodurch die Vereinbarkeit sozialer Maßstäbe und der Wirtschaftlichkeit für Wohnungsunternehmen bzw. Immobilieneigentümer bei Investitionen immer schwieriger wird. Aus diesem Grund wurde die Baukostensenkungskommission einberufen, die als Expertenarbeitsgruppe mit Fachleuten aus Praxis, Wissenschaft und Verwaltung im Rahmen des Bündnisses für bezahlbares Wohnen und Bauen tätig ist. Ihre Aufgabe besteht darin, die Kosten für den Neubau und die Modernisierung von Wohngebäuden in engem Zusammenhang mit Nachhaltigkeitsstandards und den damit verbundenen Qualitäten, insbesondere hinsichtlich Klimaschutz, Ressourceneffizienz und demografischem Wandel, zu analysieren. Darauf aufbauend sollen Potenziale für die Verbesserung der Wirtschaftlichkeit des Bauens aufgezeigt werden.

Ziel

Im Rahmen der vorliegenden Studie wurde die Entwicklung von Investitionskosten differenziert nach Neubau und Bestandsmodernisierung analysiert. Der Fokus lag hierbei insbesondere auf den Bauwerkskosten. Zudem waren Planungsaufwendungen mit zu betrachten. Ein weiterer Schwerpunkt der Studie lag auf der Untersuchung der Betriebskosten, da bauliche und technische Maßnahmen einen direkten Einfluss auf die Höhe der Betriebskosten haben.

Neben der differenzierten Erhebung von Kosten und Kostentreibern stellte die Ursachenanalyse einen weiteren Baustein der Studie dar. Dabei wurde zwischen konjunkturellen, strukturellen und ordnungsrechtlichen Ursachen differenziert. Ein besonderer Fokus wurde auf Letztgenannte gelegt, da sich die gesetzlichen Anforderungen an das Bauen (beispielsweise im Bereich energetischer Standards, Umweltschutz und Sicherheitsstandards) in den letzten Jahren stetig erhöht haben. Da sich diese Entwicklung weiterhin fortsetzen wird, beinhaltete die Studie auch einen Ausblick auf zukünftig zu erwartende Kostenentwicklungen in Bau, Modernisierung und Betrieb von Wohnraum sowie auf sich daraus ergebende Herausforderungen und Handlungsbedarfe.

Auftragnehmer des Forschungsprojektes war InWIS Forschung & Beratung GmbH, Bochum.

Konzept

Das Forschungsprojekt war in verschiedene Bausteine unterschiedlicher Ausrichtung gegliedert:

Baustein 1: Entwicklung tragfähiger Qualitätsabstufungen

Ausgangspunkt war eine ausführliche Literatur- und Forschungsberichtsrecherche, deren Ergebnisse die Grundlage für die in den nachfolgenden Bausteinen bearbeitete Kosten- und Ursachenanalyse bildeten. Es erfolgte die Entwicklung von Qualitätsabstufungen bzw. Qualitätsstandards für die einzelnen Bauleistungen. Hierbei spielten die hierzu erforderlichen Datengrundlagen eine besondere Bedeutung. Zusammenfassend wurde der aktuelle Forschungsstand zu baulichen und technischen Qualitätsstandards, zur Entwicklung der Betriebskosten und zu ordnungspolitischen Rahmenbedingungen ermittelt. Zusätzlich erfolgte eine Konzeption für die Datenermittlung und -darstellung.

Baustein 2: Kostenanalyse über alle Kostengruppen der DIN267 und Analyse der Betriebskosten

Im zweiten Baustein wurden die beim Bau und der Modernisierung von Ein- und Mehrfamilienhäusern entstehenden Kosten analysiert. Es wurde aufgezeigt, in welchen Kostengruppen und bei welchen Gebäudetypen sowie Qualitätsstandards die größten Kostensteigerungen aufgetreten sind. Zusätzlich erfolgte eine Analyse der Betriebskosten.

Baustein 3: Detaillierte Analyse der Baukosten

Aufgrund der deutlichen Streuung von Baukosten für Gebäude war eine detaillierte Analyse der beim Bau und der Modernisierung von Ein- und Mehrfamilienhäusern entstehenden Kostenstrukturen erforderlich. Ein weiteres Arbeitspaket des dritten Bausteins war die Ursachenanalyse der ermittelten Kostenentwicklung. Die Ursachen wurden nach konjunkturellen, strukturellen und ordnungspolitischen Aspekten systematisiert und ihr jeweiliger Einfluss gewichtet. Auf die Auswirkungen der Verschärfung von Anforderungen an das Bauen wurde ein besonderer Fokus gelegt. Es wurden unter anderem Bereiche wie energetische Standards, Anforderungen an die Barrierefreiheit und an die Hygiene betrachtet. Für die Abschätzung zukünftiger Kostenentwicklungen dienten eine ausführliche Literaturrecherche und Expertengespräche als Grundlage. Anhand dieser Abschätzung konnten Handlungsbedarfe für die Politik abgeleitet werden. Abschließend erfolgte eine Analyse der Planungsaufwendungen und -kosten.

Baustein 4: Berichterstattung

Zum Abschluss des Projektes erfolgte die Erstellung eines Schlussberichts. Die Ergebnisse des Forschungsprojekts werden in der Baukostensenkungskommission präsentiert und erörtert.

Ergebnisse

Die Entwicklung der Baukosten wurde auf der Grundlage der Kostenkennwerte aus den BKI-Kosten für Gebäude für die Kostengruppen KG 300 und 400 analysiert und jeweils als Trendlinien dargestellt (KG 300 Baukonstruktionen, KG 400 Technische Anlagen).

Die Steigerung der Baukosten für die KG 300 und 400 im mittleren Standard war mit ca. 45 % von 2003 bis 2012 deutlich höher als die Entwicklung des Baupreisindex mit einem Plus von ca. 22 %. Über den gesamten Betrachtungszeitraum von 15 Jahren haben sich die Baukosten nach BKI-Daten um ca. 85 % erhöht. Vor allem die Steigerung in der Kostengruppe 400 um ca. 75 % innerhalb von 9 Jahren hat sich kostentreibend ausgewirkt.

Der Verlauf für den hohen Qualitätsstandard ist noch deutlicher steiler. Hier ist die Summe aus KG 300 und 400 um 60 % (2003 bis 2013) gestiegen. Während für die KG 300 eine etwa parallele Entwicklung zum mittleren Standard beobachtet werden kann, erhöhten sich die Baukosten für KG 400 sogar um mehr als 90 % im gleichen Zeitraum.

Diese Baukostensteigerungen decken sich mit den Erfahrungen der Marktteilnehmer und spiegeln einen grundsätzlichen Trend für ganz Deutschland wider. Die festgestellte Entwicklung lässt den Schluss zu, dass es im deutschen Wohnungsbau seit einigen Jahren eine maßgebliche Veränderung der Qualität des Produktes Wohnung gibt, da die Baukostensteigerungen über die Baupreisentwicklung allein nicht erklärt werden können.

Die Anforderungen an Wohnkomfort v.a. im hohen Standard sind gestiegen und erhöhen damit die Baukosten durch Ausstattungsmerkmale, wie z.B. bodengleiche Duschen, erhöhten Schallschutz, Barrierereduktion, hochwertige Materialien, Tiefgaragenstellplätze und Außenanlagen mit Aufenthaltsqualität.

Höhere Ausführungsqualitäten, v.a. bei den energetischen Eigenschaften, führen zu Mehrkosten durch eine Steigerung des Technisierungsgrads (komplexere, z.T. hybride Wärmeerzeugung, Lüftungsanlagen), den zunehmenden Einsatz erneuerbarer Energien und die Erhöhung von Dämmstärken.

Baupreise haben sich insgesamt im Vergleich zu Verbraucherpreisen nicht überproportional entwickelt. Während der Verbraucherpreisindex in den letzten 15 Jahren um 26,2 % gestiegen ist, hat sich der Baupreisindex im gleichen Zeitraum um 27,7 % erhöht. Die Mehrwertsteuererhöhung zum 01.01.2007 ist dabei in beiden Zeitverläufen als deutlicher Sprung erkennbar.

Wie die Abbildung zeigt, haben sich die einzelnen Kostengruppen (KG) der DIN 276 in den letzten 15 Jahren sehr unterschiedlich entwickelt.

In der KG 400 Bauwerk – Technische Anlagen gab es mit 45,9 % die deutlichste Steigerung. Insbesondere die überproportionalen Entwicklungen bei Wasser- und Abwasser-, Wärmeversorgungs- und Lufttechnischen Anlagen haben durch ihren Anteil am Gebäude eine hohe Bedeutung. Grund für die Preisentwicklungen ist eine wesentliche Erhöhung des Technisierungsgrads bei den vorgenannten Baugruppen. Auch im Wägungsschema des Statistischen Bundesamts zeigt sich eine Verschiebung von den Rohbau- zu den Ausbauarbeiten und hier insbesondere zu den TGA-Gewerken.

Die KG 700 Baunebenkosten werden mit einem Anteil von rund zwei Dritteln durch die Architekten- und Ingenieurleistungen geprägt. Da die durch die HOAI geregelten Honorare an die Baukosten gekoppelt sind, wäre ein Teil der Kostenerhöhung von 56,6 % in 15 Jahren durch den Verlauf des Baupreisindex (+ 27,7 %) begründet. Während die HOAI-Novelle 2009 zu einer Steigerung von etwa 6 % geführt hat, wirkt sich die Neufassung von 2013 erheblich stärker mit einer Honorarerhöhung von rund 27 % bei einem durchschnittlichen Wohngebäude aus. Beide Novellierungen waren verbunden mit einer wesentlichen Ausweitung des Leistungsbilds, das den drastisch gestiegenen Anforderungen an die Planer Rechnung trägt.

Die der KG 300 Bauwerk – Baukonstruktionen zugeordneten Bauleistungen haben sich mit einem Plus von 25,3 % annähernd wie der Verbraucherpreisindex entwickelt. Nahezu alle Bauteilbereiche zeigen einen ähnlichen Verlauf mit Ausnahme der deutlich teurer gewordenen Dachdeckungen, bei denen sich insbesondere die Rohstoffpreise für Metall signifikant auswirken.

Die Preiseentwicklung für Bauland, die repräsentativ für die KG 100 Grundstück steht, zeigt bundesweit einen Verlauf analog zum Verbraucherpreisindex. Allerdings sind sehr starke regionale Unterschiede festzustellen. Regionaldifferenzierte Datenquellen wie z.B. vom Deutschen Städtetag bilden jedoch allein keine ausreichend valide Datenbasis. Eine fundierte Untersuchung zur regionalisierten Baulandpreisentwicklung sollte im Rahmen eines separaten Forschungsprojekts durchgeführt werden.

Zur Entwicklung der KG 200 Herrichten und Erschließen wurden Experten aus der Wohnungswirtschaft befragt. Nach deren Aussage sind die Kosten für primär notwendige Erschließungsmaßnahmen ähnlich wie andere Bereiche des Bauhauptgewerbes nur moderat gestiegen. Als kostentreibend hingegen führen die Befragten zum einen die erhöhten Anforderungen der Kommunen an die Erschließungsmaßnahme und zum anderen verschärfte Anforderungen an den Natur- und Bodenschutz an. Letztere können in Extremfällen die Erschließungskosten auf das Zwei- bis Dreifache des ortsüblichen Wertes verteuern.

Der Verlauf der Preisentwicklung für KG 500 Außenanlagen zeigte sich nahezu gleich wie die des Verbraucherpreisindex, da sich die Einzelleistungen nicht überproportional verteuerten. Allerdings kann auch hier eine Differenz zur Markteinschätzung festgestellt werden, da die Qualitäten der Außenflächengestaltung (Wege, Plätze, Beleuchtung, Möblierung etc.) massiv zugenommen haben und somit die Baukosten der Außenanlagen sehr wohl gestiegen sind.

Für die Betriebskostenanalyse standen insbesondere mit einem Auszug aus der Betriebskosten-Benchmark-Datenbank der WohnCom GmbH sowie mit den Reihen des Statistischen Bundesamts umfangreiche Datenbestände zur Verfügung, aus denen folgende Ergebnisse gewonnen werden konnten. Die kalten Betriebskosten stiegen in den letzten zehn Jahren moderat analog zum Verbraucherpreisindex um ca. 11 %. Dagegen haben sich die warmen Betriebskosten im gleichen Zeitraum wesentlich stärker um 23 % verteuert. Kostentreiber mit noch deutlich höheren Steigerungen waren die Preissteigerungen bei Erdöl/ Erdgas (+331 %) und Strom (+93 %).

Die Ergebnisse der moderaten Preisentwicklung decken sich nicht mit den Beobachtungen der Wohnungsbauakteure, nach denen die Baukosten beim Vergleich von konkreten Bauvorhaben der letzten Jahre deutlich stärker gestiegen sind.


Mit Blick auf die Baukostensteigerungen der Zukunft ist zu erwarten, dass diese auch weiterhin deutlich über dem Verbraucherpreisindex und der Einkommensentwicklung liegen werden. Als Gründe sind neben den gleich bleibenden Ansprüchen aus dem demografischen Wandel steigende Anforderungen u. a. an die Energieeffizienz (Niedrigst-Energiehäuser), an bauphysikalische Qualitäten (Schallschutz, Einsatz von Lüftungsanlagen) oder an die Nachhaltigkeit der Gebäude (Ökodesign-Richtlinie, Rückbau Gebäude und Bodenqualitäten) zu nennen.

Mit Blick in die Zukunft erscheint es daher sinnvoll, ein Analysekonzept zu installieren, mit dem Daten zur Baukostenentwicklung regionalisiert erfasst und zentral ausgewertet werden können. Mit einem solchen "Kostenradar" wäre es möglich, zukünftig die Verschärfung von Anforderungen an Gebäude zeitnah auf deren baukostenverändernde Auswirkungen hin zu untersuchen.

Denn nur bei einer Synchronisation der Diskussionen über verschärfte technische Anforderungen, über wünschenswerte Erhöhungen von Wohnkomfort und über die Bezahlbarkeit des neu geschaffenen oder modernisierten Wohnraumes kann das Ziel "Schaffung bezahlbarem Wohnraumes" in der Zukunft abgesichert werden.

Projektbeteiligte
Eckdaten
Schlagworte zum Projekt : Investitionskosten, Wohnungsbau, Baukosten
Projekt auf der Webseite des BBSR : https://www.bbsr.bund.de/BBSR/DE/forschung/programme/zb/Auftragsforschung/3Rahmenbedingungen/2014/investitions-betriebskosten/01-start