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Symposium zur EU-Bauproduktenverordnung

Projektbeschreibung

Projektbeteiligte

Eckdaten

Symposium zur EU-Bauproduktenverordnung


Projektnummer
Projektbeginn
07.2013
Projektende
03.2018
Projektstatus
abgeschlossen ohne Bericht

Am 1. Juli 2013 ist die neue EU-Bauproduktenverordnung vollumfänglich in Kraft getreten. Zu ihrer Durchführung wurde eine Anpassung des Bauproduktengesetzes und weiterer bundesrechtlicher Vorschriften notwendig. Zur Information der Fachöffentlichkeit über zukünftige Aussichten und die Möglichkeit einer Revision der EU-Bauproduktenverordnung sowie zum Erfahrungs- und Meinungsaustausch lud das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit (BMUB) am 30. November 2017 in das Besucherzentrum des Presse- und Informationsamts der Bundesregierung ein.Projektlaufzeit: Juli 2017 - Dezember 2017

Ausgangslage

Mit dem Inkrafttreten der EU-Bauproduktenverordnung am 1. Juli 2013 wurden die Regelungen für die Vermarktung von Bauprodukten in Europa neu festgelegt. Dadurch sollte der Binnenmarkt gestärkt und sich die Ziele einfacher, transparenter, effizienter und kostengünstiger erreichen lassen. Neben der Anpassung des Bauproduktengesetz (BauPG) und weiterer bundesrechtlicher Vorschriften steht bei der Durchführung der Verordnung derzeit nach wie vor der Wandel im Normenwesen auf nationaler, europäischer und internationaler Ebene im Vordergrund. Das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit (BMUB) lud Akteure aus dem Bereich Herstellung und Verwendung von Bauprodukten, Verbände der Bauwirtschaft sowie Planer und Entscheider aus Behörden am 30. November 2017 zur Diskussion über Fragen, Herausforderungen und Lösungsvorschläge.

Ziel

Der Fokus der Veranstaltung lag auf Herausforderungen bei der Anwendung der Bauproduktenverordnung in der nationalen Praxis. Zu nennen sind dazu an dieser Stelle vor allem Aspekte in den Bereichen Brandschutz, Gesundheit und Umwelt. Vor diesem Hintergrund wurden konkrete Anforderungen aus bautechnischer Sicht erörtert sowie denkbare Lösungsvorschläge aus rechtlicher Sicht beleuchtet. Als relevanter Akteur ließ sich das Deutsche Institut für Bautechnik identifizieren, dem bei der Prüfung und Zulassung zusätzlicher Anforderungen nach aktuellem Stand eine besondere Rolle zukommen könnte. Diese birgt ein Spannungsfeld zwischen der Beschaffenheit als unabhängige Instanz und dem Angebot privatwirtschaftlich auslegbarer Leistungen. Als weiterer kritischer Faktor wurde die erwartete Menge an zu bearbeitenden Produkteigenschaften gewertet. Im Raum stand zudem die Diskussion über die Zukunft der Bauproduktenverordnung und die Frage nach einer möglichen Revision derselben. Von Bedeutung waren hier die unterschiedlichen Perspektiven und Bedürfnisse, die es dabei zu berücksichtigen gilt.

Auftragnehmer des Forschungsprojekts war die Valentum Kommunikation GmbH, Regensburg.

Konzept

Der Begrüßung und Einführung durch den Gastgeber in Person von Dietmar Menzer (BMUB) folgte ein Vortrag durch Dr. Gerhard Scheuermann vom Umweltministerium in Baden-Württemberg, der als Mitglied des Fachkreises Bautechnik in der Bauministerkonferenz den aktuellen Stand zur Regulierung von Bauprodukten in Deutschland erläuterte. Im Anschluss stellte Dr. Lars Meyer vom Deutschen Beton­ und Bautechnik-Verein e.V. Vorschläge zur praxisgerechten Formulierung von bautechnischen Bestimmungen vor. Dirk Brandenburger (Deutsches Institut für Bautechnik) ging im Folgenden auf das Thema Innenraumluft ein. Die Vormittagsrunde wurde durch Rüdiger Marquardt (DIN) geschlossen, der sich mit der Normungsroadmap Bauen und Gebäude auseinandersetzte.

Am Nachmittag richtete Monika Thomas, Abteilungsleiterin für Bauwesen, Bauwirtschaft und Bundesbauten im BMUB, mit einer Bilanz und einem Ausblick das Wort an die Gäste. Als Vertreter der Europäischen Kommission beschäftigte sich Gwenole Cozigue mit der Frage "Bauproduktenverordnung - quo vadis?" Weiter ging es mit aktuellen Rechtsfragen zur Bauproduktenverordnung, zu denen Dr. Christian Wagner (Kapellmann Rechtsanwälte) einen Überblick lieferte. Den Abschluss der Vortragsrunde machte Michael Halstenberg, Ministerialdirektor a.D. und aktuell Jurist bei HFK Rechtsanwälte LLP, mit einem Referat zu freiwilligen Herstellererklärungen vor dem Hintergrund der MW-TB.

Eine Podiumsdiskussion, moderiert von Lothar Fehn-Krestas (BMUB), beleuchtete abschließend die Frage nach einer Revision der Bauproduktenverordnung und damit verbundenen Zukunftsaussichten. Andreas Plietz (MHKBG NRW), Barbara Schlesinger (BAK), Klaus Pöllath (HDB), Gerhard Breitschaft (DIBt) sowie Dr. Berthold Schäfer (BBS) rundeten mit ihren Statements dazu die Veranstaltung ab.

Ergebnisse

Die Fachöffentlichkeit brachte dem Symposium zur EU-Bauproduktenverordnung wie schon in den Vorjahren großes Interesse entgegen. Annähernd 200 Personen informierten sich im Rahmen der Veranstaltung aus Expertensicht zu neuen und aktuellen Erkenntnissen, Einschätzungen sowie Bewertungen und nutzten die Gelegenheit zum intensiven Meinungsaustausch über notwendigen Handlungsbedarf und mögliche Lösungsansätze. Darüber hinaus verfolgten noch einmal knapp 400 Interessierte die Tagung via Livestream im Internet.

Insgesamt wurde deutlich, dass über vier Jahre nach vollumfänglichem Inkrafttreten der EU­ Bauproduktenverordnung nach wie vor vielfältige Fragen offen sind und an verschiedenen Stellen Defizite und Handlungsbedarf zu identifizieren sind. So war 2017 aus Bundessicht geprägt von den intensiven Verhandlungen mit der EU-Kommission in Brüssel, den Beratungen mit den Verbänden der Hersteller und Bauwirtschaft, der Frage nach einem Lückenschluss auf Seiten der Normung, namentlich bei CEN und CENELEC sowie den Lösungsvorschlägen für freiwillige ergänzende Herstellererklärungen. Dies spiegelte sich auch in der Gestaltung der Tagesordnung für das Symposium wider.

Als wichtige Meilensteine für die Umsetzung der EU-Bauproduktenverordnung in Deutschland sind die Einstellung des Vertragsverletzungsverfahrens der Kommission und deren Akzeptanz einer Zwischenlösung für Glimmverhalten zu werten. Die anderen beiden durch das EuGH-Urteil vom 16. Oktober 2014 betroffenen Normen wurden bereits zuvor entschärft. Ferner brachte ein Gespräch auf politischer Ebene zwischen Staatssekretär Adler und General Direktorin Evans einen Kompromiss hinsichtlich Musterbauordnung und Verwaltungsvorschrift Technische Baubestimmungen (W TB) Abschnitt D 3, die sich u.a. mit dem Thema freiwillige Herstellererklärungen beschäftigen. In Zusammenhang mit der Zurückweisung von Artikel 18-Verfahren zu formalen Einwänden wird die Lösung in rechtlicher Form vor dem Europäischen Gerichtshof gesucht, diesmal mit Deutschland als Kläger gegen die Europäische Kommission. Ein sich über mehrere Jahre erstreckender Prozess ist zu erwarten.

Als grundlegend erweisen sich die Fragen nach den Rahmenbedingungen für sicheres Bauen in Deutschland sowie nach dem Spagat zwischen der Einhaltung binnenmarktrechtlicher Regelungen und der Gewährleistung von Anforderungen des Bauordnungsrechts an sichere Bauwerke. Dabei haben verschiedene Faktoren einen entscheidenden Einfluss auf die aktuelle Ausgangslage.

In politischer Hinsicht zeigt der Status quo einen pragmatischen Kompromiss: So verzichtet die Kommission einstweilen (und ohne Änderung des juristischen Standpunkts) auf ein Einschreiten gegen nationale Zusatzanforderungen, die als „Handelshemmnisse" angesehen werden. Es gilt die Einschränkung, dass die Europäische Kommission Beschwerden gegen deutsche Regelungen aber durchaus nachgeht. Des Weiteren zeigt die Europäische Kommission Initiative für eine Revision der Bauproduktenverordnung mit dem Ziel, die Rechtslage an die Realität anzupassen. Schließlich sind die harmonisierten Europäischen Normen faktisch nicht abschließend vollständig, wie sich in den Symposien der vergangenen Jahre bis heute regelmäßig gezeigt hat. Erste Vorschläge sind demnach für Frühjahr 2018 angekündigt, ein offizieller Kommissions-Vorschlag für Ende nächsten Jahres.

In rechtlicher Hinsicht gesteht die Europäische Kommission inzwischen Schutzlücken in Normen und daraus folgende Gefahren für Bauwerkssicherheit, Umwelt- und Gesundheitsschutz ein. Gleichzeitig bleibt sie aber dabei, dass das EuGH-Urteil von 2014 das Einschreiten der Mitgliedstaaten verbietet. Deutschland klagt daher auf Eintragung eines Vorbehalts bei harmonisierten Europäischen Normen im EU-Amtsblatt und hält die Berücksichtigung freiwilliger ergänzender Herstellerangaben für möglich.

Im Großen und Ganzen zeigt sich aus Planer-, Hersteller- und Bauaufsichtssicht, dass Interesse an der Erhaltung der EU-Bauproduktenverordnung in gegebener Form besteht. Lösungsweg ist es nicht, bei Schwierigkeit alles von Grund auf neu zu machen, sondern an den notwendigen Punkten anzusetzen. Denn ein ständig wechselnder und unsicherer rechtlicher Rahmen erschwert es den Baupraktikern ungemein. Gleichzeitig wird Korrekturbedarf an vereinzelten Stellen eingeräumt. Auch die Europäische Kommission lässt eine Kooperationsbereitschaft hinsichtlich einer gemeinsamen Auslegung anklingen. Es liegt in der Verantwortung der Nationalstaaten, den Übergang dazu machbar zu gestalten. Kontinuierliche Kommunikation und Aufklärungsarbeit stellt dabei das A und O dar.

Ebenfalls einig ist man sich über die Beschaffenheit von Normung als dynamischer Prozess. Daraus ergibt sich allerdings ein Spannungsfeld zur Planungssicherheit. Anforderungsdokumente und Zulassungen werden aktuell lediglich herstellerbezogen diskutiert, bedürfen aber einer Ergänzung für die vorgeschaltete Planungsebene als Übersetzungshilfe, um Unsicherheit an dieser Stelle zu reduzieren. Eine privatwirtschaftliche Bearbeitung von Anforderungsdokumenten und Zulassungen ist denkbar. Der organisatorische Aufwand, die notwendige Kompetenz und der Bedarf an Leistungsfähigkeit darf jedoch keinesfalls unterschätzt werden.

Ein weiterer wichtiger Aspekt ist die Trennschärfe zwischen Bauwerk und Bauprodukt, wofür die Musterbauordnung versucht, einen Lösungsansatz zu bieten. Für die Bauaufsicht bleiben unabhängig davon die Bauwerksicherheit und die damit einhergehenden Grundanforderungen im Fokus des Interesses. Diese müssen mit den Leistungserklärungen in Einklang stehen.

Projektbeteiligte
Eckdaten
Schlagworte zum Projekt : Bauproduktenverordnung, EU
Projekt auf der Webseite des BBSR : https://www.bbsr.bund.de/BBSR/DE/forschung/programme/zb/Auftragsforschung/3Rahmenbedingungen/2017/symposium-bpvo2017/01_start