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Felduntersuchung zur Evaluierung von Energieausweisen bei Wohngebäuden

Projektbeschreibung

Projektbeteiligte

Eckdaten

Felduntersuchung zur Evaluierung von Energieausweisen bei Wohngebäuden


Projektnummer
Projektbeginn
11.2018
Projektende
11.2021
Projektstatus
abgeschlossen ohne Bericht

Die Einführung des Energieausweises ist Teil der Umsetzung der europäischen Richtlinie 2010/31/EU (ehemals 2002/91/EG) über die Gesamteffizienz von Gebäuden. Der Energieausweis soll darüber hinaus einen wichtigen Beitrag zur Erreichung des Klimaschutzziels leisten, da durch dessen Nutzung das Einsparpotenzial im Gebäudesektor effektiver ausgeschöpft werden kann. Seine dauerhafte Etablierung soll den energetischen Zustand eines Gebäudes zu einem wichtigen Auswahlkriterium hinsichtlich Wohnentscheidungen entwickeln sowie die Vergleichbarkeit der Gebäude aufgrund des energetischen Sanierungsgrades ermöglichen. Im Rahmen der vorliegenden Studie wurde der Energieausweis multiperspektivisch evaluiert. Dabei wurde dessen Nutzungspraxis sowie partiell auch die Energie- und Umweltkultur verschiedener Akteure betrachtet.

Ausgangslage

Vor dem Hintergrund jüngster Debatten hinsichtlich der globalen Auswirkungen des menschengemachten Klimawandels wird der Druck auf die Realisierung von Klimaschutzzielen zunehmend größer. Dabei spielt der Wohnbaubestand eine wichtige Rolle, wobei der CO2-Ausstoß und der Energieverbrauch von Privathaushalten die relevantesten Komponenten bilden.

Die Energieausweise für Wohnimmobilien stellen in diesem Zusammenhang ein wichtiges ordnungspolitisches Werkzeug dar, um die gesellschaftlichen Klimaschutzziele und einen nachhaltigen Wohnbaubestand zu erreichen. Dem Verbraucher liefern sie wesentliche Informationen über die energetische Qualität der Immobilie. Für die Eigentümerinnen und Eigentümer setzen sie Anreize, in energiesparende Bauweisen zu investieren.

Seit ihrer Einführung haben die Energieausweise und die mit ihnen verbundenen Randbedingungen eine Entwicklung unterlaufen. Durch umfängliche Erfahrungen mit diesem Instrument und seinen Varianten haben sich differenzierte Sichtweisen über die Umsetzung und Wirksamkeit des Energieausweis-Systems herausgebildet. Für die Beurteilung und Evaluierung der Energieausweise standen bei der Studie Kriterien wie Transparenz, Wirksamkeit sowie Verbraucherfreundlichkeit und Akzeptanz im Fokus.

Ziel

Im Projektverlauf wurde eine multiperspektivische Evaluierung durchgeführt, die den Energieausweis und dessen Nutzungspraxis sowie partiell auch die Energie- und Umweltkultur verschiedener Akteure betrachtet. Neben dem reinen Erkenntnisgewinn bezüglich der Nutzungspraxis von Energieausweisen durch unterschiedliche Akteure bestand ein weiteres Ziel der Evaluation darin, Gestaltungshinweise bzw. Optimierungsmöglichkeiten zu ermitteln, um dieses Instrument weiterzuentwickeln.

Auftragnehmer des Forschungsprojektes war die InWIS Forschung & Beratung GmbH, Bochum in Kooperation mit der EBZ Business School GmbH, Bochum und dem Fraunhofer-Institut für Bauphysik IBP, Stuttgart.

Konzept

Methodisch gliedert sich die Studie in eine Fachrecherche bzw. Auswertung vorhandener Veröffentlichungen sowie eine befragungsbasierte Evaluation.

Die Fachrecherche diente vor allem dazu, die Ergebnisse in den Rahmen der Gesamtuntersuchung einzubetten. Dabei wurden mehrere inhaltliche Schwerpunkte in der Forschungsliteratur identifiziert, welche jeweils quantitativ eingeordnet und deren Aussage anschließend im Kontext qualitativ untersucht wurde.

Für die befragungsbasierte Evaluation wurden private Haushalte/Nutzer (Mieter und selbstnutzende Eigentümer), private Vermieter, institutionelle Vermieter und Handwerksunternehmen sowie Energieberater befragt. Hinsichtlich der Form und Methode der jeweiligen Erhebung wurde jeweils den unterschiedlichen Spezifika der einzelnen Akteursgruppen Rechnung getragen. In allen Fällen wurde ein (teil-)standardisierter Fragebogen eingesetzt. Bei Mietern, selbstnutzenden Eigentümern und privaten Vermietern wurde die Befragung als Kombination aus einer telefonischen Befragung, ergänzt durch eine Online-Befragung, konzipiert. Bei den institutionellen Vermietern, Handwerksunternehmen und Energieberatern wurde eine schriftliche Befragung mit einer Online-Befragung kombiniert.

Um möglichst belastbare Ergebnisse gewährleisten zu können, wurde den einzelnen Erhebungen jeweils ein diffiziles Stichproben- und Quotenkonzept zugrunde gelegt. Dieses berücksichtigte zunächst regionale Aspekte (Verteilungen nach Bundesländern). Im Fall der Privathaushalte wurde auch die Altersstruktur beachtet, während bei den Vermietern die Verteilung des Wohnungsbestandes als zusätzliches Stichprobenkriterium herangezogen wurde. Zudem wurden beim Stichprobenkonzept weitere Randbedingungen wie etwa Strukturtypen oder die Wohnungsmarktsituation berücksichtigt. Bei den Handwerksunternehmen und Energieberatern wurde neben einer regionalen Verteilung auch die Verteilung nach Gewerken berücksichtigt. Bei den privaten Haushalten wurden 1.077 Haushalte befragt, bei den privaten Vermietern 579, bei den institutionellen Vermietern 365 und bei den Handwerksunternehmen und Energieberatern konnten 315 Befragungen durchgeführt werden.

Der Fokus der Studie lag auf der Auswertung bzw. Darstellung der Ergebnisse der einzelnen Befragungsmodule sowie der Erarbeitung von Vorschlägen zur Optimierung von Energieausweisen.

Ergebnisse

Literaturrecherche

Die Literaturrecherche hat gezeigt, dass die Forschungslandschaft zu aktuellen Energieausweisen thematisch in fünf Bereiche gegliedert werden kann. Im ersten Bereich wurden Quellen zum Thema Immobilienwert unter Berücksichtigung von Energieausweisen analysiert. Hierbei lässt sich ein Zusammenhang zwischen den Energieeffizienzklassen von Energieausweisen und den Immobilienpreisen und Energiekosten erkennen. Trotz dieses Zusammenhangs kommt dem Energieausweis aber bei der Kauf bzw. Mietentscheidung nur eine geringe Bedeutung zu.

Im zweiten Bereich finden sich Veröffentlichungen zum Thema Ausstellung von Energieausweisen. Diese verdeutlichen einige Schwächen: So weisen sowohl die normierten Berechnungsverfahren als auch die Ausstellung des Ausweises Schwächen auf. Demnach wird beim Bedarfsausweis von einer standardisierten Raumbeheizung der Räume ausgegangen, die in der Praxis oftmals so nicht stattfindet. Schwächen bei der Ausstellung betreffen vor allem den relativ großen subjektiven Einfluss der Aussteller.

Der dritte Bereich der Veröffentlichungen beleuchtet die Akzeptanz des Energieausweises. Hierbei wird konkludiert, dass die allgemeine Wertschätzung gegenüber Energieausweisen sowie das Vertrauen in diese eher gering ist. Zu begründen ist dies unter anderem dadurch, dass diese aus der Sicht der einiger Adressaten zu wenige Informationen bereitstellen.

Der vierte Bereich thematisiert Modernisierungs- und Energieeffizienzmaßnahmen. Gemäß Literatur ist der Energieausweis vielfach ein Grund für Investitionen in Modernisierungen, so dass die Wahrscheinlichkeit für Energieeffizienzmaßnahmen durch ihn erhöht wird.

Im letzten Abschnitt der Literaturrecherche werden Kritik und Verbesserungsvorschläge themenübergreifend zusammengefasst. Adressaten von Energieausweisen wünschen sich insbesondere die Angabe finanzieller Kenngrößen, um wirtschaftliche Vorteile transparent ableiten zu können. Ein weiteres Thema ist die fehlende Beziehung zwischen Energieeffizienz und Auswirkungen auf die Energiekosten. Daher wird die Einbindung finanzieller Indikatoren bzw. Kenngrößen nahegelegt, um wirtschaftliche Auswirkungen der Energieeffizienz sichtbar zu machen.

Befragungsorientierte Evaluation

Entgegen der öffentlichen Wahrnehmung, bei Klima- und Umweltbewusstsein handele es sich vornehmlich um ein Phänomen unter jüngeren Menschen, zeigt sich, dass Klimabewusstsein altersübergreifend präsent ist. Für private Haushalte ist die Energieeffizienz eines Gebäudes insbesondere vor dem Hintergrund der Kostendimension von hoher Relevanz, fällt also vor allem dort ins Gewicht, wo sie sich ein Zusammenhang mit der (Neben-) Kostenbelastung ergibt. Aus Sicht der Vermieter hat das Thema Energieeffizienz vor allem bei der Sanierung von Wohngebäuden (institutionelle Vermieter) oder bei der Vermietung (private Vermieter) eine hohe Bedeutung.

Die Ergebnisse der Befragung weisen auf eine eher geringe Durchdringung des Energieausweises hin. Nur gut ein Drittel der Befragten, die seit 2014 eine Wohnung besichtigt haben, haben nach eigenen Angaben im Zuge dessen einen Energieausweis vorgelegt bekommen – obwohl in diesem Zeitraum eine Vorlagepflicht bestand. Begründet wird dies häufig mit einem unzureichenden Bezug zu entstehenden Kosten des Energieverbrauchs.

Darüber hinaus zeigt sich, dass Privathaushalte vielfach in der Breite über den Energieausweis informiert sind, in der Tiefe jedoch das Wissen überschaubar bleibt. Zwar ist das Instrument grundsätzlich bekannt, allerdings weisen verschiedene Befragungsergebnisse darauf hin, dass eine tiefergehende Beschäftigung mit dem Thema ausbleibt. Die Farbskala wird dabei als einprägsamster und am häufigsten rezipierter Aspekt des Ausweises aufgefasst. Die Vergleichswerte und Erläuterungen sind ebenfalls häufig bekannt, werden jedoch oft als zu komplex wahrgenommen.

Modernisierungsempfehlungen werden insbesondere von Privathaushalten positiv wahrgenommen. Für institutionelle Vermieter, Handwerksunternehmen und Energieberater spielen Modernisierungsempfehlungen eine deutlich nachgeordnete Rolle. Diese kritisieren den teilweise sehr allgemeinen Charakter bzw. unzureichenden Praxisbezug.

Insgesamt bewerten vor allem Privathaushalte den Energieausweis positiv, gewerbliche Akteure sehen zum Teil Nachholbedarf bei textlichen Erläuterungen und Modernisierungsempfehlungen. Bei der Gestaltung bevorzugen private Haushalte einfache, grafische Elemente sowie einfach interpretierbare Kennzahlen. Hinsichtlich der Einsehbarkeit zeigt sich, dass private Haushalte aktuell insgesamt die Vorlage bei der Wohnungsbesichtigung bevorzugen. Jüngere Haushalte, die das Umzugsgeschehen dominieren, betrachten die Onlineverfügbarkeit als gleichwertige Alternative.

Fazit

Zusammenfassend zeigt sich, dass bei den privaten Nutzern das Augenmerk bei der Wohnungssuche vielfach nicht auf der energetischen Beschaffenheit des Gebäudes liegt, die Nebenkosten jedoch eine hohe Relevanz haben. Der Energieausweis selbst wird auf dieser Seite positiv bewertet. Allerdings zeigt sich offenbar noch Nachholbedarf bei der Umsetzung der Vorlagepflicht.

Diejenigen, die im gewerblichem Rahmen einen täglichen Umgang mit den Ausweisen pflegen, gerade was einzelne Kennzahlen und die Modernisierungsempfehlungen anbelangt, sehen noch Optimierungsbedarf. Auch der ökonomische Nutzen etwa durch schnellere Vermietung oder höhere Preise wird häufig nicht gesehen. Somit ist zu vermuten, dass der unmittelbare ökonomische Nutzen der Erkenntnisse aus den Energieausweisen stärker in den Vordergrund treten müsste, damit er stärker akzeptiert wird. Bei Handwerkern und Energieberatern ist die wirtschaftliche Affinität berufsbedingt, wobei hier teilweise Verbesserungspotenziale hinsichtlich der Umsetzbarkeit von Empfehlungen erkennbar sind. Dies betrifft die baulichen Möglichkeiten generell, aber insbesondere die Passgenauigkeit und Individualität.

Basierend auf den Recherchen und der Auswertung der Befragung hat das Projektteam abschließend Vorschläge für mögliche Optimierungen der deutschen Energieausweise entwickelt. Diese sind untergliedert in einfach umsetzbare Optimierungsmöglichkeiten, Ergänzungen in freiwilligen Anhängen sowie perspektivische Optimierungsmöglichkeiten.

Projektbeteiligte
Eckdaten
Schlagworte zum Projekt : Energieausweis, Wohngebäude, Bestand, Neubau, Verbrauchsausweis, Bedarfsausweis, Energieeffizienz, Energieberater, Aussteller, Modernisierung, Umweltbewusstsein, Energiekosten, CO2-Ausstoß, ordnungspolitisch, InWIS
Projekt auf der Webseite des BBSR : https://www.bbsr.bund.de/BBSR/DE/forschung/programme/zb/Auftragsforschung/5EnergieKlimaBauen/2018/evaluierung-energieausweise/01-start