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Verbesserung der Anwendbarkeit der DIN V 18599 für Wohngebäude

Projektbeschreibung

Projektbeteiligte

Eckdaten

Verbesserung der Anwendbarkeit der DIN V 18599 für Wohngebäude


Projektnummer
Projektbeginn
02.2020
Projektende
08.2022
Projektstatus
abgeschlossen ohne Bericht

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Ausgangslage

Zur energetischen Nachweisführung bei Wohngebäuden verweisen die bisherige Energieeinsparverordnung (EnEV 2014) und das aktuelle Gebäudeenergiegesetz (GEG) statisch auf Berechnungsnormen mit einem bestimmten Ausgabedatum. Die Berechnungen für Wohngebäude erfolgen bisher im Regelfall mit DIN V 4701-10:2003-08 in Verbindung mit DIN V 4108-6:2003-06.

Insbesondere bei einem öffentlich-rechtlichen Nachweis ohne Förderhintergrund ist der Anteil der mit DIN V 18599 erstellten Ausweise für Wohngebäude bislang relativ gering. Als Gründe werden Schwierigkeiten beim Verständnis der Norm und bei der auf der Norm basierenden Nachweisführung genannt.

Ziel

Die bisherigen Hemmnisse für die Anwendung der DIN V 18599 können verschiedenen Ursachen zugeordnet werden, wie zum Beispiel der vergleichsweise große Umfang der Norm, mangelnde Erfahrungen oder die Komplexität der gemeinsamen energetischen Gebäudebewertung in den Gewerken Bauphysik, Heizung, RLT und Beleuchtung.

Im Rahmen des Forschungsvorhabens wurden Probleme analysiert und zugehörige Lösungsvorschläge erarbeitet, die im eigentlichen Berechnungsansatz der Norm zu verorten sind, um die Anwendbarkeit der DIN V 18599 für Wohngebäude deutlich zu verbessern.


Auftragnehmer des Forschungsvorhabens war das ITG Institut für Technische Gebäudeausrüstung Dresden in Zusammenarbeit mit dem Ingenieurbüro Prof. Dr. Hauser GmbH.

Konzept

Der Fokus des Forschungsprojektes lag auf Fragestellungen, die zu den Ablauf der energetischen Berechnung vereinfachen und für die zukünftige Wärmeversorgung von Wohngebäuden von großer Bedeutung sind. Dabei wurden folgende Themengebiete betrachtet:

  • die Iteration
  • der Berechnungsalgorithmus für Lüftungswärmeverluste
  • das Bewertungsverfahren für elektrische Wärmepumpen
  • das Verfahren zur Bestimmung des Deckungsanteils bei unterschiedlichen Wärmeerzeugern bei bivalenten und multivalenten Systemen

Ergebnisse

Iteration

Der aktuelle iterative Ansatz zur Ermittlung der nutzbaren Anteile der solaren und inneren Wärmeeinträge eines Wohngebäudes ist physikalisch stabil und führt über einen sehr weiten Bereich des Wärmequellen-/senken-Verhältnisses zu plausiblen Ergebnissen. Nachteilig wirkt sich jedoch aus, dass eine Bewertung auch von Teilkomponenten des Gebäudes bzw. der Gebäudetechnik nur im Gesamtzusammenhang möglich ist. Allgemeine Aussagen zur energetischen Qualität bzw. Vergleichbarkeit sind nicht möglich.

Das Forschungsprojekt hat untersucht, ob auf Iteration verzichtet werden kann. Dabei wurden drei verschiedene Ansätze diskutiert, um den Iterations-Verzicht zu kompensieren. Die grundlegende Idee des formelmäßigen Ansatzes für ungeregelte Wärmeeinträge beruht darauf, die Bestimmung der ungeregelten Wärmeeinträge des Anlagensystems (im Wohnbau zunächst nur Trinkwarmwasser und Heizung) durch eine Schätzfunktion zu ersetzen, um dadurch auf die Iteration verzichten zu können. Der nächste Schritt bei der Entwicklung dieses Ansatzes war, eine Möglichkeit zur Quantifizierung der Parameter der Schätzfunktion abhängig von der Systemkonfiguration zu finden. Die Durchführung von Berechnungen und deren Auswertung hat jedoch gezeigt, dass sich die Optimierungsmethoden nur begrenzt auf die Fülle der unterschiedlichen Systemkonfigurationen anwenden lassen. Es treten Probleme an unterschiedlichen Stellen auf: Beispielsweise können die Fehlerquadrate nur unzureichend minimiert werden und ein Jahresgang, welcher die monatlich unterschiedlichen Phasen der Nutzwärme berücksichtigt, kann nicht abgebildet werden. Die Untersuchung dieses Ansatzes wurde daher im Verlauf der Projektbearbeitung abgebrochen.

Bei dem zweiten untersuchten formelmäßigen Ansatz bei Endenergie wird die Nutzenergie Wärme Qh,b,0 ohne Verrechnung der ungeregelten Wärmeeinträge aus dem Anlagensystem bestimmt. Der Wärmebedarf (Nutzenergie Heizen) wird für die Bestimmung der Wärmeverluste in den Prozessbereichen Heizen und Trinkwassererwärmung verwendet. Gleichzeitig wird ein neuer Berechnungsschritt zwischengeschaltet, in welchem die nicht nutzbaren Wärmeverluste des Heizsystems Q_(h,f,loss) und die nutzbaren Wärmeeinträge des Trinkwarmwassersystems Q_(h,f,gain) bestimmt werden. Für die Übertragbarkeit dieses Ansatzes auf alle Systemkonfigurationen muss - wie für den ersten Ansatz - eine formelmäßige Näherung für die Quantifizierung benötigter Koeffizienten entwickelt werden. Die Quantifizierung der Koeffizienten kann dabei auf analytischem oder empirischem Weg erfolgen.

Als dritter Ansatz wurde die Kompensation über Belastungsgrade mit zwei denkbaren Vorgehensweisen diskutiert. Bei diesem Ansatz war für beide Varianten die Entwicklung einer Schätzfunktion notwendig, welche es erlaubt, die Belastung β0 ohne Kenntnis der Anlagentechnik(-berechnung) zu quantifizieren, das heißt der belastungsabhängigen Anteile der internen Wärmequellen aus dem Heizungssystem. Bei Variante A dieses Kompensationsansatzes ist der Wegfall der Iteration nicht vollständig gegeben, da die Iterationsschleife auf eine zweistufige Berechnung begrenzt wurde.

Berechnungsalgorithmus für Lüftungswärmeverluste

Der in der Norm vorhandene Berechnungsalgorithmus für Lüftungswärmeverluste ist physikalisch exakt, jedoch kompliziert in der programmtechnischen Umsetzung und späteren Anwendung. Zur Vereinfachung der Ermittlung der Lüftungswärmeverluste wurde ein Textentwurf für einen Abschnitt in Teil 2 der DIN V 18599 erarbeitet. Dieser Entwurf beinhaltet die folgenden Vereinfachungen:

  • Getrennte Beschreibung des Berechnungsverfahrens zur Bestimmung des Luftwechsels ohne mechanische Lüftungsanlage und zur Bestimmung des Luftwechsels mit mechanischer Lüftungsanlage;
  • Ermittlung von Gesamt-Anlagenluftwechseln für Wärmequellen und Wärmesenken und daraus folgend von Gesamt-Wärmetransferkoeffizienten für Lüftungswärmequellen und für Lüftungswärmesenken, welche dann für die Ermittlung der Lüftungswärmequellen und -senken verwendet werden;
  • Integration des Abschnitts 5 „Nutzwärmebedarf“ aus DIN V 18599-6, eine Schnittstelle von Teil 2 zu Teil 6 kann somit entfallen;
  • Vereinfachung der Ermittlung der Lüftungswärmeverluste durch redaktionelle Überarbeitung;
  • Verdeutlichung des Berechnungsverfahrens zur Bestimmung des Luftwechsels anhand von Ablaufplänen (Luftwechsel ohne/mit mechanische/mechanischer Lüftungsanlage sowie Teillüftung) und Systembildern (am Beispiel einer Zu-/Abluftanlage).

Bewertungsverfahren für elektrische Wärmepumpen

Im Bemühen um eine exakte Bewertung vieler technischer Details wurde im Zusammenwirken mit den beteiligten Interessenverbänden (BWP, BDH) ein Bewertungsverfahren für elektrische Wärmepumpen in die aktuelle DIN V 18599 implementiert. Dieses stellt die Softwareentwicklung vor große Herausforderungen und erfordert von den Nutzenden die Eingabe vieler kleinteiliger Eingabeparameter, die häufig nur mit großem Aufwand ermittelt werden können oder im Planungsstadium gar nicht verfügbar sind. Zur vereinfachten Anwendbarkeit des Bewertungsverfahrens für elektrische Wärmepumpen wurden Vorschläge für aktuell fehlende Standardwerte, Zuordnungs- und Berechnungsregeln in dem im Teil 5 und 8 der DIN V 18599 beschriebenen Bewertungsverfahren erarbeitet. Dabei wurden folgende Parameter betrachtet:

  • Nennwärmeleistung/Auslegungsleistung
  • Leistungszahlen drehzahlgeregelter Wärmepumpe
  • Temperatur Speicherbeladung
  • Obere Temperaturgrenze (Trinkwarmwasser) für den Betrieb der Wärmepumpe
  • Volumenstrom und darauf basierend Leistung des Primärkreises
  • Volumenstrom und darauf basierend Leistung des Sekundärkreises
  • EVU-Abschaltzeiten

Verfahren zur Bestimmung des Deckungsanteils bei unterschiedlichen Wärmeerzeugern bei bivalenten und multivalenten Systemen

Bivalente Heizungssysteme nutzen sowohl elektrischen Strom als auch gasförmige oder flüssige Energieträger zur Wärmebereitstellung. Sie leisten einen wesentlichen Beitrag zur besseren Ausnutzung der in wesentlichen Teilen volatilen Stromerzeugung aus erneuerbaren Quellen und zum sparsamen Umgang mit fossilen Brennstoffen. Daher spielen bivalente Systeme für die Erreichung der Klimaziele im Gebäudebereich eine wesentliche Rolle. Auch in den zukünftigen Förderprogrammen sowie Austauschverpflichtungen sind sie an zentraler Stelle zu finden.

Die DIN V 18599 enthält bisher nur für spezielle – in der Vergangenheit übliche – Kombinationen Vorgaben, wie bivalente bzw. multivalente Erzeugungsvarianten zu berechnen und im Standardfall zu dimensionieren sind. Dies führt immer wieder zu Nachfragen, zum Teil aber auch zur Realisierung energetisch oder wirtschaftlich ungünstiger Konzepte. Eine geeignete Ergänzung der Norm könnte diese Probleme beseitigen.

Im Projekt wurden daher Berechnungsansätze für marktübliche Hybrid-Kompaktgeräte, Kombinationen aus (ggf. nachträglich installierten) Luft-Wasser-Wärmepumpen mit entweder bereits vorhandenen Kesseln oder neu installierten (Brennwert-)Kesseln und PtH-Nutzung von sonst abgeregeltem erneuerbarem Strom erarbeitet. Dabei wurde basierend auf den Berechnungen für die marktüblichen Hybrid-Kompaktgeräte ein Berechnungsansatz zur Bestimmung des Deckungsanteils der Luft/Wasser-Wärmepumpe an der Erzeugernutzwärmeabgabe primär in Abhängigkeit des Leistungsanteils der Wärmepumpe an der Gebäudeheizlast αhp und des Verhältnisses der Kennwerte für Strom und Gas fStrom/i abgeleitet. Für die Kombination aus Einzelgeräten – eine elektrisch betriebene Luft/Wasser-Wärmepumpe und ein gas- oder ölbetriebener Brennwertkessel – kann der Deckungsanteil der Wärmepumpe abhängig von der eingesetzten Steuereinheit entweder wie für die marktüblichen Hybrid-Kompaktgeräte oder entsprechend dem Berechnungsansatz nach DIN V 18599 Teil 5 und 8 für Wärmepumpen bestimmt werden. Aus technischer Sicht sind beide Fälle möglich. Die Deckungsanteile bzw. die resultierende Wärmeabgabe der Wärmepumpe sind damit von der Regelstrategie abhängig.

Auswirkungen der vorgeschlagenen Vereinfachungen

Abschließend wurde untersucht, wie sich die erarbeiteten Änderungen/Vereinfachungen auf Teil 12 der DIN V 18599 auswirken könnten. Die Vorschläge für den Wegfall der Iteration im Hauptverfahren der DIN V 18599 haben keinen direkten Einfluss auf den Teil 12 der DIN V 18599. Je nachdem, welcher der vorgestellten Ansätze für das Hauptverfahren weiterverfolgt wird, ist jedoch zu prüfen, ob gegebenenfalls das Tabellenverfahren angepasst werden sollte.

Der erarbeitete Berechnungsalgorithmus für Lüftungswärmeverluste hat nur sehr geringe Auswirkungen auf den Teil 12 der DIN V 18599. Ein Grund hierfür ist, dass der neue Berechnungsalgorithmus im Wesentlichen durch eine Umstrukturierung und Zusammenfassung bereits vorhandener Gleichungen resultiert. Außerdem wird in Teil 12 der DIN V 18599 bereits der Ansatz zur Bestimmung eines Gesamt-Luftwechsels verfolgt.

Die vorgeschlagene Vereinfachung der Anwendbarkeit des Bewertungsverfahrens für elektrische Wärmepumpen für aktuell fehlende Standardwerte, Zuordnungs- und Berechnungsregeln im Teil 5 und 8 der DIN V 18599 sollte sich, wenn überhaupt, nur wenig auf den Teil 12 der DIN V 18599 auswirken. Hinsichtlich der Bestimmung der Nennleistung der Wärmepumpe weicht der aktuelle Vorschlag vom im Tabellenverfahren angesetzten Standardwert für die Nennleistung geringfügig ab. Bei einer Übernahme des Vorschlages bezüglich der Anpassungen im Bewertungsverfahren für elektrische Wärmepumpen sollte der im Teil 12 umgesetzte Algorithmus im Detail geprüft werden.

Der entwickelte Berechnungsalgorithmus zur Bestimmung des Deckungsanteils der Wärmepumpe beim Einsatz eines Hybrid-Kompaktgerätes bzw. einer Kombination aus Einzelgeräten – eine elektrisch betriebene Luft/Wasser-Wärmepumpe und ein gas- oder ölbetriebener Brennwertkessel – sowie der Berechnungsansatz für eine Kombination mit Power-to-Heat-Lösungen haben keinen direkten Einfluss auf den aktuellen Teil 12 der DIN V 18599. Perspektivisch ist jedoch zu überprüfen, ob die betrachteten Anlagenkombinationen in geeigneter Form in das Tabellenverfahren aufgenommen werden können.

Projektbeteiligte
Eckdaten
Schlagworte zum Projekt : DIN V 18599:2011-12, Energetische Berechnung von Wohngebäuden, Gebäudeenergiegesetz, Energetische Nachweisführung für Wohngebäude
Projekt auf der Webseite des BBSR : https://www.bbsr.bund.de/BBSR/DE/forschung/programme/zb/Auftragsforschung/5EnergieKlimaBauen/2020/anwendbarkeit-DIN-V-18599/01-start