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Determinanten der Entwicklung des Gewerbebaus

Projektbeschreibung

Projektbeteiligte

Eckdaten

Determinanten der Entwicklung des Gewerbebaus


Projektnummer
Projektbeginn
11.2016
Projektende
03.2018
Projektstatus
abgeschlossen mit Bericht

Ein Merkmal der vielerorts seit einigen Jahren konstatierten Schwäche der privaten Investitionstätigkeit in Deutschland ist die nur sehr geringe Dynamik der gewerblichen Bauinvestitionen. Das Forschungsprojekt hat die Gründe dafür untersucht und die Determinanten der Wirtschaftsbauinvestitionen herausgearbeitet. Dabei wurden auch die Zusammenhänge zwischen den verschiedenen gewerblichen Investitionsarten untersucht. Nicht zuletzt sollte überprüft werden, ob sich die Entwicklung der gewerblichen Bauinvestitionen von der der Ausrüstungsinvestitionen entkoppelt hat.Projektlaufzeit: November 2016 – Dezember 2017

Ausgangslage

Nicht erst seit der Finanz- und Wirtschaftskrise 2007 ist in der öffentlichen Diskussion immer wieder die schwache Investitionstätigkeit in Deutschland ein Thema. Hintergrund ist die seit 1991 teils verhaltene Entwicklung privater Investitionen. Vor allem die Bauinvestitionen sind deutlich zurückgegangen und stehen damit im Gegensatz zur allgemeinen wirtschaftlichen Entwicklung - gemessen am Bruttoinlandsprodukt und an den anderen Investitionsarten (Ausrüstungen und Sonstige Anlagen).

Eine genauere Betrachtung der privaten Bauinvestitionen in Form von Investitionen in Wohnbauten und Nichtwohnbauten legt offen, dass vor allem der gewerbliche Bau nach 1991 zur Schwäche neigte und erst in den vergangenen zehn Jahren eine leichte Erholung erfuhr. Der Sachverständigenrat zur Beurteilung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung (SVR) stellte in seinem Jahresgutachten 2014/15 eine Entkopplung der Ausrüstungs- und Gewerbebauinvestitionen fest. Nicht klar ist hierbei, ob es sich um ein vorübergehendes Phänomen als Folge des Baubooms nach der Wiedervereinigung handelt oder ob andere strukturelle Ursachen die verhaltenen Investitionen bedingen.

Ziel

Gegenstand der Untersuchung war es, die Gründe für die Entwicklung der Gewerbebauinvestitionen herauszuarbeiten. Dabei sollten auch die Zusammenhänge zwischen den verschiedenen gewerblichen Investitionsarten untersucht werden. Nicht zuletzt sollte die Hypothese überprüft werden, ob sich die Entwicklung der gewerblichen Bauinvestitionen tatsächlich von der der Ausrüstungsinvestitionen entkoppelt hat.


Auftragnehmer des Forschungsprojektes war Kiel Economics Research & Forecasting GmbH & Co. KG, Kiel.

Konzept

Das Forschungsprojekt war in erster Linie empirisch angelegt. Als Datenbasis für alle empirischen Analysen wurden je nach Verfügbarkeit und Zweckmäßigkeit Zeitreihen der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung (VGR), der amtlichen Fachstatistiken für die Bautätigkeit und des vom DIW berechneten Bauvolumens herangezogen.
Das Forschungsprojekt gliederte sich in drei Schritte:

Im ersten Schritt wurden die langfristigen Entwicklungslinien der Investitionen im gesamtwirtschaftlichen Wachstumsprozess nachgezeichnet. Dazu diente eine Analyse der Investitionsquoten in Form von Preis- und Mengeneffekt sowie die detaillierte Betrachtung der Investitionsarten im Konjunkturzyklus mittels statistischer Filterverfahren sowie der Berechnung "Durchschnittlicher Rezessionen und Erholungen" nach McLaughlin (1982).

In einem zweiten Schritt wurde der Zusammenhang zwischen Investitionen in Nichtwohnbauten und Ausrüstungen näher untersucht. Dabei wurde zunächst weiter deskriptiv vorgegangen und mittels Kreuzkorrelationen und graphischer Analyse die Beziehung zwischen den Investitionsarten herausgearbeitet. Ergänzend wurden die Investitionen mit Hilfe von strukturellen Modellen beschrieben, in denen die Bestimmungsgrößen gemäß der neoklassischen Spezifikation von Jorgenson (1967) die gesamtwirtschaftliche Nachfrage und die realen Kapitalnutzungskosten sind. Hierbei wurde auch explizit auf die Entwicklung und Bedeutung des Kapitalstocks sowie der Kapitalnutzungskosten eingegangen. Gegenstand dieser Arbeitsschritte und Methoden waren sowohl die aggregierten Größen als auch die nach Bauarten und Branchen disaggregierten.

Im letzten Schritt wurden dann weitere Hypothesen zur Entwicklung der gewerblichen Bauinvestitionen auf ihre Plausibilität hin untersucht. Hierbei handelte es sich unter anderem um die Auswirkungen des Strukturwandels auf die Investitionstätigkeit. Ebenso waren Produktionsverlagerungen und die Just-in-Time-Produktion Gegenstand einer genaueren Betrachtung.

Ergebnisse

Die beiden maßgeblichen Kapitalgüterarten Bauten und Ausrüstungen werden von den Unternehmen in Deutschland seit Jahrzehnten in einem weitgehend konstanten oder zumindest stationären Verhältnis eingesetzt. Sie zeichnen sich allerdings durch sehr unterschiedliche wirtschaftliche Abnutzungs- und Ersatzraten aus. So ist die Ersatzquote bei den Ausrüstungsgütern nicht nur höher als bei den Gewerbebauten, sondern weist auch im Zeitablauf einen steigenden Verlauf auf. Ein stationäres Einsatzverhältnis der Bestandsgrößen macht angesichts des höheren und steigenden Ersatzbedarfs höhere Bruttoinvestitionen bei den Ausrüstungsgütern als bei den Gewerbebauten nötig. Dies ist die maßgebliche Ursache für die zu beobachtende Entkopplung von Gewerbebau- und Ausrüstungsinvestitionen.

Interessanterweise ergibt sich diese Entkopplung, obwohl das Einsatzverhältnis auf der Bestandsebene um einen langfristig unveränderten Mittelwert schwankt. Dies könnte sich allerdings ändern oder hat es bereits, das lässt sich nicht genau sagen. Auf jeden Fall begünstigt die unterschiedliche Preisentwicklung bei Ausrüstungsgütern und Gewerbebauten – mit einem stark rückläufigen Relativpreis der Ausrüstungsgüter – über eine Abnahme der realen Kapitalnutzungskosten die Nachfrage nach Ausrüstungen zulasten der Gewerbebauten und trägt damit zusätzlich zur Entkopplung der Investitionskomponenten bei.

Weitere Ursachen für die Entkopplung der Gewerbebau- von den Ausrüstungsinvestitionen dürften in begrenztem Umfang eine Rolle gespielt haben und immer noch spielen. Die Optimierung des Produktions- und Lagerhaltungsprozesses durch die Just-in-Time-Produktion ist hier ebenso zu nennen wie die Miniaturisierung vieler Anwendungen. Zur exakten Bewertung der Effekte fehlen allerdings Daten. Da die oben genannten Faktoren bereits ausreichen, um die Entkopplung zu erklären, dürfte der Erklärungsgehalt dieser Argumente – bislang – begrenzt sein. Produktionsverlagerungen im Rahmen der Globalisierung sowie der Trend zur Dienstleistungsgesellschaft dürften hingegen keinen negativen Einfluss auf die Gewerbebauinvestitionen gehabt haben.

Neben diesen langfristig wirksamen Bestimmungsgründen kann es weitere Gründe geben, warum sich Gewerbebau- und Ausrüstungsinvestitionen zeitweilig voneinander zu entkoppeln scheinen. Der wichtigste davon ist der Konjunkturzyklus, denn Ausrüstungsinvestitionen und Gewerbebauinvestitionen verhalten sich im Konjunkturzyklus nicht identisch. Die Ausrüstungsinvestitionen schwanken deutlich stärker als die Gewerbebauinvestitionen. Gerade am aktuellen Rand kann dadurch immer wieder das Bild einer Entkopplung entstehen, zumal die verfügbaren statistischen Daten am aktuellen Rand revisionsanfällig sind.

Überlagert wurden all diese Effekte über die 1990er- und frühen 2000er-Jahre durch die Auswirkungen der deutschen Wiedervereinigung. Durch den hohen Nachholbedarf und die großzügige steuerliche Förderung wurde in Ostdeutschland nach der Wiedervereinigung ein Investitionsboom ausgelöst, dessen Wirkungen auf die Investitionsdynamik bis nach der Jahrtausendwende reichte, was zusätzlich zum Bild einer Entkopplung von Ausrüstungs- und Bauaktivität der Unternehmen beitrug. Dies war jedoch nur ein temporäres, hauptsächlich die Dynamik betreffendes Problem. Tatsächlich zeigt sich in den vergangenen zehn Jahren wieder ein stärkerer Gleichlauf auch der Zuwachsraten von Ausrüstungs- und Bauinvestitionen.

Veröffentlichungen

Determinanten der Entwicklung des Gewerbebaus
BBSR-Online-Publikation 04/2018, Hrsg.: BBSR, Februar 2018
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Projektbeteiligte
Eckdaten
Schlagworte zum Projekt : Bauinvestitionen, Baugewerbe, Gewerbebau, Investitionen
Projekt auf der Webseite des BBSR : https://www.bbsr.bund.de/BBSR/DE/forschung/programme/zb/Auftragsforschung/1Wertschoepfung/2016/determinanten-gewerbebau/01_start