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Systematisierung der anwendungsorientierten Interoperabilitätstests beim Aufbau von BACnet-basierten Multi-Vendor-Systemen in der Gebäudeautomation

Projektbeschreibung

Projektbeteiligte

Eckdaten

Systematisierung der anwendungsorientierten Interoperabilitätstests beim Aufbau von BACnet-basierten Multi-Vendor-Systemen in der Gebäudeautomation


Projektnummer
Projektbeginn
08.2009
Projektende
04.2012
Projektstatus
abgeschlossen mit Bericht

In diesem Forschungsvorhaben wurden die Rahmenbedingungen und technologischen Möglichkeiten für effizientere Nachweise der anwendungsorientierten Interoperabilität von BACnet-Produkten untersucht, um im Bereich der Gebäudeautomation den möglichst störungsfreien Aufbau von Multi-Vendor-Systemen mit BACnet-Komponenten zu gewährleisten.Projektlaufzeit: August 2009 - April 2014

Ausgangslage

Untersuchungen zeigen, dass die Interoperabilität zwischen BACnet-basierten (BACnet - Building Automation and Control Networks) Geräten und Systemen unterschiedlicher Hersteller auch durch die BACnet-Zertifizierung nicht hinreichend gesichert werden kann. Um die gravierenden Auswirkungen eventueller Interoperabilitätsprobleme bereits im Vorfeld zu erkennen, wird gemäß AMEV--Arbeitskreis Maschinen- und Elektrotechnik staatlicher und kommunaler Verwaltungen-Empfehlung "BACnet 2007" bei vielen BACnet-Projekten vor Auftragserteilung ein Funktionstest vorgesehen.

Ziel

Zielsetzung des Forschungsprojektes war die Entwicklung, Erprobung und Verifikation einer Systematik, mit der die anwendungsbezogene Interoperabilität verschiedener BACnet Komponenten festgestellt, überprüft und dokumentiert werden kann.

Die Prüfung selbst sollte als Modulsystem standardisiert und theoretisch erarbeitet werden. Von praktischem Nutzen sollten die Ergebnisse für Planer sein, die mit öffentlichen Projekten beauftragt sind und als unabhängige, kompetente Fachkräfte für Gebäudeautomatisierung agieren. Dazu sollten Prüflasthefte und Anleitungen im Rahmen der Grundlagenarbeit entwickelt und vermittelt werden.

Die Forschungsergebnisse sollten mögliche Störquellen in Multi-Vendor-Systemen identifizieren, zu deren Beseitigung beitragen und die Sicherheit bei der Planung und Ausführung von BACnet-Systemen erhöhen.

Auftragnehmer war die Fraport AG, Frankfurt am Main, in Zusammenarbeit mit der GA-Ingenieurgesellschaft mbH, Salzkotten und der MBS GmbH, Krefeld.

Konzept

Die Festlegung von BACnet-Eigenschaften in den BACnet-Objekten wurde mit Hilfe der BACnet-Dienste in einem Eignungstest in Automationsstationen und der Management-Bedienebenen abgeprüft. Maßgeschneidert auf die Anforderung der Liegenschaft wurden den Testgeräten immer gleiche Aufgabenstellungen abverlangt und deren Reaktionen und Aufgabenlösungen mit Hilfe elektronischer Prüfwerkzeuge getestet und dokumentiert.

Zunächst wurden die derzeit verfügbaren Grundlagen gesichtet und die Interoperabilität in BACnet-Systemen anwendungsorientiert beschrieben. Darauf aufbauend wurde ein standardisiertes Verfahren für die Durchführung von anwendungsorientierten Interoperabilitätstests entwickelt. Zur Qualitätssicherung wurde das Testverfahren praktisch erprobt. Es wurden Testate entwickelt, die Art und Umfang der Interoperabilitätstests eindeutig dokumentieren.

Die praktische Durchführung der theoretisch entwickelten Prüfung wurde in einer Testumgebung umgesetzt und auf die Handhabbarkeit hin geprüft. Dabei sollte das Labor ein repräsentatives Abbild einer Multi-Vendor-Anlage mit national typischen BACnet-Geräten darstellen. Das Testverfahren wurde in Form von Software und Hardware in Form der Produktwerkzeuge implementiert und dokumentiert. Es sollte modular, erweiterbar und produktunabhängig sein. Erweiterbar, weil der BACnet-Standard ständig weiterentwickelt wird und neue Anwendungsgebiete wie Alarm- und Brandmeldetechnik hinzukommen.

Für die Konformitätsprüfung und weitere Prüfungen hat der Auftragnehmer mit verschiedenen Herstellern eine Kooperationsvereinbarung getroffen. Somit lagen Entwicklungsinformationen über die einzelnen Geräte vor. Hersteller, die die hauseigene Prüfung des Auftragnehmers nicht bestanden, wurden auch nicht für die Interoperabilitätsprüfungen eingesetzt. Die Konformitätsprüfung erfolgte für die vom Auftragnehmer definierten Anforderungen. Im Testlabor wurde dazu die reale IT-Umgebung abgebildet.

Methodik und Arbeitsschritte:

  • Entwickeln von Verfahren zur Durchführung anwendungsorientierter Interoperabilitätsprüfungen

  • Klären von Verfahren zur Erfüllung der Reproduzierbarkeit und Transparenz

  • Sicherstellen der Erweiterbarkeit des Verfahrens im Hinblick auf künftige Praxisprobleme und mögliche Ergänzungen von Testmodulen

  • Untersuchung der Möglichkeiten zur automatisierten Analyse vorhandener Lastsituationen (Performancetests)

  • Erarbeiten definierter Testszenarien auf Basis üblicher Gebäudeautomatisierungsfunktionen

  • Erarbeiten und Austesten von Methoden zur Lastsimulation

  • Erstellen einer Checkliste für anwendungsorientierte Interoperabilitätsprüfungen

  • Beschreiben des Verfahrens der Interoperabilitätsprüfungen

Ergebnisse

BACnet spezifiziert als Datenprotokoll für die Gebäudeautomation zwar sehr umfassend die "Sprache" und somit Inhalt und Bedeutung der Daten, jedoch nicht die eigentliche Gebäudeautomationsanwendung. Vergleicht man BACnet mit den Lernzielen, die einem in der Schule vermittelt werden, so legt BACnet die Vokabeln und die Grammatik fest, prüft aber nicht, ob mit diesen Grundlagen ein Aufsatz geschrieben oder eine Interpretation formuliert werden kann.

Auf die Gebäudeautomation bezogen, werden über BACnet zwar die Daten, nicht jedoch die Art und Weise der Steuerungs- und Regelungsprozesse zur Verfügung gestellt. Weiterhin lässt der BACnet-Standard bewusst sehr hohe Freiheitsgrade in den Anforderungen, welche Funktionen in ein Gerät implementiert werden und welche nicht. Auch die für diesen Zweck eingeführten Device-Profile bilden nur einen Teil der Funktionalität ab, wirkliche Applikationsbeschreibungen und Funktionsprofile existieren zurzeit noch nicht.

In Gebäudeautomationsprojekten kommt es daher aufgrund unterschiedlicher Ausprägung der Geräte zwar relativ selten zu generellen Schwierigkeiten in der Kommunikation. Aufgrund unterschiedlicher Funktionsimplementierungen und verschiedenen Ausprägungen ist eine Interoperabilität alleine aufgrund des gemeinsamen Einsatzes des BACnet-Protokolls nicht erreichbar. Die in den PICS (Protocol Implementation Conformance Statement) beschriebenen Funktionalitäten reichen für eine Bewertung der Interoperabilität ebenfalls nicht aus.

Zum Einstieg wird empfohlen, mit der Prozessübersicht zu beginnen und sich mit dem Ablauf und den Rollen in den einzelnen Phasen zu beschäftigen. Wie bereits erwähnt, stellen diese Abläufe, Prozesse, Verfahren sowie die beteiligten Parteien ein exemplarisches Muster dar, welches sich auf viele Gebäudeautomationsprojekte anwenden lässt.

Eingangsvoraussetzung

Damit die erforschte Systematik ausgeführt werden kann, bedarf es einiger Eingangsvoraussetzungen. Diese Eingangsvoraussetzungen sind im nachfolgenden Schaubild dargestellt. So werden auf der einen Seite gültige Normen, Standards und Richtlinien zugrunde gelegt.

BILD

Die wichtigste Grundlage zur Feststellung der Interoperabilität verschiedener Geräte zueinander ist eine erfolgreiche Konformitätsprüfung jedes einzelnen Gerätes zur Norm. Diese wird durch das erteilte Zertifikat sowie durch den ausführlichen Testbericht eines akkreditierten BACnet-Testlabors dokumentiert. Demgegenüber stehen auf der anderen Seite die liegenschaftsspezifischen GA-Planungen und -Anforderungen. Da diese Anforderungen an das Beobachten, Bedienen und Betreiben von Gebäudeautomation in einer Liegenschaft geknüpft sind, sind diese individuell und nur in geringem Maße allgemeingültig.

Das Forschungsprojekt hat vorausgesetzt, dass der Liegenschaftsbetreiber diese Anforderungen klar definiert hat, z.B. in Form eines Lastenheftes Gebäudeautomation. Beispiele für diese Vorgaben sind anhand der Anforderungen eines Großflughafens (Flughafen Frankfurt/Main) in den Anlagen zu diesem Forschungsprojekt zu finden. Die Systematik wurde in einem praktischen Prüfaufbau, in dem alle zur Prüfung vorgesehenen Geräte (IUT) eingebunden sind, durchgeführt.

Projektphasen

Der anwendungsorientierte Interoperabilitätstest wurde in unterschiedliche Projektphasen untergliedert.

Initiierung
In der Initiierungsphase werden vom Auftraggeber eines Interoperabilitätstest erste Definitionen für liegenschaftsspezifische Anforderungen vorgenommen. Es findet eine grobe Marktsichtung der vorhandenen, zertifizierten Produkte, BACnet-Profile und GA-Hersteller statt. Gegebenenfalls bedient sich der Betreiber/Bauherr der Liegenschaft der Zuarbeit eines GA-Fachplaners. Es wird empfohlen, bereits in dieser frühen Phase Geheimhaltungsvereinbarungen und Kooperationsvereinbarungen zu schließen, wenn der Interoperabilitätstest die Grundlage für eine längerfristige, nachhaltige Zusammenarbeit mit den am Test beteiligten Dienstleistungs-partnern und GA-Herstellern bilden soll. Unabhängig davon erwirbt der GA-Hersteller für seine BACnet-Produkte ein Zertifikat. Er erhält bei erfolgreicher Prüfung einen ausführlichen Prüfbericht seiner Testeinheit. Der GA-Hersteller erstellt ein Datenblatt mit den wichtigsten Attributen seines BACnet-Produktes (PICS--Protocol Implementation Conformance Statement). In einer Selbstauskunft gibt er detailliert Informationen zum Umsetzungsgrad seiner BACnet-Kommunikationsfähigkeit bekannt und benennt, die in seinem GA-Produkt realisierten BACnet-Dienste (BIBBs), BACnet-Objekte mit deren Eigenschaften (Properties). Die Prüfinstitution plant den Aufbau einer geeigneten Testumgebung und beschreibt diese aus Sicht der einzubringenden Testeinheit (IUT) und der erforderlichen modularen Testschritte.

Vorbereitung
Der GA-Fachplaner erstellt GA-Funktionslisten, Ablaufdiagramme und Funktionsbeschreibungen einer realen GA-Testaufgabe gleichsinnig für alle zu erwartenden Testeinheiten. Die Prüfinstitution erstellt ein Testlastenheft und übergibt es an die Testteilnehmer. Aus der liegenschaftsspezifischen BACnet-Anforderung und den eingereichten Selbstauskünften wird die Differenzmenge ermittelt. Der Erfüllungsgrad der Liegenschaft spezifischen BACnet-Anforderung kann ein Parameter für die Auswahl der GA-Hersteller sein. Nach Erhalt der Kooperationsvereinbarungen und, Auswertung der Selbstauskünfte erfolgt die Entscheidung zur Auswahl der GA-Produkte bzw. der GA-Hersteller und deren Einladung. Nach der Einladung erfolgt die Vorbereitung der Testeinheiten mit den vom GA-Planer erstellten Testvorgaben und dem vom Prüfinstitut erarbeiteten Testlastenheft.

Einbringung
In dieser Phase wird die vorbereitete Testeinheit in das Testlabor eingebracht. Der Zustand der Testeinheit und der übergebenen Software wird in einer Übergabecheckliste von der Prüfinstitution dokumentiert. Es erfolgt eine Übergabeprüfung.

Test
Der Test unterteilt sich in einen BACnet-kommunikativen Teil mit neun Testbereichen und einen GA-spezifischen Teil mit einem komplexen Testbereich

Testergebnisse und deren Bewertung

Auswertung
Für jeden Test in den einzelnen Testbereichen wird ein Ergebnis-Bericht erzeugt und damit die Interoperabilität dokumentiert. Bei Problemen der Umsetzung oder fehlerhaften Testergebnissen wird ein Problembericht erzeugt und dieser Fehler im Bugtrackingsystem zur Fehlerverfolgung eingetragen. Prüfprotokolle und Protokollmitschnitte können diesen Bericht ergänzen.

Nachbesserung
Der GA-Hersteller bessert in dieser iterativen Phase nach Auswertung des Problemberichtes und der mitgelieferten Dokumente und Dateien die Software der IUT nach, danach stellt er die Testeinheit oder eine neue Betriebssoftware für eine Nachprüfung bereit. Abschließend wird eine Zusammenfassung des Interoperabilitätstest von der Prüfinstitution erstellt.

Bewertung
Der GA-Planer ermittelt aus der Zusammenfassung des Interoperabilitätstest den Erfüllungsgrad der liegenschaftsspezifischen BACnet-Anforderung und gibt eine Empfehlung welche GA-Produkte interoperabel in dem gesuchten Multi-Vendor-Verbund wirken.

Entscheidung
In dieser abschließenden Phase wählen der GA-Betreiber bzw. Bauherr aus der Empfehlung des GA-Planers die geeigneten GA-Produkte bzw. GA-Hersteller aus und kann somit eine Freigabe oder Vergabeentscheidung zum Einsatz interoperabler Software erteilen.

Empfehlung der Anwendbarkeit der Systematik

Abschließend wurde festgestellt, dass sich die erarbeitete Systematik auf verschiedene Geräte von unterschiedlichen Herstellern anwenden lässt. Im Rahmen eines konkreten Großprojektes am Flughafen Frankfurt/Main konnte die Praxistauglichkeit nachgewiesen werden. Somit ist das entwickelte Verfahren in der Praxis sehr gut auf andere Projekte übertragbar.

Die Anwendung in anderen GA-Projekten wird mit ggf. reduziertem oder auch erhöhtem Umfang für andere Liegenschaftsbetreiber empfohlen. Durch die modulare Struktur des Verfahrens lassen sich Anpassungen an andere Projekte leicht umsetzen.

Veröffentlichungen

Systematisierung der anwendungsorientierten Interoperabilitätstests beim Aufbau von BACnet-basierten Multi-Vendor-Systemen in der Gebäudeautomation
Endbericht Download auf https://www.bbsr.bund.de/

Anlagen zum Endbericht Download auf https://www.bbsr.bund.de/

Projektbeteiligte
Eckdaten
Schlagworte zum Projekt : BACnet, Multi-Vendor-Systeme, Gebäudeautomation
Projekt auf der Webseite des BBSR : https://www.bbsr.bund.de/BBSR/DE/forschung/programme/zb/Auftragsforschung/3Rahmenbedingungen/2014/BACnet/01_start