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Standards im Wohnungsbau als Kostenfaktor

Projektbeschreibung

Projektbeteiligte

Eckdaten

Standards im Wohnungsbau als Kostenfaktor


Projektnummer
Projektbeginn
10.2021
Projektende
01.2024
Projektstatus
abgeschlossen ohne Bericht

Vor dem Hintergrund gestiegener Mietpreise, insbesondere in prosperierenden Großstädten und Universitätsstädten und deren Umland, gewinnt die Schaffung von bezahlbarem Wohnraum zunehmend an gesellschaftlicher und politischer Relevanz. Neben der Wohnungsnachfrage wird das Mietpreisniveau unter anderem durch die Baukosten bestimmt. Diese hängen unter anderem von den Anforderungen der Mieterinnen und Mieter an die Wohnungs- und Gebäudeausstattung und der Veränderung von Wohnbedürfnissen ab.Im Rahmen des Forschungsvorhabens sollen die Bedürfnisse und Anforderungen von Mieterhaushalten an den Mietwohnraum und konkrete und realistische Zahlungsbereitschaften für bestimmte Ausstattungsqualitäten ermittelt werden. Welche Rolle spielen einzelne Ausstattungsmerkmale der Mietwohnung bei der Wohnungswahl? In welchem Zusammenhang steht dies mit den Zahlungsbereitschaften und -möglichkeiten der Mieterhaushalte?

Ausgangslage

Die hohe Nachfrage nach Wohnraum hat im vergangenen Jahrzehnt insbesondere in den wirtschaftlich prosperierenden Großstädten und Universitätsstädten sowie ihrem Umland zu einem deutlichen Anstieg der Angebotsmieten geführt. Auch wenn sich die Mietpreisanstiege seit 2019 insgesamt abgeschwächt haben, befinden sich die Angebotsmieten weiterhin auf einem sehr hohen Niveau.

Vor dem Hintergrund gestiegener Wohnkosten haben Bund, Länder und Kommunen anlässlich des Wohngipfels am 21.09.2018 im Bundeskanzleramt eine gemeinsame Wohnraumoffensive für die Schaffung von mehr bezahlbarem Wohnraum vereinbart, die unter anderem Maßnahmen im Bereich der Baukosten umfassen. Die Baukosten hängen neben anderen Faktoren auch von den Anforderungen der Wohnungsnachfragenden an die Ausstattung und den Zustand von Wohnungen und Wohngebäuden ab. Zwischen Qualitäts- und Ausstattungsstandards, der Höhe der Baukosten und der Höhe der Wohnkosten bestehen demnach enge Zusammenhänge.

Befragungen von Mieterinnen und Mietern verdeutlichen, dass in den letzten Jahren nicht nur der Wohnflächenverbrauch zugenommen hat, sondern auch die Wünsche und Anforderungen an bestimmte Ausstattungsmerkale und Qualitäten, wie beispielsweise ein hoher energetischer Standard oder eine moderne und gleichzeitig schwellenarme Ausstattung, zunehmen. Hierfür besteht jedoch relativ häufig nur eine moderate Zahlungsbereitschaft. Viele Haushalte sind angesichts hoher Wohnkostenbelastung oftmals nicht in der Lage, für ein „Nice-to-have“ mehr zu zahlen. Dies gilt insbesondere für die stark angespannten Wohnungsmärkte, in welchen Mieter ihre Ansprüche und Bedürfnisse bei der Wohnungssuche oftmals zurückstellen, um überhaupt eine Wohnung zu bekommen. Es zeigt sich allerdings auch, dass unterschiedliche (Ziel-)Gruppen jeweils unterschiedliche Präferenzen haben. Je nach Lebensphase, Haushaltstyp, Einkommen aber auch Lebensstil bzw. Milieuzugehörigkeit unterscheiden sich Ausstattungsanforderungen und Zahlungsbereitschaften und -möglichkeiten sehr deutlich.

Ziel

Basierend auf einer bundesweiten Repräsentativbefragung von Mieterhaushalten wurde eine valide Datenbasis zu Bedürfnissen und Anforderungen an Wohnungs-, Gebäudeausstattung bzw. Wohnungs- und Gebäudezustand und zu Zahlungsbereitschaften für bestimmte Ausstattungsqualitäten geschaffen. Zudem wurde die Bedeutung einzelner Ausstattungsmerkmale als Entscheidungskriterium bei der Wohnungswahl und der Einfluss der Ausstattungsanforderungen auf die Zahlungsbereitschaft der Mieterhaushalte eruiert.

Auftragnehmer des Forschungsprojektes war die InWIS Forschung & Beratung GmbH (Bochum) in Kooperation mit albusarchitecture (Leverkusen).

Konzept

Das Projekt liefert Antworten auf die folgenden Fragen:

  • Welche Bedürfnisse und Ansprüche an die Ausstattung und den Zustand von Mietwohnungen besitzen die Nachfragenden (z. B. Größe der Wohnfläche, Anzahl Zimmer, Anzahl Bäder, Balkon/Terrasse, Fenster/Helligkeit, Außenlärm/Raumakustik, Raumhöhe, Barrierefreiheit/Aufzug, gesunde/natürliche Materialien etc.)?
  • Welche Bedeutung haben die einzelnen Ausstattungsmerkmale und der Zustand einer Wohnung? Welche Merkmale und welcher Zustand sind „Must-haves“, welche „Nice-to-haves“? Welche Ausstattungsmerkmale und welcher Zustand sind ausschlaggebend für die Auswahl der Mietwohnungen? Wie unterscheiden sich Wohnanforderungen je nach Nutzergruppen?
  • Was sind Mindestkriterien für eine akzeptable Ausstattung einer Mietwohnung? Wie verändert sich diese Mindest-Akzeptanz in Abhängigkeit der Mietkosten? Welche Nutzergruppen akzeptieren Mietwohnungen mit einer Mindestausstattung?
  • Wie ist die Zahlungsbereitschaft für die über den individuellen Mindeststandard hinausgehende Ausstattung? Welche Ausstattung ist den Mieterinnen und Mietern wie viel Mehrmiete wert? 
  • Wie bewerten Mieterinnen und Mieter die energetische Ausstattung (TGA und/oder bauliche Ausstattungsmerkmale wie Dämmung, 3-Scheiben-Verglasung etc.) ihrer Wohnung? Welche Bedeutung hat der Bezug von Strom und Wärme aus erneuerbaren Energien, die Ausstattung mit Ladestationen für die Elektromobilität oder die Verfügbarkeit von Smart Home Elementen? Wie wirken sich der energetische Ausstattungsstand und die Ausstattungswünsche auf die Zahlungsbereitschaft der Mieterinnen und Mieter aus?
  • Führen die Erfahrungen mit der COVID-19-Pandemie zu veränderten Bedürfnissen und Ansprüchen an Mietwohnungen? Wenn ja, welche? Welche Ausstattung mit schnellem Internet und separatem Arbeitszimmer liegt vor bzw. ist gewünscht? Ist gewünscht, dass eine flexible Raumnutzung möglich ist (z. B. Zuschaltbarkeit durch Trennelemente)?

Forschungskonzeption, -ansatz und -methodik

Kernelement des Forschungsvorhabens war eine bundesweite Befragung von Mieterhaushalten. Die Haushalte konnten neben der Beantwortung eines Papierfragebogens auch online an der Befragung teilnehmen. Insgesamt belief sich der Rücklauf an gültigen Fragebögen auf 2.408 Mieterhaushalte. Die Stichprobe wurde so konzeptioniert, dass repräsentative Ergebnisse eruiert werden konnten.  

Projektablauf/-phasen

Das Forschungsvorhaben folgte einem mehrstufigen Bearbeitungskonzept:

In einem ersten Arbeitsschritt wurde die Befragung auf der Grundlage einer systematischen Recherche zum Themenbereich Bedürfnisse und Ansprüche der Nachfragenden an Mietwohnraum vorbereitet. Aufgrund von Meta-Analysen aus verschiedenen Studien und vorhandenen Datenquellen wurde ein Vorschlag für Befragungsinhalte erarbeitet und zudem das Stichprobendesign entwickelt.

Arbeitsschritt zwei umfasste die Operationalisierung der Befragungsinhalte. Hierauf aufbauend wurde ein Fragebogen entwickelt, welcher nach Pretests in seiner finalen Version eingesetzt wurde. Nach Durchführung der Erhebung erfolgte die Auswertung und Analyse der Befragung nach forschungsrelevanten Kriterien (Altersgruppen, Einkommen, Haushaltstypen, Milieuzugehörigkeit aber auch räumliche Kriterien wie Wohnungsmarktlage und Region). Neben uni- und bivariaten Auswertungsmethoden wurden auch multivariate und weiterführende explorative Analysemethoden angewandt.

Im letzten Arbeitsschritt wurden auf der Grundlage der Ergebnisse Schlussfolgerungen zur Beantwortung der oben aufgeführten Forschungsfragen abgeleitet.

Ergebnisse

Die Studie liefert einen Überblick über Wohnvorlieben, -anforderungen und Zahlungsbereitschaften von Mieterinnen und Mietern in Deutschland. Die Befragung beinhaltete einen ausführlichen Fragenkomplex zur derzeitigen Wohnsituation. Abgefragt wurden dabei unter anderem Merkmale der aktuell bewohnten Mietwohnung wie Wohnfläche, Raumanzahl und Baujahr des Gebäudes. Diese wurden den Wohnwünschen gegenübergestellt. Dabei zeigte sich, dass die aktuellen Wohnungen der Befragten tendenziell kleiner sind als ihre Wunschwohnungen. Dies deutet auf einen anhaltenden Trend zum erhöhten Platzbedarf hin, insbesondere aufgrund des „Mobilen Arbeitens“ während und nach der Corona-Pandemie. Nachgefragte Wohnungszuschnitte und Grundrisse variieren dabei zwischen den unterschiedlichen Haushaltskonstellationen.

Neben den „Hard Facts“ der Wohnsituation wurde auch die subjektive Zufriedenheit der Mieterinnen und Mieter mit der aktuellen Wohnsituation erfragt. Die Grundausstattung der Wohnung wurde dabei besser bewertet als die Qualität des Wohngebäudes und die „Behaglichkeit“. Kritikpunkte waren hierbei unter anderem der energetische Standard der Gebäude, die Barrierefreiheit, die technische/elektronische Ausstattung und die Trittschalldämmung. Wie die Analyse der sogenannten Bindungstreiber zeigte, erweisen sich sowohl die Energieeffizienz als auch die Barrierefreiheit als ausschlaggebend für die Verbundenheit und den Willen zu einem längerfristigen Verbleib von Mieterinnen und Mietern in der aktuellen Wohnung. Daneben sind auch die Verfügbarkeit von Abstellmöglichkeiten für Fahrräder, Rollatoren und Kinderwagen sowie die technische/elektronische Ausstattung von Relevanz.

Die Gegenüberstellung von Entscheidungsgründen für die aktuelle Wohnung und der Relevanz von Auszugsgründen aus dieser zeigte zusammenfassend, dass Mieterinnen und Mieter vor allem in die aktuelle Wohnung gezogen sind, weil diese ausreichend groß, passend geschnitten und leistbar war. Wenn ein Umzug geplant ist, verlassen sie die Wohnungen vor allem aus Kostengründen oder weil sie sich hinsichtlich der Ausstattung qualitativ verbessern wollen, insbesondere im Hinblick auf den energetischen Standard und den Zustand/die Ausstattung von Bad/WC.

Mit Blick auf Wohnungsausstattungen zeigte die Studie einige Ausstattungsmerkmale, die Mieterinnen und Mieter als Standard voraussetzen. Hierzu zählen etwa schnelles Internet, gut verteilte Steckdosen, Keller, isolierte Fenster und eine Gegensprechanlage. Diese konnten im Rahmen der Studie als „Must-Have“-Merkmale charakterisiert werden. Ein hohes Absatzpotenzial bergen die sogenannten Potenzialmerkmale, da diese ein breites Spektrum an Zielgruppen ansprechen. Hierzu zählen zum Beispiel eine schöne Aussicht, ein Balkon, einbruchhemmende Türen, ein Abstellraum in der Wohnung, ein hoher energetischer Standard, der Glasfaseranschluss sowie Pkw-Stellplätze. „Good-to-have“-Merkmale sprechen nicht die breite Masse an, führen jedoch vergleichsweise häufig zu zusätzlicher Zahlungsbereitschaft. Dies ist vor allem bei verschiedenen energetischen Merkmalen (zum Beispiel Mieterstrom, Beheizung mit erneuerbaren Energien), aber auch bei diversen Komfort- und Wohnwertmerkmalen der Fall (elektrische Rollläden, Fußbodenheizung, zusätzliche Heizanlage für feste Brennstoffe, Garagenstellplatz, (Dach-) Terrasse, höherwertige Böden, Klimaanlage und Lüftungssysteme).

Die Studie identifizierte auf dieser Basis acht verschiedene Ausstattungstypen, die von Mieterinnen und Mietern bevorzugt werden. Diese liefern Erkenntnisse insbesondere bei der Frage, welche Merkmalskombinationen bei der Gestaltung von Wohnungsangeboten auf ein gesteigertes Interesse stoßen. Der größte Anteil der Befragten gehört dem Typ des Konventionell-komfortablen Wohnens an. Demnach wünscht ein entscheidender Anteil eine Wohnung, deren Ausstattung in moderatem Maße höherwertig ist, wobei energetische Komponenten, Wohnklima und Wärmeregulierung und die gut ausgestattete Wohnanlage wichtig sind. Daneben sind Barrierearmes Wohnen und Bescheidenes Wohnen ebenfalls häufig nachgefragte Ausstattungstypen. Die Zusammenhangsanalyse zwischen Umzugsplänen und gewünschten Ausstattungstypen ergibt, dass Mieterinnen mit einer hohen Umzugswahrscheinlichkeit häufig Wohnungen mit einem höheren Standard nachfragen. Neben dem Konventionell-komfortablen Wohnen betrifft dies v. a. das Technikorientiert-komfortable Wohnen, bei welchem zusätzlich die technische Gebäudeausstattung von hoher Relevanz ist.

Die Zahlungsbereitschaft für die Miete variiert je nach der Anforderung an die Wohnung. So liegt die Zahlungsbereitschaft bei Mindestanforderungen mit 7,50 Euro pro Nettokaltmiete niedriger als bei der Frage nach der Zahlungsbereitschaft für eine Miete, die für eine Wunschwohnung mit Wunschausstattung als angemessen angesehen werden würde (7,92 Euro pro Nettokaltmiete). Die Zahlungsbereitschaften erhöhen sich nochmals, wenn es um die maximale Nettokaltmiete geht. Maximal würden die Befragten durchschnittlich 8,55 Euro pro an Nettokaltmiete bezahlen. Die Zahlungsbereitschaft variiert stark zwischen verschiedenen Mietergruppen und Gebieten, ist also abhängig von Haushaltstypen, Wohnkonzepten und Wohnungsmarktlagen. Im Kontext der Studie wurde auch analysiert, wie einzelne Merkmale die Zahlungsbereitschaft beeinflussen. Einen starken Einfluss haben unter anderem die Wohnlage, die Neuwertigkeit einer Wohnung, eine Beheizung mit erneuerbaren Energien und Merkmale im Bereich Komfort wie beispielsweise ein Arbeitszimmer, viele/gut verteilte Steckdosen, eine (Dach-)Terrasse oder ein zweites WC.

Ein weiterer Schwerpunkt war die Untersuchung der Bedeutung von Klimaschutz- und Nachhaltigkeitsaspekten auf dem Wohnungsmarkt. Im Ergebnis ist die Zufriedenheit mit dem energetischen Standard der Wohnungen vergleichsweise niedrig, ebenso die Zufriedenheit mit den Heizkosten. Die Bedeutung des energetischen Standards zeigt sich außerdem in den Berechnungen von bindungsfördernden Merkmalen, der sogenannten Bindungstreiber, bei welchen der Aspekt der Energieeffizienz an erster Stelle steht. Die Gegenüberstellung von aktueller Wohnsituation und Wohnanforderungen offenbart darüber hinaus eine starke Diskrepanz zwischen den vorhandenen Ausstattungsmerkmalen, die Klimaschutz- und Nachhaltigkeitsaspekte betreffen, und dem Interesse an diesen Standards. Viele Mieterinnen und Mieter wünschen sich diese Merkmale, aber nur wenige verfügen bereits darüber. Dies betrifft beispielsweise erneuerbare Energien, Mieterstrom, Ladestationen für Elektroautos oder intelligente Steuerungssysteme für den Energieverbrauch.

Projektbeteiligte
Eckdaten
Schlagworte zum Projekt : Standards, Wohnungsbau, Kostenfaktor, Ausstattungsmerkmale, Zahlungsbereitschaft, Wohnungswahl, Qualitätsstandards, Ausstattungsstandards, Baukosten, Mieten, Wohnkosten,
Projekt auf der Webseite des BBSR : https://www.bbsr.bund.de/BBSR/DE/forschung/programme/zb/Auftragsforschung/4Herausforderungen/2021/standards-wohnungsbau/01_start