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Internationales Symposium "Brandschutz in Wohngebäuden - Baukosten senken, Sicherheit bewahren"

Projektbeschreibung

Projektbeteiligte

Eckdaten

Internationales Symposium "Brandschutz in Wohngebäuden - Baukosten senken, Sicherheit bewahren"


Projektnummer
Projektbeginn
02.2017
Projektende
05.2017
Projektstatus
abgeschlossen mit Bericht

Die Baukostensenkungskommission des Bündnisses für bezahlbares Wohnen und Bauen erarbeitete 2015 Vorschläge zur Kostenverringerung bei Neubau und Modernisierung von Wohnraum in Deutschland. Dabei wurde der Brandschutz als ein Kostentreiber mit Kostensenkungspotenzial identifiziert. Vor diesem Hintergrund hatte das BMUB am 2. Februar 2017 zum fachöffentlichen Austausch über das Spannungsfeld einer potenziellen Baukostensenkung bei gleichbleibenden Sicherheitsanforderungen ins BBSR in Berlin eingeladen.Projektlaufzeit: September 2016 - März 2017

Ausgangslage

Das im Rahmen des Koalitionsvertrages der Bundesregierung beschlossene und im Juli 2014 ins Leben gerufene Bündnis für bezahlbares Wohnen und Bauen verfolgt das Ziel, die Voraussetzungen für den Bau und die Modernisierung von bezahlbarem Wohnraum in guter Qualität zu verbessern. Erweitert werden soll vor allem das Wohnraumangebot in den Ballungsgebieten. Daraufhin erarbeitete die Baukostensenkungskommission des Bündnisses 2015 Vorschläge zur Kostenverringerung bei Neubau und Modernisierung von Wohnraum in Deutschland und identifizierte darin das Themenfeld Brandschutz als einen Kostentreiber mit Kostensenkungspotenzial. Die Kommission benennt in ihrem Bericht unter anderem bundesländerübergreifende uneinheitliche Regelungen beim Bauen im Bestand und beim Neubau von Wohngebäuden (Brandwandabstände, Rettungswege etc.).

Ziel

Im Fokus der Veranstaltung stand der gemeinsame und ergebnisoffene Austausch mit der Fachöffentlichkeit über das Spannungsfeld von Sicherheitsanforderungen auf der einen Seite und Baukosten auf der anderen Seite. Somit wurde eine umfassende Betrachtung und Diskussion des Themas von verschiedenen Akteuren aus den Bereichen Bauaufsicht, Stadtentwicklung, Feuerwehr, Wissenschaft, Versicherungswirtschaft und Brandschutzplanungs- sowie Prüfingenieurssicht erreicht. Schwerpunktthemen waren vor allem die Kostenreduzierungs- bzw. Einsparpotenziale bei der Planung und Ausführung bei Neubau- und Modernisierungsprojekten. In diesem Zusammenhang wurde eine verstärkte Absprache und Koordination in der Planungsphase der beteiligten Akteure thematisiert. Weiterhin wurden spezifische Änderungen in den Landesbauordnungen vorgestellt und vor allem deren allgemeine Umsetzbarkeit im Bundesgebiet diskutiert.

Auftragnehmer des Forschungsprojektes war Valentum Kommunikation, Regensburg.

Konzept

Die Veranstaltung thematisierte das Spannungsfeld zwischen einer potenziellen Baukostensenkung bei gleichbleibenden Sicherheitsanforderungen. Im ersten Teil des Symposiums präsentierten Experten aus Politik und Verwaltung unterschiedlicher Bundesländer ihre Ansichten und Lösungsansätze zu den baulichen Risiken und Erleichterungen für den Wohnungsbau. Im zweiten Teil wurde das Thema aus Sicht der Brandschutzplaner, Immobilien- und Versicherungswirtschaft diskutiert. Außerdem wurden Erfahrungen aus der Bauwirtschaft mit regulatorischen Vereinfachungen im Brandschutz aus Österreich miteinbezogen.

Der Begrüßung und Einführung durch den Gastgeber in Person von Staatssekretär Gunther Adler (BMUB) folgte ein Vortrag von Thomas Meyer, der als Leiter der Obersten Bauaufsicht in der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen Berlin landesspezifische Neuregelungen im Bauordnungsrecht bei Rettungswegen in der verdichteten Innenstadt vorstellte. Im Anschluss erläuterte Heike Hohmann von der Behörde für Stadtentwicklung und Wohnen in Hamburg deren Lösungsansätze für die Rettungswegführung im Wohnungsbau. Anschließend folgte eine gemeinsame Frage- und Diskussionsrunde von Referenten und Teilnehmern des Symposiums.

Den zweiten Veranstaltungsblock eröffnete Peter Bachmeier, Branddirektor der Landeshauptstadt München. In seinem Vortrag ging er der Frage nach, inwiefern eine Reduzierung der Brandschutzkosten im Wohnungsbau ohne eine Verringerung des Schutzniveaus der Bevölkerung möglich ist. Die Österreichische Brandschutzperspektive wurde von Dr. Rainer Mikulits vom Österreichischen Institut für Bautechnik präsentiert, der auf Vereinfachungen in der OIB-Richtlinie 2 "Brandschutz" aus dem Jahr 2015 einging. Nach einer gemeinsamen Diskussionsrunde mit dem Publikum endete das Vormittagsprogramm.

Am Nachmittag referierte Prof. Jochen Zehfuß vom Fachgebiet Brandschutz am Institut für Baustoffe, Massivbau und Brandschutz der TU Braunschweig über Entwicklungstrends und Einsatzmöglichkeiten neuer Baustoffe. Anschließend lieferte Dr. Mingyi Wang vom Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft e.V. eine ganzheitliche Betrachtung der Brandschutzkosten beim Bau aus Sicht der Versicherungswirtschaft. Der dritte Veranstaltungsblock endete nach einem Fachdiskurs mit dem Plenum. Weiter ging es mit einem Vortrag über Voraussetzungen und Möglichkeiten für kostengünstigen Brandschutz, dem sich Referent Karsten Foth von hhpberlin - Ingenieure für Brandschutz widmete. Den letzten Vortrag des Symposiums hielt Günter Knopf vom Ingenieurbüro für anlagentechnischen Brandschutz, der die Fluchtwegsicherung durch das Wasserfeinsprüh-Niederdruckverfahren beschrieb. Der vierte Veranstaltungsteil endete ebenfalls nach einer Diskussionsrunde. Zuletzt fasste Moderatorin Ulrike Silberberg, Chefredakteurin des Fachmagazins DW Die Wohnungswirtschaft, die Hauptaussagen der Vorträge zusammen. Abschließend bedankte sich Dietmar Menzer vom BMUB für die rege und aktive Teilnahme am Symposium und forderte die Teilnehmer zu Vernetzung und Fachaustausch mit dem BMUB auf.

Die Vorträge im Überblick:

  • Berliner Rettungsweglösungen für die verdichtete Innenstadt
    Thomas Meyer, Senatsrat in der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt in Berlin
  • Hamburger Lösungsansätze für die Rettungswegführung im Wohnungsbau
    Heike Hohmann, Behörde für Stadtentwicklung und Wohnen in Hamburg
  • Reduzierung der Brandschutzkosten im Wohnungsbau ohne Verringerung des Schutzniveaus der Bevölkerung - eine lösbare Aufgabe?
    Peter Bachmeier, Branddirektor der Landeshauptstadt München
  • Vereinfachungen in der OIB-Richtlinie 2 "Brandschutz" 2015 in Österreich
    Dr. Rainer Mikulits, Geschäftsführer im Österreichischen Institut für Bautechnik
  • Innovativer Brandschutz - nachhaltig und sicher
    Prof. Dr.-Ing. Jochen Zehfuß, Technische Universität Braunschweig
  • Brandschutz und Baukosten im Wohnungsbau - Ganzheitliche Betrachtung aus Sicht der Versicherer
    Dr.-Ing. Mingyi Wang, stellv. Vorsitzender im Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft e.V.
  • Kostengünstiger Brandschutz - Voraussetzungen und Möglichkeiten
    Karsten Foth, Geschäftsführender Gesellschafter der hhpberlin - Ingenieure für Brandschutz GmbH
  • Fluchtwegsicherung mittels Wassernebelanlagen
    Günter Knopf, Ingenieurbüro für anlagentechnischen Brandschutz

Ergebnisse

Obwohl das Symposium zum ersten Mal stattfand, brachte die Fachöffentlichkeit der Veranstaltung großes Interesse entgegen. 178 Teilnehmende tauschten sich im Rahmen des Symposiums über Sichtweisen und Lösungsansätze zu baulichen Risiken, Rechtsharmonisierung und Einsparpotenzialen beim Brandschutz im Wohnungsbau aus. Der Teilnehmerkreis bestand vor allem aus Brandschutzplanern, Interessenvertretern der Brandschutzverbände, Entscheidungsträgern und Experten der Städte und Kommunen, Interessenvertretern der Wohnungs- und Immobilienwirtschaft, Architekten, Prüfingenieuren oder Vertretern der Feuerwehr.

Insgesamt wurde deutlich, dass ein hoher Austauschbedarf seitens der Akteure aus dem Bereich Brandschutz besteht. Im Zuge des Symposiums nutzten die Stakeholder die Gelegenheit, um auf verschiedenste Defizite und Fehlentwicklungen - von der Brandschutzplanung bis zum Löscheinsatz - hinzuweisen und diese zu diskutieren. Leitgedanke war dabei stets das Ziel, Kosteneinsparpotentiale im Brandschutz zu identifizieren und zu bewerten, ohne das Sicherheitsniveau verringern zu müssen.

Identifiziert wurden Mängel in der Baugenehmigungsfähigkeit in Deutschland, die auf uneinheitliche länderspezifische Regelungen, zu strenge Brandschutzvorschriften und den Bauplanungsprozess zurückgehen. Dahingehend äußerten sich Experten aus den Bereichen Brandschutzplanung, Baugenehmigung und Feuerwehr einheitlich. Darüber hinaus wurden Interessenkonflikte zwischen verschiedenen Behörden auf Verwaltungsebene aufgezeigt, die in der Praxis in erhöhten Brandschutzkosten resultieren. Dazu wurden Lösungen vorgestellt, die eine Kostensteigerung vermeiden könnten. Aus Sicht der Beteiligten könnte eine verhältnismäßige Reduzierung der legalen Anforderung an den Sicherheitstreppenraum dazu führen.

Weiterhin wurde der bauplanerische Prozess in vielen Bundesländern als Kostentreiber erkannt. Dazu waren sich die Akteure einig, dass eine bessere und frühzeitigere Abstimmung im Brandschutz zwischen Bauplanern, Baugenehmigungsstellen und Feuerwehren nachträgliche Zusatzkosten vermeiden würde. Ebenfalls würde eine Erhöhung der Transparenz bei Änderungsvorhaben zu bestehenden Rechtsvorschriften bei Behörden Mehrkosten vermeiden, da kommende Entwicklungen im Brandschutz von den Fachplanern antizipiert werden könnten.

Der Perspektivwechsel nach Österreich zeigte, dass es trotz deutlich weniger Brandschutzsicherheitsvorschriften als in Deutschland kaum einen Unterschied bei den Brandopferzahlen gibt. Zahlreiche Vereinfachungen in der Österreichischen Brandschutzrichtlinie wurden 2015 gemeinsam von Feuerwehr, Brandverhütungsstellen, Sachverständigen für Brandschutz und Behörden erarbeitet und umgesetzt. Darüber hinaus wurden Materialforschungstrends und Entwicklungen in der Haustechnik vorgestellt, die Brandschutzkosten in Zukunft maßgeblich beeinflussen werden. Vor dem Hintergrund, dass vermehrt elektronische Haustechnik verbaut wird, müssen die Chancen und Risiken der Digitalisierung hinsichtlich des Brandentstehungsrisikos erforscht werden.

Für eine ganzheitliche Betrachtung des Brandschutzrisikos von Gebäuden argumentierten ebenfalls Vertreter der Versicherungswirtschaft, denn Brandschutzmaßnahmen seien nicht alleine für hohe Baukosten verantwortlich. Vielmehr müsse die Gebäudenutzung in die Brandschutzbewertung miteinfließen. Bei der Suche nach Kostentreibern sollte vielmehr mit einbezogen werden, dass sich die Schutzfunktionen der verwendeten Baustoffe und Bauteile nicht ausschließlich auf den Brandschutz beziehen und daher nicht direkt als Brandschutzkosten angesehen werden sollten. Außerdem wurde festgestellt, dass der Aufbau von Datenbanken mit umfangreichen Brandstatistiken (Realbrände, Materialsimulationen, Brandverhalten etc.) notwendig wären, um Problembereiche im Brandschutz zu identifizieren und dadurch die Politik zu überzeugen.

Generell waren sich die Akteure aus allen Bereichen einig, dass das Vorhaben der Kostenreduzierung im Brandschutz keinesfalls in einer Reduzierung des derzeitigen Schutzniveaus resultieren darf.

Veröffentlichungen

Endbericht:
Internationales Symposium "Brandschutz in Wohngebäuden - Baukosten senken, Sicherheit bewahren"
Download auf https://www.bbsr.bund.de/

Projektbeteiligte
Eckdaten
Schlagworte zum Projekt : Symposium, Brandschutz, Wohngebäude, Neubau, Modernisierung, Baukosten, Baukostensenkung, Sicherheit, Baukostensenkungskommission
Projekt auf der Webseite des BBSR : https://www.bbsr.bund.de/BBSR/DE/forschung/programme/zb/Auftragsforschung/3Rahmenbedingungen/2016/symposium-brandschutz/01-start