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Entwicklung der Marktstruktur im deutschen Baugewerbe

Projektbeschreibung

Projektbeteiligte

Eckdaten

Entwicklung der Marktstruktur im deutschen Baugewerbe


Projektnummer
Projektbeginn
09.2018
Projektende
01.2020
Projektstatus
abgeschlossen mit Bericht

Die durchschnittliche Betriebsgröße im Bauhauptgewerbe liegt bei unter zehn Mitarbeitern. Die Studie soll die Gründe für diese Kleinteiligkeit der Betriebe untersuchen und die sich daraus ergebenden Auswirkungen auf Baupreise und Unternehmensbonität aufzeigen.Projektlaufzeit: September 2018 – Oktober 2019

Ausgangslage

Die Bauwirtschaft in Deutschland ist durch eine Kleinteiligkeit der Unternehmen geprägt. Setzt man die rund 2,5 Millionen Erwerbstätigen in Relation zu den fast 389.000 vom Unternehmensregister erfassten Unternehmen im Baugewerbe, in denen sie 2017 tätig waren, erhält man eine durchschnittliche Erwerbstätigenzahl von rund 6,4 Erwerbstätigen pro Unternehmen.

Im Jahre 2002 lag der Durchschnitt noch bei 8 und 1994 sogar bei knapp 11 Erwerbstätigen. Obwohl die aktuelle Zahl an Erwerbstätigen pro Unternehmen fast doppelt so hoch liegt wie in Spanien oder Italien, erweckt die rückläufige Entwicklung den Eindruck einer zunehmenden Kleinteiligkeit im deutschen Baugewerbe.

Ziel

Ziel dieser Studie war es, die Marktstruktur im deutschen Baugewerbe zu beleuchten und Gründe sowie mögliche Auswirkungen der Kleinteiligkeit zu analysieren. Von Interesse waren neben den historischen Entwicklungen auch die Tendenzen am aktuellen Rand.


Auftragnehmer des Forschungsprojektes war das Zentrum für europäische Wirtschaftsforschung (ZEW), Mannheim.

Konzept

Die Bearbeitung der Fragestellung erfolgte auf empirische Weise unter Rückgriff auf Expertengespräche und einschlägige Literatur. Es wurden verschiedene Datenquellen herangezogen mit der Motivation, eine möglichst lange Entwicklung abbilden zu können. Dabei wurden sowohl öffentlich verfügbare Daten als auch ZEW-eigene Daten aus dem Mannheimer Unternehmenspanel verwendet.

Mithilfe von Daten zu mehr als 707.000 einzelnen Unternehmen, die im Zeitraum 2000 bis 2016 im Baugewerbe aktiv waren, wurden ökonometrische Regressionsanalysen auf Landkreisebene durchgeführt und deren Ergebnisse zur Beantwortung von zuvor entwickelten Hypothesen verwendet. Neben der durchschnittlichen Unternehmensgröße wurde auch eine alternative Kennzahl für die Kleinteiligkeit verwendet, welche als Mitarbeitenden-Hirschmann Herfindahl Index (Mitarbeitenden-HHI) bezeichnet wird. Definiert im Intervall von 0 bis 100 deuten niedrigere Werte auf eine höhere Kleinteiligkeit hin, d.h. es sind mehr Unternehmen mit wenigen Mitarbeitenden vorhanden

Ergebnisse

Die Ergebnisse zeigen, dass die durchschnittliche Unternehmensgröße im Baugewerbe durch die Liberalisierung der Handwerksordnung und die EU-Osterweiterung negativ beeinflusst wird. Höhere öffentliche Ausgaben haben dagegen einen positiven Einfluss auf die durchschnittliche Unternehmensgröße, ebenso wie niedrigere Zinsen. Derartige Einflüsse finden sich jedoch nicht in Bezug auf den Mitarbeitenden-HHI. Da der Durchschnitt nicht sehr robust gegenüber Ausreißern ist, bedeuten die Ergebnisse des Mitarbeitenden-HHI vielmehr, dass die generelle Marktstruktur kaum berührt ist. Dass die durchschnittliche Unternehmensgröße beeinflusst wird, aber die Konzentration nicht, spricht dafür, dass durchgehend eine gewisse Kleinteiligkeit vorliegt.

Der Eindruck einer zunehmenden Kleinteiligkeit, welcher oft an der rückläufigen Zahl an Erwerbstätigen pro Unternehmen festgemacht wird, bestätigt sich demnach nicht. Vielmehr lässt sich diese Entwicklung durch das Entstehen und Verschwinden von großen Bauunternehmen (insbesondere im Bauhauptgewerbe) erklären, welche den Baubedarf und die Änderungen in der Bauorganisation widerspiegeln. Mit dem Übergang von einem Anbietermarkt ohne großes Preisbewusstsein zu einem Nachfragemarkt verstärkt sich der Preiswettbewerb. Die grundsätzliche Kleinteiligkeit in Form von vielen kleinen Unternehmen impliziert eine noch stärkere Konkurrenzsituation, die tendenziell – wenn auch im geringem Maße – die Bonität der Unternehmen beeinträchtigen kann. Im Bauhauptgewerbe sind skalenbedingte Produktivitätssteigerungen zwar denkbar, gehen aber zulasten der Flexibilität. Aufgrund von erhöhten Opportunitätskosten aus nicht beschäftigten Ressourcen scheinen Skaleneffekte nur in Zeiten eines länger anhaltenden Baubooms und bei entsprechend großen Losgrößen denkbar.

Dass in den jüngsten Jahren kein Wachstum der Unternehmensgröße auf ein Niveau wie nach der Wiedervereinigung stattgefunden hat, lässt sich auch durch den gewandelten Bauprozess erklären. Die Zunahme an Projektsteuerung und -entwicklung als Antwort auf die Nachfrage nach ganzheitlichen Leistungen hilft, mögliche Koordinations- und Informationsprobleme zu reduzieren, bedingt aber gleichzeitig eine verstärkte Spezialisierung der Bauunternehmen bzw. den Bedeutungsverlust von großen Generalunternehmern.

Die Marktstruktur, wie sie im Moment im Baugewerbe vorliegt, erscheint im Allgemeinen wenig kontraproduktiv für die Unternehmen zu sein, sondern trägt vielmehr der besonderen Charakteristika der einzelnen Produzentengruppen und der Nachfrage Rechnung.

Veröffentlichungen

Entwicklung der Marktstruktur im deutschen Baugewerbe
BBSR-Online-Publikation 18/2019, Hrsg.: BBSR, Dezember 2019
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Projektbeteiligte
Eckdaten
Schlagworte zum Projekt : Kleinteiligkeit, Betriebsgröße, Baugewerbe, Baupreise
Projekt auf der Webseite des BBSR : https://www.bbsr.bund.de/BBSR/DE/forschung/programme/zb/Auftragsforschung/1Wertschoepfung/2018/marktstruktur/01-start