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Ökobilanzierung und BIM im Nachhaltigen Bauen

Projektbeschreibung

Projektbeteiligte

Eckdaten

Ökobilanzierung und BIM im Nachhaltigen Bauen


Projektnummer
Projektbeginn
02.2019
Projektende
04.2020
Projektstatus
abgeschlossen mit Bericht

Im Koalitionsvertrag der Bundesregierung ist im Hinblick auf die Digitalisierung auch der verstärkte Einsatz von BIM im Bundeshochbau vorgesehen. Die Nachhaltigkeit und die damit verbundene ökologische Bewertung von Gebäuden hat für die Bundesregierung ebenfalls eine hohe Priorität. Hierbei spielen Zertifizierungssysteme wie das Bewertungssystem Nachhaltiges Bauen (BNB) eine Rolle. Unter Berücksichtigung der Etablierung und Erprobung der Nachhaltigkeitszertifizierung nach BNB und der ohnehin verpflichtenden Anwendung ist deshalb eine Umsetzung unter Berücksichtigung der BIM-Methode die logische Konsequenz.

Ausgangslage

BIM ist eine ganzheitliche und kooperative Arbeitsmethode, welche die Digitalisierung des gesamten Bauwerks "von der Wiege bis zur Bahre" ermöglicht und die den unterschiedlichsten Akteuren Perspektiven zur Planung, Analyse, Bau, Betrieb und Optimierung dient. Die Informationstiefe der digitalen Bauwerke wächst durch die Integration der projektspezifischen Daten. Viele Softwarehersteller haben proprietäre BIM-Systeme auf den Markt gebracht, die jedoch aufgrund mangelnder Interoperabilität nicht die universale Lösung für alle Anwendergruppen darstellen.

Seit 1995 entwickelt die Organisation buildingSMART das herstellerunabhängige Open Source-Datenformat Industry Foundation Classes (IFC), welches das Potenzial hat, sich gegenüber den vielen Einzellösungen als Standard durchzusetzen. Durch dieses interoperable Datenformat werden über Softwaregrenzen hinaus Schnittstellen geboten die den Austausch unterschiedlicher Fachdisziplinen auf Basis eines digitalen BIM-Modells erlauben. Das IFC-Datenformat ist flexibel aufgebaut, so dass die Datensätze strukturiert erweitert werden können. Auf Basis dieser IFC-Erweiterungsschemata kann das Datenmodell, bzw. den Objekten oder Eigenschaften Informationsquellen zugewiesen werden und untereinander verknüpft werden. Bislang adressieren die Erweiterungen Materialdaten (z.B. Wärmeleitfähigkeit) und betriebswirtschaftliche Aspekte (Zeit- und Kostenplanungen). Sie eignen sich auch für die Abbildung komplexerer Zusammenhänge (z.B. Ökologie).

Für die ökologische Bewertung von Gebäuden spielen heute vor allen Dingen Zertifizierungssysteme eine Rolle, z.B. das Bewertungssystem Nachhaltiges Bauen (BNB). Als grundlegende Berechnungsmethode für die ökologische Analyse dient hier die Ökobilanzierung (engl. Life Cycle Assessment). Die Umweltwirkungen von Gebäuden sind auf Basis von verifizierten Daten, die das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat (BMI) kostenlos und qualitätsgeprüft über die ÖKOBAUDAT zur Verfügung stellt, zu ermitteln. Eine Ökobilanz durchzuführen, ist aktuell recht komplex und zeitaufwendig. Energie- und Stoffströme müssen händisch aus 2D-Zeichnungen und Baubeschreibungen entnommen werden. Insbesondere die Technische Gebäudeausrüstung (TGA) wird im Rahmen von Ökobilanzen aufgrund des hohen Aufwands einer detaillierten Betrachtung meist nur vereinfacht und pauschal abgebildet. Das Optimierungspotenzial einer Gebäudeökobilanz als frühzeitiges und iteratives Planungsinstrument kann aktuell so noch nicht vollständig ausgeschöpft werden.

Die ganzheitliche und kooperative Arbeitsmethodik BIM bietet ein hohes Potenzial, die Erstellung von Gebäudeökobilanzen deutlich effizienter zu gestalten. Indem die für die Berechnung notwendigen Informationen früher, strukturierter und einfacher zugänglich sind, wäre eine nahezu voll automatisierte Gebäudeökobilanz zum Beispiel gemäß der Bewertungssystematik des Bewertungssystems Nachhaltiges Bauen (BNB) möglich. Ein ganz essentieller Bestandteil bilden dazu die Ökobilanzdaten, die innerhalb der digitalen Gebäudemodelle abrufbar sein müssten.

Ziel

Im Rahmen dieses Forschungsvorhabens wurden basierend auf dem Open BIM Standard des IFC-Datenmodells notwendige technische, organisatorische und vertragliche Voraussetzungen und Grundlagen für die Umsetzung der Gebäudeökobilanzierung auf Basis von ÖKOBAUDAT als BIM-Anwendungsfall für zukünftige BIM-Pilotvorhaben des Bundes geschaffen.

Die Untersuchungen orientierten sich stark an dem Ist-Zustand bei der Erstellung einer Gebäudeökobilanz im Rahmen des BNB-Zertifikats. Das bedeutet, es wurde die Gebäudeökobilanz in späten Projektphasen als Grundlage betrachtet, bei der alle notwendigen Informationen auf Materialebene vorhanden sind, um spezifische Datensätze der ÖKOBAUDAT verknüpfen zu können.

Ziel war es, unter den gegebenen technischen Voraussetzungen eine geeignete Anbindungsoption zu definieren, die einen Transfer von ökologischen Informationen aus der ÖKOBAUDAT in das IFC-Datenmodell ermöglicht. Innerhalb der organisatorischen Voraussetzungen, bei denen es galt, die Prozesse mit allen Informationsaustausch-Anforderungen zu definieren, wurden ebenfalls die Abläufe in späten Projektphasen betrachtet. Im Rahmen der vertraglichen Voraussetzungen wurden die Arbeitsergebnisse so aufbereitet, dass sie als Textbausteine in Vertragsgrundlagen integrierbar sind.


Auftragnehmer des Forschungsprojekts war die Technische Hochschule Köln in Zusammenarbeit mit der TMM GROUP GESAMTPLANUNGS GMBH und der Bergischen Universität Wuppertal.

Konzept

Die zu bearbeiteten Themen gliederten sich in drei Arbeitspakete:

Das erste Arbeitspaket (AP I.a) beinhaltete zunächst eine eingehende Analyse der benötigten Informationen für eine BNB-konforme Ökobilanz und der Analyse des IST-Zustands der ÖKOBAUDAT. Auf die Analyse der ÖKOBAUDAT folgte in AP I.b die Untersuchung von möglichen Anbindungsoptionen im IFC Datenformat. Hierzu sollte zunächst untersucht werden, inwieweit sich ÖKOBAUDAT-Daten im aktuellen IFC-Datenmodell einbetten lassen. Etwaige nicht darstellbare Inhalte wurden dokumentiert. Im Falle der nicht vollständigen Abbildbarkeit von ÖKOBAUDAT-Datensätzen im IFC-Format sollten Anbindungsoptionen aufgezeigt und bewertet werden. Nachfolgende Optionen waren Bestandteil der Untersuchung:

a) Vorhandene IfcPropertySets/ Status Quo
b) Erweiterung IFC-Datenmodell/ Neues ÖKOBAUDAT IfcPropertySets
c) Referenzieren mit bestehenden Datenformaten aus ÖKOBAUDAT/eLCA bspw. über MMC-Methode
d) Direktes Referenzieren zur ÖKOBAUDAT/ API Schnittstelle
e) Integration von Ökobilanzdaten in BIM-Objekte

Im Arbeitspaket I.c wurde aufbauend auf den zuvor genannten Schritten der Anpassungsbedarf der ÖKOBAUDAT analysiert und spezifiziert. Für die untersuchten Anbindungsoptionen wurden in einer tabellarischen Übersicht Pro- und Contra-Argumente gegenübergestellt und bewertet. Durch diesen Vergleich wurde die Kombination der Anbindungsoption c) und d) als empfehlenswert herauskristallisiert. Abschließend wurde die Umsetzung dieser Option innerhalb AP I.d untersucht.

Im Rahmen des zweiten Arbeitspakets wurden alle notwendigen Anforderungen und Randbedingungen erarbeitet und aufgezeigt, um eine fehlerfreie Informationsübergabe eines Ökobilanzprozesses zwischen den verschiedenen Akteuren im BIM-Anwendungsfall "Gebäudeökobilanz in späten Projektphasen" zu ermöglichen. Hierzu wurde der Ökobilanzierungsprozess mit allen Informationslieferungs- bzw. -übergabezeitpunkten zwischen den Prozessbeteiligten mit Definition der jeweils notwendigen Datenmengen und -detaillierungsgrade beschrieben. Zusammenfassend wurde die standardisierte Methode des (DIN EN ISO 29481-1) Information Delivery Manual (IDM) angewandt die den Datenaustausch auf IFC-Basis für die verschiedenen Übergabepunkte festlegt. Die technische Überprüfbarkeit der Mindestdatenmengen und -detaillierungsgrade für den jeweiligen Übergabepunkt wurden mit Hilfe der Model View Definition (MVD) umgesetzt. Abschließend waren in diesem Arbeitspaket die vertraglichen Anforderungen an die Planer und Ausführenden für die Umsetzung der BIM-basierten Ökobilanzierung von Bundesbaumaßnahmen zu beschreiben. Dazu wurden für die Auftraggeber-Informationsanforderungen (AIA) und BIM-Abwicklungspläne (BAP) Textbausteine, die diesen Anforderungen in Bezug auf die Ziele des Auftraggebers definieren, als Mustertextblock erstellt und um Modellierungshinweise bzw. -empfehlungen ergänzt.

Im dritten Arbeitspaket wurden die gewonnenen Arbeitsergebnisse der Arbeitspakete an einem BIM-Referenzprojekt des Bundes getestet und kritisch reflektiert, bevor das Projekt mit der Kommunikation und Präsentation der final abgestimmten Ergebnisse abgeschlossen wurde.

Ergebnisse

Im Rahmen der technischen Voraussetzungen wurden aus fünf untersuchten Anbindungsoptionen die Kombination der Multimodell Container Methode (Linkmodell) und die API-Schnittstelle der ÖKOBAUDAT vorgeschlagen, um für späte Projektphasen die Gebäudeökobilanz als Zertifizierungsnachweis für das BNB-System umzusetzen. Die Untersuchung der drei ausgeschlossenen Anbindungsoptionen hat gezeigt, dass das IFC 4 Datenmodell (Addendum 2) sich mit seiner bisherigen Struktur primär eignet, um verschiedene Ökobilanz-Umweltindikatoren und deren Einheiten abzudecken. Eine Konformität zur DIN EN 15804 ist dabei nicht gegeben. Insgesamt können zwar ökologische Informationen integriert werden, jedoch werden damit nicht die Anforderungen im Sinne einer Gebäudeökobilanz erfüllt. Die verbleibenden anderen zwei ausgeschlossenen Optionen sind zwar technisch umsetzbar, jedoch nicht praktikabel oder kurzfristig realisierbar.

Die Verwendung eines Linkmodells, beschrieben durch die Verknüpfung der Fachmodelle aus Architektur, Technischer Gebäudeausrüstung, Tragwerk etc., wurde demzufolge als zielführend befunden, da dieses Vorgehen alle projektspezifischen Informationen der BNB-Gebäudeökobilanz im BIM-Modell zur Verfügung stellt. Die darauf basierende Verknüpfung per UUID der ÖKOBAUDAT Datensätze kann so umgesetzt werden, wenn genügend Informationen über die Auswahl der Materialien vorliegen, was in der Regel erst in einer späten Projektphase der Fall ist.

Bei der Kombination dieser beiden Varianten ist eine Erweiterung oder Anpassung der ÖKOBAUDAT und des IFC 4 Datenformats sinnvoll, z.B. seitens ÖKOBAUDAT die Integration der BNB-Nutzungsdauern. Auf Seiten des IFC-Datenmodells wären zwei zusätzliche Properties notwendig, um die empfohlene Anbindungsoption zu vereinfachen. Das Erste müsste die Integration der UUID eines ÖKOBAUDAT Datensatz gewährleisten und ein weiteres, müsste die Version der ÖKOBAUDAT Datenbank beschreiben. Darüber hinaus ist jedoch zu beachten, dass weitere Anpassungen, z.B. im Rahmen der Integration von LCA-Benchmarks in frühen Projektphasen oder für eine Archivierung der Datenmodelle, sinnvoll sein könnten.

Damit eine Gebäudeökobilanz im BIM-Prozess früher, einfacher und planungsbegleitend angewandt werden kann, muss geklärt bzw. standardisiert sein, wer wann welche Informationen von wem, in welchem Datenformat wofür integrieren und übergeben muss. In diesem Projekt wurde speziell der Ablaufprozess der BNB-Gebäudeökobilanzierung in späten Projektphasen unter Anwendung der Leitfragen "Wer welche Informationen wann wofür in welchem Datenformat" und des Konzepts IDM definiert. Bei Erarbeitung dieser organisatorischen Vorrausetzungen wurde eine standardbasierte Beschreibung der Prozesse als Prozess Map (PM) auf Basis von BPMN 2.0 erfasst. Dabei wurden Exchange Requirements (ER) zur Umsetzung einer BNB-Gebäudeökobilanz festgelegt und exportiert. Darauf aufbauend wurden die ER innerhalb der Struktur des IFC Datenmodells abgebildet. Dies diente wiederum als Grundlage für die Erstellung einer Model View Definition (MVD). Da diese mit dem ifcDoc Tool erstellt wurde, wurde eine Konformität zu den buildingSMART Standards gewährleistet und kann gleichzeitig für Softwarehersteller von BIM-Modellierungsprogrammen als Grundlage genutzt werden.

Für eine Integration und eine zukünftig praktische Umsetzung der Gebäudeökobilanz in Bundesbaumaßnahmen mit BIM wurden zur Verankerung in Verträgen mit Planern und Ausführenden Textbausteine erstellt, die Anforderungen und Ziele für die BNB-Gebäudeökobilanz auf Basis von digitalen Gebäudemodellen formulieren. Hierfür sind die identifizierten Anforderungen allgemein formuliert wurden, um diese innerhalb von Auftraggeber-Informationsanforderungen (AIA), z.B. als Modellierungsempfehlungen einfließen zu lassen.

Die Thematik Ökobilanzierung und BIM bietet in sehr vielen Bereichen einen weiteren Forschungsbedarf. Da dieses Projekt und der darin definierte Leistungsrahmen sich an den Anwendungsfall Gebäudeökobilanz in späten Projektphasen gerichtet hat, konnten Anforderungen in "frühen Projektphasen" oder an die "Archivierung" nur am Rande betrachtet werden.

Veröffentlichungen

Endbericht

Download auf https://www.bbsr.bund.de/

Anhänge

Projektbeteiligte
Eckdaten
Schlagworte zum Projekt : Nachhaltiges Bauen, BIM, Ökobilanzierung, Bundeshochbau, Digitalisierung
Projekt auf der Webseite des BBSR : https://www.bbsr.bund.de/BBSR/DE/forschung/programme/zb/Auftragsforschung/2NachhaltigesBauenBauqualitaet/2019/oekobilanz-bim/01-start