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Grundlagen- und Konzeptentwicklung für die Analyse von praxisgerechten Lüftungskonzepten

Projektbeschreibung

Projektbeteiligte

Eckdaten

Grundlagen- und Konzeptentwicklung für die Analyse von praxisgerechten Lüftungskonzepten


Projektnummer
Projektbeginn
09.2016
Projektende
06.2017
Projektstatus
abgeschlossen mit Bericht

Im Rahmen der Weiterentwicklung des Bewertungssystems Nachhaltiges Bauen bzw. des Kriteriensteckbriefs "Innenraumlufthygiene" wurden CO2-Messungen, Raumklimaparameter und die thermischen Behaglichkeit sowie Befragungen zum subjektiven Empfinden an realisierten und praxiserprobten Lüftungslösungen ausgewertet. Mit dem Fokus auf Unterrichtsräumen wurden Handlungs-empfehlungen für praxisgerechte Lüftungskonzepte sowie Vorschläge für einen fundierten Bewertungsansatz hinsichtlich der CO2-Anforderungen erarbeitet.Projektlaufzeit: September 2016 – April 2017

Ausgangslage

Um den zukünftigen Anforderungen an ganzheitlich optimierte Gebäude gerecht zu werden, hat das Bundesbauministerium den Leitfaden Nachhaltiges Bauen und im Bewertungssystem Nachhaltiges Bauen (BNB) für Bundesgebäude entwickelt. Er ist seit Oktober 2013 für Bundesbauten verpflichtend und wurde 2015 (teilweise) überarbeitet und weiterentwickelt. Hinsichtlich der Innenraumlufthygiene werden insbesondere Verunreinigungen der Innenraumluft durch Schadstoffe aus Bauprodukten und durch Kohlendioxidemissionen der Raumnutzer betrachtet.

Die Bewertung im Kriteriensteckbrief 3.1.3 Innenraumhygiene erfolgt zu gleichen Anteilen (jeweils maximal 50 von 100 Punkten) anhand der VOC-Konzentration und anhand der CO2-Konzentration. Die Punktebewertung/Einstufung hinsichtlich CO2 wird derzeit anhand des personenbezogenen Außenluftvolumenstroms als Ersatzindikator vorgenommen, für den Fall der Fensterlüftung teilweise ergänzt um Nebenanforderungen wie CO2-Kontrolle, Unfallsicherungskonzept und Zwischenlüftungskonzept.

Die aktuellen normativen Vorgaben für personenbezogene Außenluftvolumenströme, aber auch die Empfehlungen der entsprechenden Arbeitsstättenrichtlinie berücksichtigen nicht alle erforderlichen Parameter, von denen die Wirksamkeit eines ausreichenden Luftwechsels in Innenräumen abhängt. Fachdiskussionen und Praxiserfahrungen zeigen aber, dass insbesondere bei Räumen mit einer hohen Personenzahl Probleme hinsichtlich der CO2-Gehalte in der Innenraumluft und des thermischen Komforts aufgrund von nicht optimaler Raumlüftung bestehen. Das betrifft insbesondere die reine Fensterlüftung, aber auch die mechanische Lüftung oder die Kombination aus Beidem.

Ziel

Ziel des Forschungsprojektes war die Erarbeitung von Grundlagen und Konzepten, um praxisbezogene Untersuchungen zu erfolgreich realisierten Innenraum-Lüftungskonzepten für unterschiedliche Fallbeispiele durchführen zu können. Aus diesen Erkenntnissen sollten – soweit die verfügbaren Daten solche Aussagen zuließen – Handlungsempfehlungen für unterschiedliche Lüftungskonzepte und Raumkonstellationen entwickelt und ein Vorschlag für einen fundierten und tragfähigen Bewertungsansatz im BNB für Räume mit hohen Belegungsdichten abgeleitet werden. Anderenfalls sollten Vorschläge zur konzeptionellen Vorgehensweise für die zusätzlich durchzuführenden Messungen im Rahmen eines Nachfolgeprojektes erarbeitet werden.


Auftragnehmer des Projektes war ITG Institut für Technische Gebäudeausrüstung Dresden GmbH in Zusammenarbeit mit ener // bauph // proj, Ingenieurbüro für Energie, Bauphysik, Projekte.

Konzept

Die Bearbeitung des Projektes erfolgte in vier Schritten:

  1. Projektvorbereitung (Umsetzungskonzept und Projektstart)


    Erarbeitung eines Umsetzungskonzepts unter folgenden Gesichtspunkten:


    a) Konkretisierung des Zeitablaufplans
    b) Konkretisierung der methodischen Vorgehensweise
    c) Vorschlag für zu erfassende Daten
    d) Vorschlag für Methodik zur Findung der Beispielobjekte und Ansprechpartnern



  2. Durchführungskonzept, Vorbereitung der Datenerhebung, Anfrage Beispielgebäude


    a) Durchführungskonzept:
    Konzeptweiterentwicklung mit Bestimmung der Erfordernisse zur Datenermittlung und Bestimmung der benötigten Anzahl an unterschiedlichen Räumen und Gebäuden. Bestimmung, welche Parameter erfasst werden mussten und wie Ansprechpartner der Schulen generiert und eingebunden werden konnten.

    b) Vorbereitung der Datenerhebung:
    Formularerstellung (z.B. Fragebogen) zur Datenerhebung, das alle Parameter beinhaltete, die für die Datenanalyse benötigt wurden. Unterscheidung zwischen erforderlichen (alle CO2-relevanten) und zusätzlichen (z.B. Ergebnisse aus Raumluftmessungen, Beschwerden von Nutzern etc.) Angaben. Projektziel klar erkennbar im Formular.

    c) Recherche zu potenziell vorhandenen Messwerten

    d) Recherche zu potenziellen Untersuchungsobjekten

    e) Anfrage Beispielgebäude:
    Anfrage bei den entsprechenden Behörden zur Datenerhebung anhand ausgewählter und mit dem BBSR abgestimmter Gebäude. Ermittlung, inwieweit die erforderlichen Daten vorlagen und ob ggf. zusätzliche Daten im Rahmen des Projekts als Ergänzung erhoben werden mussten.


  3. Datenerhebung und -auswertung


    Strukturierte Datenerfassung mit anschließender Auswertung einschließlich der Bewertung der Aussagekraft, Identifizierung etwaiger bestehender Hemmnisse und erforderlicher Zusatzinformationen bzw. weiterer Handlungsbedarf.


  4. Erkenntnisse


    a) Formulierung einer Hypothese, je nach Verwendbarkeit der vorliegenden Daten, welche Lüftungsszenarien unter den verschiedenen Raumkonstellationen zu einer optimalen Raumlufthygiene beitragen konnten.

    b) Entwicklung eines Vorschlags für den Bewertungsmaßstab des zweiten Teilkriteriums "CO2-Gehalt"


    c) Erarbeitung eines Vorschlags für Vorgehensweise und Konzept für ein Nachfolgeprojekt bei Bedarf, sofern die Datenbasis nicht ausreichte.

Ergebnisse

In der für die Weiterentwicklung des BNB beauftragten Metastudie wurde mit dem Fokus auf Deutschland eine wertende Übersicht über den aktuellen (veröffentlichten) Stand der Forschung hinsichtlich der Thematik "Kohlendioxidgehalte während einer Unterrichtseinheit" erstellt. Von den insgesamt 15 angefragten Studien konnten sechs Studien nicht ausgewertet werden, da keine Messwerte mehr zur Verfügung standen oder keine Rückmeldung erfolgte. Von insgesamt neun Studien konnten Rohdaten entsprechend einer festgelegten methodischen Herangehensweise aufbereitet werden.

Um über längere Zeiträume gemessene CO2-Konzentrationen in Unterrichtsräumen sinnvoll bewerten zu können, ist eine möglichst genaue Kenntnis der Unterrichtszeiten erforderlich. Für die Auswertung von Studien, bei denen die Unterrichtsstunden nicht bekannt sind, wurde die Herangehensweise einer VBA-basierten Auswertung mit Hilfe von Makros in Excel beschrieben und angewendet.

Für den systematischen Vergleich von Messergebnissen wurde eine Reihe von Möglichkeiten zur grafischen Aufbereitung wie Carpet-Plots, Box-Plots und Streudiagramme untersucht. In der vorliegenden Studie selbst erfolgten die Auswertungen hauptsächlich mit Streudiagrammen für einzelne Unterrichtseinheiten und auch für einzelne Klassenräume, um eine etwaige größere Wichtung durch einzelne Studien zu vermeiden. Zu den einzelnen Lüftungskonzepten lassen sich aus den Ergebnissen der vorliegenden Metastudie sowie aus den Veröffentlichungen zu den einzelnen Studien und aus der Teilnahme beim AIVC-Workshop Empfehlungen ableiten.

Eine vergleichende Übersicht der CO2-Konzentrationen zeigt, dass mit einer Lüftungsanlage in 38% der insgesamt 513 betrachteten Unterrichtsstunden ein Unterrichtsstundenmittelwert von unter 1.000 ppm eingehalten werden kann, unter 1.500 ppm liegen 94%. Im Vergleich dazu liegt der arithmetische Mittelwert der Kohlendioxidkonzentration einer Unterrichtsstunde bei Fensterlüftung in 16% der insgesamt 652 betrachteten Unterrichtsstunden unter 1.000 ppm und in 58% der Fälle unter 1.500 ppm.

Unabhängig vom Lüftungskonzept kann auch eine Verringerung der Schülerzahlen bzw. eine Vergrößerung der Klassenräume, letztendlich also eine erhöhte Fläche pro Person, zu verringerten Kohlendioxidkonzentration in den Klassenräumen führen. Dieser Einfluss konnte aufgrund fehlender Angaben nicht systematisch über alle Studien untersucht werden, sondern nur punktuell für zwei Studien dargestellt werden.

Bei Fensterlüftung und bei hybrider Lüftung können arithmetische Mittelwerte der CO2-Konzentration unter 1.000 ppm am leichtesten in den frühen Unterrichtsstunden erreicht werden. In späteren Schulstunden ist eine niedrige CO2-Konzentration zwingend an die Einhaltung bestimmter Randbedingungen, wie beispielsweise große Pause mit intensiver Querlüftung, ein längerer Zeitraum ohne Unterricht oder kleinere Klassenteiler gebunden.

Hybride Lüftungskonzepte kombinieren mechanische Lüftungsanlagen mit nutzerunabhängiger automatisierter Fensterlüftung (z.B. motorisierte Fensterflügel). Die mechanischen Lüftungsanlagen können kosten- und schalloptimiert für eine Grundlüftung sorgen und die automatisierte Fensterlüftung unterstützt diese Grundlüftung bei Lastspitzen.

Lüftungsanlagen sollten z.B. durch Auslegung nach DIN EN 13779 IDA 2 so konzipiert sein, dass kein Zusatzlüften während der Schulstunde erforderlich ist. Damit können organisatorische Einschränkungen des Unterrichts, Beeinträchtigungen der Behaglichkeit (Temperatur, Zugluftrisiko) und Schallbelästigungen durch Fensterlüftung vermieden werden. Durch die Optimierung der Regelung der Ventilator gestützten Lüftung kann eine Verbesserung der Innenraumluftqualität und eine Erhöhung der Akzeptanz erreicht werden.

Im aktuellen Bewertungssystem BNB für Schulgebäude erfolgt die Bewertung für den Kohlendioxidgehalt anhand von Anforderungen an den (arithmetischen) Mittelwert und an den Maximalwert einer Unterrichtseinheit über 45 Minuten. Zukünftig können folgende Erweiterungsmöglichkeiten erwogen werden:

  • Festlegung von Maximalwerten anhand des gleitenden Mittelwert über 5 Minuten

  • Festlegung von Mittelwerten anhand der zulässigen Häufigkeit der Kohlendioxidwerte pro Unterrichtseinheit über einen Grenzwert (mathematisch: Perzentil)

  • Festlegung einer kumulierten Grenzwertüberschreitung der CO2-Konzentration in ppmh (pro Unterrichtseinheit, Unterrichtstag, Unterrichtswoche)

  • Erstellung und ggf. BNB-Zertifizierung eines (evtl. Excel-basierten) Tools für Klassifizierung nach BNB

Die Auswertung verdeutlicht, dass durch die unterschiedliche Zielsetzung der einzelnen Studien ein direkter Vergleich der Studien kaum möglich ist. Trotz der vielen bereits durchgeführten Untersuchungen sind viele Fragen offen geblieben bzw. konnten nicht abschließend geklärt werden. Diese offenen Fragstellungen sollten in Zukunft durch weitere Untersuchungen beantwortet werden, welche sich an der hier definierten "Idealstudie" für BNB unter Beachtung der Mindestanforderungen an die zu dokumentierenden Angaben/Größen orientieren sollten.

Veröffentlichungen

Grundlagen- und Konzeptentwicklung für die Analyse von praxisgerechten Lüftungskonzepten – Endbericht
Download auf https://www.bbsr.bund.de/

Projektbeteiligte
Eckdaten
Schlagworte zum Projekt : Nachhaltiges Bauen, Lüftung, BNB
Projekt auf der Webseite des BBSR : https://www.bbsr.bund.de/BBSR/DE/forschung/programme/zb/Auftragsforschung/2NachhaltigesBauenBauqualitaet/2016/lueftungskonzepte/01-start