Inhalte
Entwicklung von Bewertungsmaßstäben für das Bewertungssystem Nachhaltiger Wohnungsbau
Entwicklung von Bewertungsmaßstäben für das Bewertungssystem Nachhaltiger Wohnungsbau
Entwicklung von Bewertungsmaßstäben für das Bewertungssystem Nachhaltiger Wohnungsbau
09.2010
11.2011
abgeschlossen mit Bericht
Das Bewertungssystem Nachhaltiges Bauen ermöglicht es, die Nachhaltigkeitsqualität von Büro- und Verwaltungsgebäuden zu bestimmen. Ziel des Forschungsprojekts war es, das Bewertungssystem auch für den Wohnungsbau anwendbar zu machen. Um die Lebenszykluskosten und die Ökobilanz von Mehrfamilienhäusern zu bewerten, wurden Ziel-, Referenz- und Grenzwerte entwickelt.Projektlaufzeit: September 2010 - August 2011
Die Arbeitsgruppe Nachhaltiger Wohnungsbau hat den Zertifizierungsrahmen auf größere Mehrfamilienhäuser von 6 bis 100 Wohneinheiten eingegrenzt. Zur Bewältigung der Lösungsvielfalt und zweckgerichteten Erzeugung von Orientierungswerten für Lebenszykluskosten (LCC) und Ökobilanz (LCA) wurde die Methodik des Typvertreters (Modellierung von Typvertretergebäuden mit den für die Typenreihe charakteristischen Merkmalen) angewendet.
Die Gebäude wurden unterschieden nach
- ihrem energetischen Niveau,
- der Konstruktionsart der Primärkonstruktion,
- der Ausstattung Innenausbau und technische Anlagen.
Durch die vollständige Beschreibung verschiedener Typvertreter und deren Variantenmodellierung in der Software wurden Wertekorridore für unterschiedliche Indikatoren der LCC und LCA erzeugt. Dabei wurde der gesamte Lebenszyklus der Gebäude für einen vorgegebenen Betrachtungszeitraum berücksichtigt.
Auftragnehmer des Forschungsprojektes war die Ascona Gesellschaft für ökologische Projekte König-Jama GbR, Gröbenzell.
Konzept
Auswahl der Gebäudetypen
Für die Untersuchung wurden als Typvertreter zwei Gebäude modelliert, die bezüglich der Größe (Brutto-Rauminhalt -BRI-, Bruttogrundfläche -BGF-, Nettogrundfläche -NGF- und Wohnfläche -WF-) mit der Gebäudesammlung des Baukosteninformationsdienstes verglichen werden. Ziel war die Prüfung dieser Gebäude auf durchschnittliche Repräsentanz.
Diese beiden Basistypen wurden um weitere Typvertretergebäuden ergänzt, die der Gebäudetypologie entsprechen. Es wurde zusätzlich ein Laubengangtyp erfasst und die Gebäudegröße variiert.
Die Modellgebäude wurden variiert. Entsprechend der Typologiesystematik wurden verschiedene Aspekte berücksichtigt:
- Energetisches Niveau
- Bauweise Primärkonstruktion
- Wärmeerzeugung und Energieträger
Durch die Variantenbildung standen insgesamt 40 Gebäude zu Auswertung zur Verfügung.
Berechnung von Lebenszykluskosten und Ökobilanz
Voraussetzungen für die Erzeugung von Ziel-, Referenz- und Grenzwerten sind
- die gleiche Erhebungsmethodik für die Gebäude,
- die Anwendung derselben Rechenregeln,
- eine einheitliche, genormte Bezugsgröße der Berechnungsergebnisse.
Die Rahmenbedingungen der Berechnungen der Lebenszykluskosten werden in der folgenden Tabelle 1 dargestellt.
Rahmenbedingung Barwertberechnung | Bewertungssystem Nachhaltiger Wohnungsbau |
Betrachtungszeitraum | 50a |
Lebenszyklusphasen | Herstellung Ver- und Entsorgung Reinigung Wartung Instandsetzung |
Rechenverfahren Energiebedarf | DIN 4108-6, DIN 4701-10 |
Strombedarf | Hilfsenergie technische Anlagen |
Inflationsrate | 2 % |
Zinsrate | 5,5 % |
Steigerung Energiekosten | 4 % |
Energiekosten | Angabe Steckbrief 16 Strom 17 Cent/kWh Fernwärme 9 Cent/kWh |
Regelmäßige Instandsetzung | % nach VDI 2067 |
Nutzungsdauern | Leitfaden Nachhaltiges Bauen, VDI 2067 |
Unregelmäßige Instandsetzung | Nach Nutzungsdauern in Jahren je nach Bauteil |
Wirtschaftlichkeitsberechnung | Barwertberechnung mit 3,5 % Realzins |
Bezugsgröße | m² Bruttogrundfläche a, b, c |
Tabelle 1: Rahmenbedingung der Lebenszykluskostenrechnung
Durch die Modellierung der Gebäude sind alle Bauteile individuell beschrieben und mengenmäßig erfasst.
Die Bauelemente sind hinsichtlich der in ihnen enthaltenen Bauprodukte nach Gewicht erfasst und mit den entsprechenden Ökobilanzmodulen verknüpft. Der Baustellenprozess selbst wird bei der vorgesehenen Ökobilanzierung nicht berücksichtigt. Damit werden auch Transportverluste auf dem Weg zur Baustelle und Materialverschnitte auf der Baustelle nicht erfasst.
Innerhalb der LEGEP-Software (Lebenszyklus Gebäude Planung, Werkzeug für die integrale Lebenszyklusanalyse) werden für die Ökobilanzierung als Datenbasis die Basisdaten der Ökobau.dat angeboten: Ökobau.dat ist die Datenbank des BMVBS für die Ökobilanzierung in Deutschland. Sie ist bei der Zertifizierung nach BNB anzuwenden.
Jede Phase des Lebenszyklus kann separat angezeigt und bewertet werden. Berücksichtigt werden für die Umweltbilanzen die Phasen:
- Herstellung, ohne Transporte und Baustelleneinbau
Nutzungsphase: keine Reinigung, keine Wartung
- Betrieb
- Instandsetzung
End of Life (EOL): kein Rückbau
- Entsorgung
Die Bezugsgröße für alle die Auswertung ist ein m² Nettogrundfläche (NGF a) des Gebäudes.
Rahmenbedingung Ökobilanzberechnung | Bewertungssystem Nachhaltiger Wohnungsbau |
Betrachtungszeitraum | 50a |
Lebenszyklusphasen | Herstellung Versorgung Instandsetzung Entsorgung |
Verwendete Datenbank | Ökobau.dat |
Rechenverfahren Energiebedarf | DIN 4108-6, DIN 4701-10 |
Strombedarf | Hilfsenergie technische Anlagen |
Nutzungsdauern | Leitfaden Nachhaltiges Bauen, VDI 2067 |
Bezugsgröße | m² Bruttogrundfläche a, b, c |
Tabelle 2: Rahmenbedingungen der Ökobilanzberechnung
Ergebnisse
Lebenszykluskosten
Die Zusammenstellung der Barwerte der Lebenszykluskosten ergibt einen Mittelwert knapp unter 1.400 €/m² BGF a, b, c. Die Standardabweichung beträgt 168 €.
Im Gegensatz zu den Lebenszykluskosten von Bürogebäuden entfallen einige kostenintensive Bereiche, zum Beispiel Reinigungskosten der Geschossflächen und Sanitärgegenstände, Wartungskosten großer Haustechnikgeräte, Instandsetzungskosten von komplexen Haustechniksystemen, Strombedarf für Geräte und Beleuchtung. Deshalb fallen die Folgekosten erheblich geringer aus und damit auch die Höhe des Barwerts. Die Bedeutung der Herstellungskosten steigt hingegen im umgekehrten Verhältnis. Geringere Spielräume als beim Bürobau geben die sehr ähnlichen Wohnbedürfnisse und daraus resultierenden Grundrisslösungen sowie die engen ökonomischen Grenzen des Marktes.
Im Ergebnis hat sich bei den Berechnungen ein sehr enger Korridor ergeben.
Der Orientierungswert liegt ungefähr halb so hoch wie beim System für Bürogebäude (2.900 €). Die einzelnen Sprünge zu den Ziel- und Grenzwerten umfassen nur 50 € im Vergleich zum Fünffachen bei den Bürobauten (260 €).
Der entwickelte Korridor zwischen Grenzwert (G) im Sinne der oberen Grenze für die Lebenszykluskosten, Referenzwert (R) und Zielwert (Z) im Sinne minimaler Lebenszykluskosten ist in Abbildung 3 grün hinterlegt.
Zwei Gebäude überschreiten den Grenzwert, vier Gebäude unterschreiten den Zielwert. Die Abstufung ist plausibel, da sie sowohl die Abstufung bei den Herstellungskosten, bei den erreichten Energiebedarfswerten und damit bei den Energiekosten und die sonstigen Folgekosten der Bauweise und technischen Ausstattung widerspiegelt. Es zeigt sich auch, dass der Zielwert von Gebäuden dann unterschritten werden kann, wenn es gelingt, zum Beispiel eine günstige Performance beim Energiebedarf mit günstigen Herstellungskosten zu verbinden.
Indikator | Einheit | Grenzwert | Referenzwert | Zielwert |
Lebenszykluskosten | Barwert €/m² BGF a,b,c | 1.600 | 1.400 | 1.150 |
Tabelle 3: Ergebnis Benchmark Indikator Lebenszykluskosten nach Steckbrief
Sollen die Anforderungen des Steckbriefs 2.2.1 Lebenszykluskosten des BNB für Bürogebäude auch im Wohnungsbau erfüllt werden, kann die Punkteverteilung folgendermaßen gestaltet werden.
Barwert | €/m² BGF a, b, c Jahr |
100 Punkte | 1.150 |
90 | 1.200 |
80 | 1.250 |
70 | 1.300 |
60 | 1.350 |
50 Referenzwert | 1.400 |
40 | 1.450 |
30 | 1.500 |
20 | 1.550 |
10 | 1.600 |
Tabelle 4: Ergebnis Benchmark Indikator Lebenszykluskosten nach Punkten
Durch die Auswertung der Berechnungen der Ökobilanz für die Gruppe der Typvertreter der Mehrfamilienhäuser können Ziel-, Orientierungs- und Grenzwerte für die einzelnen Indikatoren ermittelt werden. Diese werden in den folgenden Tabellen noch einmal zusammengestellt.
Die erreichten Werte der einzelnen Indikatoren konnten bereits in der Erprobungsphase einer Plausibilitätsprüfung unterzogen werden. Die Über- oder Unterschreitungen der Grenz- oder Zielwerte sollten im Rahmen der Erprobungsphase des Gesamtsystems als Anregung für eine Überarbeitung/Anpassung der Benchmarks dienen. Folgende Vorschläge werden unterbreitet:
- Erweiterung des Untersuchungsrahmens mit einer größeren Varianz der Gebäude bezüglich des Primärkonstruktionsmaterials
- Erweiterung des Untersuchungsrahmens mit einer größeren Varianz der Gebäude bezüglich des eingesetzten Energieträgers
- Erweiterung des Untersuchungsrahmens mit einer größeren Varianz der Gebäude bezüglich des unterschiedlichen EnEV-Niveaus
Indikator | Einheit | _Referenz | f Grenz | f Ziel |
Treibhausprotenzial | kg CO2-equ./m² NGF und Jahr | 17,00000000 | 1,40 | 0,70 |
Ozonabbau | kg CFC11-equ./m² NGF und Jahr | 0,00000100 | 2,00 | 0,70 |
Ozonbildungspotenzial | kg C2H4-equ./m² NGF und Jahr | 0,01000000 | 1,40 | 0,70 |
Versauerungspotenzial | kg SO2-equ. /m² NGF und Jahr | 0,05000000 | 1,40 | 0,70 |
Überdüngungspotenzial | kg PO4-equ. /m² NGF und Jahr | 0,00500000 | 1,40 | 0,70 |
Primärenergie ne | kWh PE ne/m² NGF und Jahr | 75,00000000 | 1,40 | 0,70 |
Primärenergie ern | kWh PE ern/m² NGF und Jahr | 25,00000000 | ||
Primärenergie gesamt | kWh PE ges. /m² NGF und Jahr | 100,00000000 | 1,40 | 0,70 |
% Anteil Primärenergie ern | % | 15 | 0,5 | 1,7 |
Tabelle 5: Übersicht Ziel-, Referenz- und Grenzwerte Ökobilanz MFH
Wenn die Bewertung mehr auf den Charakter des Erfüllungsgrades abgestellt wird, könnte die Einstufung in der nachfolgenden Darstellung erfolgen:
Indikator | Einheit | Niveau* | Niveau** | Niveau*** |
Treibhauspotenzial | kg CO2-equ./m² NGF und Jahr | 23,80 | 17,00 | 11,90 |
Ozonabbau | kg CFC11-equ./m² NGF und Jahr | 0,00000200 | 0,00000100 | 0,00000070 |
Ozonbildungspotenzial | kg C2H4-equ./m² NGF und Jahr | 0,014 | 0,010 | 0,007 |
Versauerungspotenzial | kg SO2-equ. /m² NGF und Jahr | 0,070 | 0,050 | 0,035 |
Überdügungspotenzial | kg PO4-equ. /m² NGF und Jahr | 0,0070 | 0,0050 | 0,0035 |
Primärenergie ne | kWh PE ne/m² NGF und Jahr | 105,00 | 75,0 | 52,50 |
Primärenergie ern | kWh PE ern/m² NGF und Jahr | 35,00 | 25,00 | 17,25 |
Primärenergie gesamt | kWh PE ges. /m² NGF und Jahr | 140,00 | 100,00 | 70,00 |
% Anteil Primärenergie ern | % | 7,50 | 15,0 | 25,0 |
Tabelle 6: Übersicht Benchmark Ökobilanz MFH nach Erfüllungsniveau
Das Ergebnis der Bewertung bestätigt sowohl die Anwendbarkeit der Rechenregeln durch die Plausibilität der Ergebnisse als auch die Bedeutungsrelevanz der angebotenen Wertekorridore.
Eine ausführliche Darstellung der Ergebnisse finden Sie im Endbericht unter "Veröffentlichungen".
Veröffentlichungen
Entwicklung von Bewertungsmaßstäben für das Bewertungssystem Nachhaltiger Wohnungsbau - Endbericht
Download auf https://www.bbsr.bund.de/
Projektbeteiligte |
---|
Eckdaten | |
---|---|
Schlagworte zum Projekt : | Bewertungssystem, Nachhaltiges Bauen, Wohnungsbau |
Projekt auf der Webseite des BBSR : | https://www.bbsr.bund.de/BBSR/DE/forschung/programme/zb/Auftragsforschung/2NachhaltigesBauenBauqualitaet/2011/BewertungsmassstaebeNWB/01_start |