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Validierung der überarbeiteten DIN V 18599 (Energetische Bewertung von Gebäuden) Version 2011
Validierung der überarbeiteten DIN V 18599 (Energetische Bewertung von Gebäuden) Version 2011
12.2011
06.2012
abgeschlossen mit Bericht
Schon bisher war bei Berechnungen nach der Energieeinsparverordnung die deutsche Vornorm DIN V 18599 in der Ausgabe 2007 anzuwenden. Diese technische Regel wurde im Dezember 2011 neu herausgegeben. Für die künftige Anwendung in Verbindung mit einer fortgeschriebenen Energieeinsparverordnung war die Neufassung zu validieren. Aufgabe dieses Forschungsvorhabens war es, die Entwurfsfassungen DIN V 18599 Teile 1-10 in redaktioneller und inhaltlicher Hinsicht zu überprüfen, die Ergebnisse auch an die Normungsgremien zurückzuspeisen und dem Verordnungsgeber Empfehlungen für den Umgang mit der neu gefassten Vornorm zu geben.Projektlaufzeit: April 2010 - Februar 2012
Die Energieeinsparverordnung (EnEV) soll in 2012 fortgeschrieben werden - vor allem, um europarechtliche Vorgaben umzusetzen. In diesem Zuge sollen soweit wie möglich und erforderlich auch die Verweisungen der Verordnung auf das technische Regelwerk aktualisiert werden.
In den zuständigen Ausschüssen beim Deutschen Institut für Normung (DIN) wurde in den Jahren 2010 und 2011 an einer Fortschreibung der DIN V 18599 gearbeitet, auf deren Ausgabe "2007-02" die EnEV 2009 bislang als Berechnungsregel für Wohn- und Nichtwohngebäude verweist. Die DIN-Ausschüsse sahen wegen der Weiterentwicklung von allgemeinen Berechnungsansätzen sowohl in der Behandlung der Gebäudehülle und dem Luftwechsel als auch bei Anlagen-Komponenten oder Anlagen-Teilbereichen, aber auch insbesondere wegen der Einführung eines neuen Referenzklimas ein Erfordernis für eine generelle Überarbeitung der DIN V 18599 Teile 1-10. Der Gesamtumfang der Norm hat sich dabei allerdings weiter erhöht.
Der Verordnungsgeber kann nicht ohne ausreichende Prüfung der Auswirkungen auf eine umfassend überarbeitete Normausgabe verweisen, insbesondere solange damit noch keine Praxiserfahrungen vorliegen. Deshalb wurde im Rahmen des vorliegenden Projekts eine redaktionelle und inhaltliche Validierung der neu herausgegebenen Normteile 1 bis 10 (Stand Februar/März 2011) durchgeführt. Die Validierung aller Teile der Norm in radaktioneller Hinsicht bezieht sich auf die Überprüfung von Bezeichnungen, Formelzeichen und Definitionen auf Einheitlichkeit und auf eindeutige Querverweise auf verschiedene Teile der Normenreihe untereinander, aber auch auf Tabellen und Gleichungen. Die inhaltliche Validierung bezieht sich auf die Überprüfung der Berechnungen selbst, sowohl bezüglich der Ansätze und Gleichungen als auch der Ergebnisse.
Auftragnehmer des Forschungsvorhabens war Prof. Dr.-Ing. R. Hirschberg, ö.b.u.v. Sachverständiger für Heizungs-, Sanitär- und Raumlufttechnik, Wiesbaden.
Konzept
Methodik der Untersuchung
Für die inhaltliche Prüfung von Berechnungen werden ein Wohngebäude und ein Nichtwohngebäude beispielhaft verwendet. Beide Gebäude sind als charakteristisch einzustufen.
Redaktionelle Prüfung
Die 10 Teile der Norm sind noch vor Abschluss der Normungsarbeiten auf korrekte Querverweise, einheitliche Bezeichnungsweise, Lösbarkeit von Gleichungen, Angaben der Formelzeichen und Korrektheit der verwendeten Einheiten untersucht worden. Die Ergebnisse der redaktionellen Prüfung (Fehleranalyse) wurden den zuständigen Normungsausschüssen vorgestellt, mit diesen diskutiert und von diesen weitgehend berücksichtigt.
Inhaltliche Prüfung
Die auf Grundlage von Diskussionen in den DIN Ausschüssen sowie eigenen Analysen des BBSR formulierte Aufgabenstellung ordnet den jeweiligen Teilen der DIN V 18599 spezielle Fragestellungen zur Klärung durch den Auftragnehmer zu. Für viele dieser Fragestellungen stellte sich eine inhaltliche Prüfung durch Anwendung einer am Markt verfügbaren Softwarelösung sich als nicht zielführend dar. Daher sind alle Gleichungen, die zu untersuchen waren, in Form von Tabellenkalkulationen umgesetzt und im Gültigkeitsbereich untersucht worden. Diese Vorgehensweise beinhaltete auch die Verknüpfung mehrerer Gleichungen, die erst dann zu interpretierbaren Ergebnissen führten.
Neben der numerischen Prüfung von Gleichungen, die einen physikalischen Sachverhalt beschreiben, wurden auch fachtechnische Überprüfungen vorgenommen. Insoweit sind auch fachtechnisch-inhaltliche Vorschläge den entsprechenden Gremien unterbreitet worden.
Analyse der Auswirkungen
Die nach vorgenannter Methode bestimmten Auswirkungen werden im Abschlussbericht dargestellt und diskutiert. Für Wohngebäude wird auch der Vergleich mit dem Berechnungsverfahren nach DIN V 4108-6 / DIN V 4701-10 herangezogen.
Erarbeitung von Empfehlungen
Nach Abschluss der Diskussionen in den Ausschüssen noch verbliebene Fragen, zu denen der Forschungsnehmer Handlungsbedarf sieht, werden im Abschlussbericht besonders beleuchtet. Der Auftragnehmer analysiert für den Auftraggeber die jeweilige Problemlage und unterbreitet in einigen Fällen Vorschläge, wie damit in der fortgeschriebenen Verordnung umgegangen werden kann.
Ergebnisse
Redaktionelle Prüfungen
Der Endbericht enthält zu den redaktionellen Prüfungen aufgrund der großen Anzahl keine Anmerkungen. Sie wurden vor der abschließenden Überarbeitung der Normblätter dem Auftraggeber als Zwischenergebnis vorgelegt, in die Normungsgremien eingebracht, dort diskutiert und überwiegend berücksichtigt.
Inhaltliche Prüfungen
Die nachfolgend aufgelisteten inhaltlichen Prüfungen sind dagegen im Endbericht aufgeführt und kommentiert. Die Validierungsergebnisse sind hier nur auszugsweise wiedergegeben:
- Primärenergiekennwerte für Strom bei der Bewertung von KWK-Anlagen und Wärmenetzen
- Berechnung der Infiltration bei großen Gebäuden unter Verwendung des Parameters "q50"
Die neu eingeführte Bestimmung der Bemessungswerte für die Infiltration in Gebäuden > 1.500 m³ bildet die realen Verhältnisse besser ab als der seitherige Ansatz. Bewertung der Teilbeheizung
Neben der bereits bestehenden pauschalen Einordnung in Ein- bzw. Mehrfamilienhäuser wird die zusätzlich neu eingeführte Berechnungsmöglichkeit nur als Hinweis verstanden. Die in Teil 10 angegebenen Werte erscheinen ausreichend und dem Anspruch an Genauigkeit und Plausibilität angemessen.
Einfluss des "saisonalen" Luftwechsels
Auf den Gesamtenergiebedarf bezogen ergibt sich eine Reduktion des Heizenergiebedarfs im einstelligen niederen Prozentbereich (ca. 1%). Der Einfluss auf das Wärmequellen/Wärmesenken-Verhältnis ist vernachlässigbar. Der monatliche Heizenergiebedarf wird aufgrund der geringer werdenden Wärmesenken in den Wintermonaten geringer. Der erforderliche Mindestluftwechsel wird nur im Jahresmittel eingehalten.
- Neue Prozesskennwerte für RLT-Anlagen mit adiabater Kühlung
Einbeziehung neuer Klimarandbedingungen bei RLT-Anlagen
Für alle RLT-Anlagenkombinationen sind in der überarbeiteten Norm die Tabellenwerte zur Bestimmung des Nutzenergiebedarfs an den neuen Referenzstandort angepasst. Im Mittel nimmt der Nutzenergiebedarf bei RLT-Anlagen für Heizen um 7,65 % ab, während der Nutzenergiebedarf für Kühlen um im Mittel 16,68% steigt. Für die Dampfbefeuchtung ergibt sich im Mittel eine Reduzierung des Nutzenergiebedarfs um ca. 7,13%.
- Einbeziehung von Leuchten mit LED als Leuchtmittel beim Nutzenergiebedarf der Beleuchtung
Neu gefasste Berechnungen für Solaranlagen und für Wärmepumpen
Bei den Solaranlagen wirken sich verschiedene Änderungen deutlich auf die Berechnungsergebnisse aus. Die Standard-Kollektorflächen sind in der neuen Fassung um 5,5% größer bei gleicher Bezugsfläche. In der seitherigen Fassung war die Ermittlung der Kollektorfläche jedoch auf die Wohnfläche des Gebäudes bezogen. Die Bestimmung des Jahresenergieertrages in DIN 4701-10 ist mit der in DIN V 18599-5 identisch, ebenso wie die Kennwerte der Kollektoren. Damit ergeben sich Unterschiede nur durch die unterschiedlichen Bezugsflächen des Gebäudes.
Beim Verfahren zur Bewertung von motorisch angetriebenen Wärmepumpen sind gegenüber der seitherigen Fassung die Temperaturklassen für Luft-Wasser-Wärmepumpen nach DIN EN 14511 neu eingeteilt (-7 °C, 2 °C und 7 °C). Ein weiterer Unterschied zum seitherigen Verfahren besteht für Luft-Wasser-Wärmepumpen in den Randbedingungen durch den neuen Referenzstandort. Gegenüber dem seitherigen Verfahren führt die Berechnung zu einer Verbesserung der Jahresarbeitszahl um ca. 2,5% bei Standard-COP-Werten für Luftwasser-Wärmepumpen. Gegenüber DIN V 4701-10 ergibt sich eine um 5,6% erhöhte Jahresarbeitszahl mit den dortigen Standard-COP-Werten.- Neue Berechnungsregeln für Standard-Rohrleitungslängen bei Heizungsanlagen
Die neu eingeführten Approximationsgleichungen zur Berechnung der Standard-Rohrlängen liefern nach Auffassung des Auftragnehmers keine Steigerung der Genauigkeit. Bereits die Änderung einer Gebäudegruppenzugehörigkeit führt bei physikalisch gleich ausgeprägtem Rohrnetz zu erheblichen Differenzen der Berechnungsergebnisse. - Neue Festlegungen zur Wärmeübergabe im Raum bei Heizungsanlagen
Die Festlegungen zu den so genannten "Teilnutzungsgraden" zeigen, dass das Berechnungsverfahren an seine Grenzen stößt. Die bekannte Einteilung der P-Regler mit Angabe eines Proportionalbandes entfällt. PI-Regler, wie sie in der Gebäudeautomation Anwendung finden, werden nach Auffassung des Auftragnehmers weiterhin zu schlecht bewertet. Fußbodenheizungen werden bei gleicher Regelausstattung nun schlechter bewertet als freie Heizflächen. - Wohnungslüftungsanlagen
Die Berechnungsverfahren für Wärmepumpen, die Einbeziehung "abgebrochener Kühlung" mit den entsprechenden Deckungsanteilen und die Ermittlung von Standard-Rohrleitungslängen sind ergänzt bzw. überarbeitet und der neue Referenzstandort berücksichtigt worden. - Neue Festlegung für freie Kühlung und geothermisch gestützte Kühlung bei Kälteanlagen
- Benchmark-Verfahren nach Anhang D zur Kaltwasserhydraulik
- Neu gefasste Berechnungen für Solaranlagen und für Wärmepumpen bei Trinkwassererwärmungsanlagen
Die Berechnungsansätze stimmen weitgehend mit denen für Heizungsanlagen überein. - Neue Berechnungsregeln für Standard-Rohrleitungslängen in Trinkwarmwasseranlagen
Die neu eingeführten Approximationsgleichungen zur Berechnung der Standard-Rohrlängen liefern nach Auffassung des Auftragnehmers keine Steigerung der Genauigkeit. Die Einteilung in Ein- und Mehrzonengebäude führt auch hier bei gleichem physikalisch ausgeprägtem Rohrnetz zu erheblichen Differenzen der Berechnungsergebnisse. - Neu formuliertes Berechnungsverfahren für dezentrale KWK-Systeme
Die beiden Verfahren zur energetischen Bewertung sind ineinander überführbar, so dass je nach Anwendungsfall ein Verfahren ausgewählt werden kann. Die Bilanzergebnisse sind zutreffend. Die angegebenen Standardwerte für Mikro-KWK-Anlagen sind plausibel und führen zu sinnvollen Ergebnissen. - Neues Berechnungsverfahren für Ertrag von Photovoltaik-Anlagen (siehe § 5 EnEV)
Das neu eingeführte Berechnungsverfahren für Photovoltaik-Anlagen ist einfach gehalten und bezieht sich auf die solare Bestrahlungsenergie des Referenzstandortes. Mit den Angaben zu den Produkteigenschaften ergeben sich plausible Werte des jährlichen Energieertrags. - Neues Referenzklima
Das neu eingeführte Referenzklima des Standortes Potsdam besitzt insgesamt eine geringere solare Einstrahlung gegenüber dem seitherigen Referenzstandort Würzburg. Die Auswirkungen auf den Nutzenergiebedarf und die solare Einstrahlung auf Kollektoren oder Photovoltaik-Anlagen bewegen sich je nach Orientierung in einer Minderung von ca. 2%. Die mittlere jährliche Außentemperatur liegt bei dem neuen Referenzklima bei 9,5 °C und damit um 0,6 K über dem seitherigen Wert. Hinsichtlich des Nutzenergiebedarfs ergibt sich infolge verringerter Transmission und Lüftung eine Reduktion von ca. 5%. Die durchschnittliche höhere Außenlufttemperatur führt bei der Nutzenergie von RLT-Anlagen zu einem geringeren Heizenergiebedarf. Der neue Referenzstandort besitzt eine höhere durchschnittliche Feuchte als der seitherige Standort, so dass sich im Bereich des Nutzenergiebedarfs von RLT-Anlagen bei der Entfeuchtung höherer Kühlenergiebedarf ergibt. - Neue Festlegungen bezüglich der Randbedingungen bei der Zusammenfassung von Zonen
Vorschläge und Empfehlungen
Für die Einführung der Neufassung der DIN V 18599 als Berechnungsverfahren einer künftigen Energieeinsparverordnung leitet der Auftragnehmer aus seiner Untersuchung folgende Vorschläge und Empfehlungen ab.
- Berechnungsregeln für Standard-Rohrleitungslängen in Heizungs- und Trinkwarmwasseranlagen
Von der Anwendung des Verfahrens in Zusammenhang mit Vorgaben der Verordnung wird abgeraten, nicht zuletzt weil eine einfache Beschreibung der Anforderungen an das Referenzgebäude zur energetischen Bewertung innerhalb der EnEV nicht möglich ist. - Kollektorfläche bei Solaranlagen
Mit Blick auf die Regelungen des Erneuerbare-Energien-Wärmegesetzes und auf die mit DIN V 4701-10 erzielten Berechnungsergebnisse schlägt der Auftragnehmer vor, die Referenzannahmen in der EnEV für Berechnungen mit DIN V 18599 zu überprüfen. - Bewertung der Teilbeheizung bei Wohngebäuden
Der Auftragnehmer schlägt vor, im Interesse der Eindeutigkeit bei öffentlich-rechtlichen Berechnungen die Anwendung der pauschalierten Teilbeheizungsfaktoren (DIN V 18599-10) fest vorzugeben.
Ausblick
Auf der Grundlage der nunmehr festgelegten Berechnungsansätze und Randbedingungen wird für die weitere Zukunft eine generelle Überarbeitung der Normenteile mit einer Neugliederung vorgeschlagen, die das Gesamtwerk nach Auffassung des Auftragnehmers um 60% reduzieren kann.
Veröffentlichungen
Validierung der überarbeiteten DIN V 18599 (Energetische Bewertung von Gebäuden) Version 2011. BMVBS-Online-Publikation 13/2012, Hrsg.: BMVBS, Juni 2012
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Projektbeteiligte |
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Eckdaten | |
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Schlagworte zum Projekt : | EnEV, Energieeinsparverordnung, Validierung, DIN V 18599, Energetische Bewertung |
Projekt auf der Webseite des BBSR : | https://www.bbsr.bund.de/BBSR/DE/forschung/programme/zb/Auftragsforschung/5EnergieKlimaBauen/2012/ValidierungDIN/01_start |