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Krisenfestigkeit des Bausektors: Erste Erkenntnisse zu den Auswirkungen der COVID-19-Pandemie auf die Bauwirtschaft

Projektbeschreibung

Projektbeteiligte

Eckdaten

Krisenfestigkeit des Bausektors: Erste Erkenntnisse zu den Auswirkungen der COVID-19-Pandemie auf die Bauwirtschaft


Projektnummer
Projektbeginn
10.2021
Projektende
12.2022
Projektstatus
abgeschlossen ohne Bericht

Trotz der Corona-Pandemie entwickelte sich das Baugewerbe positiv und konnte die Gesamtwirtschaft stützen. Die Studie untersuchte das Ausmaß und die Determinanten der Krisenresilienz des Baugewerbes in verschiedenen Krisen und im europäischen Vergleich.

Ausgangslage

Das deutsche Baugewerbe kam vergleichsweise gut durch die Corona-Krise: So stieg die Bruttowertschöpfung des deutschen Baugewerbes trotz Pandemie stetig an. 2020 generierte die Branche 184 Mrd. Euro und damit über 6 % der deutschen Bruttowertschöpfung (vgl. Statistisches Bundesamt 2021). Auch waren die mittelständischen Bauunternehmen im Vergleich zu anderen Wirtschaftszweigen am seltensten von Umsatzeinbußen betroffen. Insgesamt stützte die Branche als Schlüsselindustrie der deutschen Volkswirtschaft dadurch die gesamtwirtschaftliche Entwicklung.

Die Pandemie und die im Nachgang auftretenden Lieferengpässe warfen dennoch die Frage nach der generellen Krisenfestigkeit der Branche auf. Welche Schlussfolgerungen konnten in Bezug auf die Krisenresilienz und Flexibilität des Sektors abgeleitet werden? Welche Faktoren hatten eine positive oder eine negative Wirkung auf die Krisenbewältigung des Sektors? Welche Maßnahmen sind generell für die Krisenbewältigung förderlich?

Ziel

Ziel des Forschungsvorhabens „Krisenfestigkeit des Bausektors: Erste Erkenntnisse zu den Auswirkungen der COVID-19-Pandemie auf die Bauwirtschaft“ war es, die Krisenresilienz der Branche in verschiedenen Krisen und im internationalen Vergleich näher zu untersuchen. Die COVID-19-Pandemie war dabei Anlass, aber nicht alleiniger Untersuchungsgegenstand des Forschungsvorhabens. Zudem wurden Handlungsempfehlungen abgeleitet, die die Resilienz der Baubranche erhöhen und damit den Umgang mit zukünftigen Krisen verbessern können.

Auftragnehmer des Forschungsprojektes war Oxford Economics (Frankfurt/Berlin) in Kooperation mit dem Institut für Mittelstandsforschung Bonn.

Konzept

Forschungsleitfragen

Folgende Kernfragen zur Krisenresilienz der deutschen Baubranche wurden untersucht:

  • Wie kam die Baubranche durch vergangene Krisen und insbesondere die Corona-Krise?
  • Welche Stärken und Schwächen zeichneten deutsche Bauunternehmen bei der Krisenbewältigung aus?
  • Welche Instrumente bieten sich an, um die Krisenfestigkeit der Bauunternehmen generell zu verbessern?

Ansatz und Methodik

Für die Untersuchung wurde eine Kombination von einer fallstudienbasierten betriebswirtschaftlichen Analyse sowie einer quantitativen volkswirtschaftlichen Untersuchung angewandt.

Die betriebswirtschaftliche Untersuchung beruhte auf 15 Fallstudien von deutschen Bauunternehmerinnen und Bauunternehmern. Der Fokus der Analyse lag auf der unternehmerischen Resilienz sowie auf konkreten Anpassungsprozessen, die sich im Zuge der Krisenbewältigung für einzelne Betriebe als erfolgreich herausgestellt hatten. Neben dem Umgang mit der Corona-Pandemie im Besonderen wurden auch andere krisenähnliche Ereignisse bzw. Herausforderungen beleuchtet, mit denen sich die Unternehmen im Baugewerbe in jüngster Vergangenheit auseinandersetzen mussten.

In der volkswirtschaftlichen Untersuchung wurden mittels einer empirischen Untersuchung die Faktoren ermittelt, die die Resilienz der Bauwirtschaft erklären können. Die Datenanalyse basierte dabei auf dem Vergleich europäischer Bauwirtschaften und bezog sich auf die Jahre zwischen 2005 und 2020. Länder- und krisenspezifische Effekte wurden in der Regressionsanalyse “herausgerechnet”, sodass verallgemeinerbare Aussagen zu resilienzerhöhenden Faktoren – unabhängig von der Art der Krisen – getroffen werden konnten. Des Weiteren wurde deskriptiv analysiert, wie gut die deutsche Bauwirtschaft durch die Finanz- und Wirtschaftskrise von 2008/09 sowie die Corona-Pandemie gekommen war.

Ergebnisse

Auf betrieblicher Ebene zeigte sich, dass die Corona-Pandemie für die meisten Bauunternehmerinnen und Bauunternehmer keine klassische Krise war, da diese für die Unternehmen des Baugewerbes letztlich nicht existenzbedrohend wirkte – unter anderem weil Baustellen geöffnet blieben. Zuträglich war in der Corona-Pandemie auch der hohe Auftragsbestand der meisten Bauunternehmen aufgrund der seit gut 15 Jahren anhaltend guten baukonjunkturellen Lage. Insgesamt wurde deutlich, dass weder die Corona-Pandemie noch andere (globale) Krisen der letzten Jahre den deutschen Bausektor hart getroffen haben. Die letzte schwere Branchenkrise war das Ende des Baubooms Mitte der 1990er-Jahre. Gleichwohl machten die Unternehmerinnen und Unternehmer auch in Zeiten ohne größere Krisen Erfahrungen mit krisenartigen Ereignissen oder unternehmerischen Herausforderungen. Diese Erfahrungen trugen dazu bei, ihre Krisenfestigkeit zu erhöhen.

Die Frage, wie die Krisenfestigkeit des Baugewerbes gestärkt werden kann, konnte nicht zweifelsfrei beantwortet werden. Denn letztlich ist es schwierig, vorherzusagen, von welcher Art die nächste Krise sein wird. Trotz der Erkenntnis, dass jede Krise einzigartig ist und unterschiedlicher Reaktionen bedarf, gibt es durchaus „allgemeingültige“ Faktoren, mit denen die Resilienz von Unternehmen verbessert werden kann. Jedoch zeigte sich in der Analyse, dass dieselbe Maßnahme in Krisen- und Nicht-Krisenzeiten unterschiedlich wirken kann. Entsprechend schlägt die Studie keinen differenzierten Maßnahmenkatalog vor, sondern verweist auf Maßnahmen, die generell zur Resilienz der Bauunternehmen beitragen können. Hierzu zählten insbesondere die strategische Liquiditätssicherung, die Steuerung und Kontrolle zentraler Betriebskennzahlen, die Reduzierung von strukturellen Abhängigkeiten durch Diversifikation – unter anderem von Kundensegmenten, Absatzmärkten, Finanziers und Zulieferern –, das strategische Beziehungs- und Reputationsmanagement und der Zugang zu externer Beratung. Zudem empfiehlt die Studie den Bauunternehmen, sich Trends, die Krisenpotenzial bergen, frühzeitig anzupassen. Gerade mit Blick auf das Risikopotenzial von Klimawandel und Digitalisierung zeigten die Fallstudien den Nachholbedarf des Baugewerbes.

Auch auf Sektorebene wiesen die empirischen Befunde darauf hin, dass die Reduktion von strukturellen Abhängigkeiten ein effektives Mittel war, um die Widerstandsfähigkeit der Branche zu steigern. Ein hoher Anteil an großen, an neu gegründeten und potenziell weniger solventen Unternehmen verminderte demgegenüber potenziell die Resilienz. Darüber hinaus spielte die Fachkräftesituation eine entscheidende Rolle: Ein hoher Anteil an vakanten Stellen sowie ein höherer Anteil von Erwerbspersonen mit einem höheren Bildungsabschluss waren resilienzmindernd, da sie die Flexibilität eines Unternehmens in der Reaktion auf eine Krise tendenziell reduzierten. Des Weiteren spielten Faktoren, die nicht von Unternehmen selbst beeinflusst werden können, eine zentrale Rolle. So konnten die volkswirtschaftliche Relevanz des Sektors (gemessen als Sektoranteil an der nationalen Bruttowertschöpfung) sowie eine geschwächte Stabilität der Wohnimmobilienfinanzierung als resilienzmindernd identifiziert werden. Beide Faktoren sind tendenziell auf die Überhitzung und Blasenbildung in der Bau- und Immobilienwirtschaft zurückzuführen. Öffentliche Ausgaben für Bauinvestitionen wirkten bereits in der Vergangenheit immer stabilisierend auf den Bausektor; sie hatten demnach keinen besonderen Zusatzeffekt in Krisenzeiten.

Neben den genannten Maßnahmen auf Unternehmensebene hat auch die Politik Möglichkeiten, in Krisenzeiten zu unterstützen. Im Falle einer Krise zeigte sich wiederholt, dass Kurzarbeit eine bewährte staatliche Unterstützungsmaßnahme war. Öffentliche Staatsausgaben, die den direkten Umgang mit einer Wirtschaftskrise erleichtern, sind vor allem dann sinnvoll, wenn sie in Krisenzeiten schnell initiiert werden. Zudem kann Politik Maßnahmen ergreifen, um die Überhitzung und Blasenbildung des Immobilienmarktes frühzeitig zu erkennen. Darüber hinaus sind generelle Rahmenbedingungen zu schaffen, die den Unternehmerinnen und Unternehmern im Krisenfall helfen (z. B. gute Infrastruktur, guter Zugang zu Fremdkapital, Verfügbarkeit von Fachkräften). Überdies erscheint es nötig, Unternehmen dafür zu sensibilisieren, dass sich Trends wie die Digitalisierung, aber auch der Klimawandel, zu konkreten Risiken für die einzelnen Bauunternehmen entwickeln können.

Projektbeteiligte
Eckdaten
Schlagworte zum Projekt : Krisenresilienz, Krisenfestigkeit, Baugewerbe, Bauhauptgewerbe, Ausbaugewerbe, Pandemie, COVID-19, Corona
Projekt auf der Webseite des BBSR : https://www.bbsr.bund.de/BBSR/DE/forschung/programme/zb/Auftragsforschung/1Wertschoepfung/2021/krisenfestigkeit-bausektor/01-start