Externe Kosten im Hochbau


Projektnummer
Projektbeginn
10.2007
Projektende
10.2010
Projektstatus
abgeschlossen mit Bericht

Gegenstand des Forschungsprojekts war eine Untersuchung zur Frage der Relevanz und Einbindungsmöglichkeiten externer Umweltkosten im Baubereich und beispielhafte Berechnungen externer Kosten. Auf Basis der Ergebnisse wurden Empfehlungen für die Berücksichtigung externer Kosten in der Praxis der Bauverwaltung und im Leitfaden Nachhaltiges Bauen der Bundesbauministeriums entwickelt. Projektlaufzeit: Oktober 2007 - Mai 2010

Ausgangslage

Der Löwenanteil der Umwelt- und Gesundheitskosten, die bei der Herstellung und Nutzung von Materialien entstehen, werden von der Allgemeinheit, aber nur zu geringen Teilen von den Verursachern selbst getragen. Seit 2007 liegt mit der vom Umweltbundesamt (UBA) veröffentlichten Methodenkonvention zur Schätzung externer Umweltkosten eine Grundlage für eine standardisierte ökonomische Berücksichtigung und Bewertung von Umweltschäden vor. Mit der vom UBA vorgestellten Methode und den in der Studie sondierten Anwendungsfeldern findet die langjährige Debatte zur Berücksichtigung volkswirtschaftlicher Umweltkosten aus Produktionsprozessen einen vorläufigen Abschluss.

Für die Bereiche Energieerzeugung und Verkehr ist die Einbeziehung externer Kosten bereits seit längerem mit Hilfe von Forschungsvorhaben erkundet und durch nationale Regelungen in der Praxis umgesetzt worden. Erfahrungen zur praktischen Anwendung im Gebäudebereich, das heißt die Integration externer Umweltkosten in die Verfahren der Gebäudeplanung, -erstellung, -verwaltung und -bewirtschaftung liegen in Deutschland dagegen kaum vor. Diese Wissenslücken schließen zu helfen, ist ein zentrales Anliegen dieses Projektes. Denn der Gebäudebereich wird bereits seit längerem als Handlungsfeld ausgewiesen, in dem die Integration externer Kosten einen potenziell großen Effekt haben kann - beispielsweise bei Entscheidungen über die Art der Wärme- und Energieerzeugungsanlagen oder der Wahl der Maßnahmen zur Energieeffizienz durch Dämmung.

Ziele

Als praxisbezogene Ziele bearbeitete die Studie:

  1. Die Entwicklung konkreter Vorschläge zur Berücksichtigung von externen Kosten bei Wirtschaftlichkeitsberechnungen, wie sie im Rahmen von Nachhaltigkeitsbetrachtungen bei Bundesbauten durchgeführt werden.
  2. Die Ausarbeitung einer Methodik und eines einfach zu handhabenden EDV-Instruments zur Berechnung externer Kosten für die Verwaltung von Bundesliegenschaften.
  3. Eine Aufbereitung des Themas externe Kosten für die Praxis, welche es ermöglicht als Entscheidungshilfsmittel in der Neubauplanung, bei der Analyse von Bestandsgebäuden wie auch im Rahmen von Architektur-Wettbewerben zu dienen.

Auftragnehmer des Forschungsvorhabens war KATALYSE Institut für angewandte Umweltforschung e.V. in Köln, Herr Svend Ulmer, in Zusammenarbeit mit der Bergischen Universität Wuppertal – Juniorprofessur für Immobilienwirtschaft, Junior-Professorin Dr. Stefanie Streck sowie dem Österreichischen Ökologie-Institut in Wien.

Konzept

Angesichts der komplexen Expertiseanforderungen im geplanten Vorhaben – erforderlich sind unter anderem Wissensbestände aus der ökologischen und ökonomischen Gebäudebewertung und der Softwareentwicklung – wurde das Vorhaben mit den Kooperationspartnern der Bergischen Universität Wuppertal und des Österreichischen Ökologie-Instituts Wien durchgeführt. Ein zentraler Aspekt des Vorhabens bestand außerdem in der transdisziplinären Einbindung von Anwender- und externem Fachwissen. Der kommunikative Schwerpunkt des Projekts lag entsprechend in der Durchführung von Expertenworkshops und Feedbackprozessen.

Das Projekt konzentrierte sich in vier Arbeitsphasen auf die Auswertung von bereits bestehenden Erfahrungen zur Integration externer Kosten in Europa, die Entwicklung eines mit den deutschen Rahmenbedingungen (Methodenkonvention, Normen etc.) und Nutzeranforderungen (Bundesbauverwaltung/BBR) abgestimmten Software-Tools zur Wirtschaftlichkeitsberechnung von Baumaßnahmen (Planung, Neubau, Umbau, Sanierung, Modernisierung) sowie seiner praktischen Anwendung anhand der ökobilanziellen Daten von sechs Bestandsbauten des Bundes. In der abschließenden vierten Projektphase wurden schließlich Empfehlungen zur Einbindung des Faktors "Externe Kosten" in die Praxis nachhaltigen Bauens und die Bundesbauverwaltung gegeben.

Ergebnisse

Bedeutung externer Kosten im Gebäudebereich

Anhand der erstmaligen Untersuchung von sechs Beispielgebäuden konnte eine hohe politische wie wirtschaftliche Bedeutung externer Kosten für den Gebäudebetrieb herausgearbeitet werden. Auf Basis der vorgegebenen Gebäudedaten und Kostensätze für die betrachteten Umweltschadenskategorien erweisen sich externe Kosten als relevante volkswirtschaftliche und umweltpolitische Größe, die bei der Weiterentwicklung nachhaltigen Bauens zu berücksichtigen sein wird. Dies soll nach Ansicht der Autoren insbesondere im Form eines eigenständigen volkswirtschaftlichen Kriteriums im System des Bewertungssystem Nachhaltiges Bauen für Bundesgebäude (BNB) und dem des korrespondierenden Deutschen Gütesiegels Nachhaltiges Bauen (DGNB) erfolgen, um die bewertbaren ökonomischen Parameter nachhaltigen Bauens über betriebswirtschaftliche Gesichtspunkte hinaus auf volkswirtschaftliche Fragestellungen sinnvoll zu vervollständigen.

Die Grundlage für diese Schlussfolgerungen lieferten die zentralen Ergebnisse aus den Berechnungen externer Kosten anhand der untersuchten sechs Beispielsgebäude:

  • Mit gesamten externen Kosten zwischen 502.891,92 und 4.865.124,22 Euro in einem 80 Jahre währenden Betrachtungszeitraum (den ersten 80 Jahren ab der Erstellung/Fertigstellung) und resultierenden absoluten jährlichen externen Kosten von durchschnittlich 29.702,14 Euro (die Spannbreite lag zwischen 6.286,15 und 60.814,05 Euro/Jahr) wurde eine für den Gesamt-Gebäudebestand in Deutschland [rund 37,8 Mio. Wohneinheiten mit 2,9 Milliarden m² Wohnfläche bzw. Gesamtgebäudebestand rund 19 Millionen Gebäude (dena 2006)] bedeutsame Größenordnung ermittelt.
  • Auf die Bruttogeschossflächen der Gebäude bezogen, lagen die externen Kosten der betrachteten Beispielgebäude zwischen 277,09 und 436,14 Euro pro m² BGF in 80 Jahren bzw. zwischen 3,46 und 5,45 Euro pro m² BGF pro Jahr.
  • Externe Kosten betragen im Durchschnitt 15 Prozent der Betriebs- und Instandhaltungskosten der in der Studie betrachteten Gebäude.
  • Würden externe Kosten in die Investitionskosten-Kalkulation einbezogen, lägen die "wahren", d.h. die Umweltschadenskosten internalisierenden, Erstellungskosten um 21,47 bis 41,24 Prozent der Neubaukosten höher. Im Durchschnitt ergibt sich auf Basis der sechs untersuchten Gebäude eine Erhöhung der Neubaukosten um etwa 34,5 Prozent.



Bild

Diese Berechnungen wurden anhand der Werte für externe Kosten auf Grundlage des deutschen Strommix durchgeführt. In einem zweiten Schritt wurde in der Studie eine Berücksichtigung der erneuerbaren Anteile des Indikators Primärenergie über einen eigens ermittelten Kostensatz eingeführt. Nach den Ergebnissen dieser Berechnungen ist die gesonderte Berücksichtigung der erneuerbaren Anteile von Energieträgern (über den Indikator Primärenergie) dringend zu empfehlen, da nur so eine realistische Abbildung der Umweltwirkungen von Gebäuden im Lebenszyklus ermöglicht wird. Denn: Berechnet man die erneuerbaren Primärenergie-Anteile nicht mit dem einheitlichen Kostensatz für den deutschen Strommix, sondern mit dem in dieser Studie ermittelten, ergibt sich eine Reduzierung der externen Kosten. Als positive Effekte zeigen sich geringere flächenbezogene Kosten zwischen 3,11 und 5,07 Euro/ m² BGF und durchschnittlichen 3,89 Euro/ m² BGF pro Jahr.

Mit dem in der Studie entwickelten GUO-Tool (Gebäude-Umweltkosten-Online, per Internet zugänglich) wird die einfache Berechnung der externen Kosten von Gebäuden und auch die Abbildung von Bestandsgebäuden ermöglicht. Damit können externe Kosten für Entscheidungsprozesse zum Nachhaltigen Bauen genutzt werden. Vorstellbar ist ein Einsatz in Architektur-Wettbewerben, indem beispielsweise Daten zu externen Kosten der geplanten Konzepte eingefordert werden

Konstatierter Forschungsbedarf zum Thema "Externe Kosten im Baubereich"

Die Recherchen und Ergebnisse der Studie zeigten auch Erfordernisse auf, die für die Weiterentwicklung der Berücksichtigung externer Kosten notwendig erscheinen. Dies sind vor allem:

  • Untersuchungen zur Bedeutung von Baukonstruktion, TGA und Betriebsmitteln hinsichtlich des Anteils externer Kosten von Gebäuden
  • Integration von wichtigen zusätzlichen Wirkpotenzialen wie beispielsweise NO2, VOC, Flächenverbrauch und Biodiversität und Verkehr
  • Durchführung von Sensitivitätsrechnungen in Bezug auf die Kostenkorridore der Kostensätze für Treibhausgase (CO2-Äquivalente), um die Auswirkungen des von der Methodenkonvention vorgeschlagenen Korridors von 20 - 280 Euro / t CO2 auf die externen Kosten abschätzen zu können.
  • Bildung repräsentativer Referenzwerte durch Analyse und Auswertung einer höheren Anzahl von Gebäuden
  • Erarbeitung von Gebäudetypologien zur besseren Abschätzung externer Kosten im Gebäudebestand
  • Erweiterung der Erfassung und Bewertung von Betriebsmitteln (Frischwasserverbrauch, Abwasser)
  • Klärung Rolle der Primärenergie
  • Eine wichtige Option des im Vorhaben entwickelten Software-Tools wird für künftige Nutzer die Berechnung von Varianten bei der Gebäudeplanung sein. Die Entwicklung von Importmöglichkeiten (XML) aus Datenbankdateien ist hierbei eine wichtige Verbesserungsmöglichkeit des Software-Instruments.

Empfehlungen der Studie

Zur Anwendung der Ergebnisse der Studie wurde eine Reihe von kurz-, mittel- und langfristigen Umsetzungsmaßnahmen entwickelt (s. Abb. 2). Einige der zentralen Schlussfolgerungen sind:

  1. Entwicklung eines Anhangs "Externe Kosten" für den Leitfaden Nachhaltiges Bauen des Bundesbauministeriums BMVBS
  2. Entwicklung einer internen Vorgabe für die Anwendung (Integration externer Kosten in die Gebäudeplanung in der Bundesbauverwaltung). Die Umsetzung einer verwaltungsinternen Richtlinie sollte einen Prozess darstellen, der mehr als das Verfassen eines singulären Schriftstücks ist.
  3. Einbindung der entwickelten Software zur Berechnung externer Kosten von Gebäuden (GUO – Gebäude-Umweltkosten-Online) im Informationsportal Nachhaltiges Bauen des BMVBS.

    Bild

Das Berechnungswerkzeug "Gebäude-Umwelt-Online" (GUO) zur Ermittlung externer Kosten im Hochbau können Sie hier herunterladen.

Download auf https://www.bbsr.bund.de/

Veröffentlichungen

BMVBS (Hrsg.): Externe Kosten im Hochbau. BMVBS-Online-Publikation 17/2010
>> weitere Informationen

Projektbeteiligte
Eckdaten
Schlagworte zum Projekt : Kosten, Hochbau, Umweltkosten, Wirtschaftlichkeitsberechnungen, Neubauplanung
Projekt auf der Webseite des BBSR : https://www.bbsr.bund.de/BBSR/DE/forschung/programme/zb/Auftragsforschung/2NachhaltigesBauenBauqualitaet/2010/ExterneKostenHochbau/01_start