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Inhalte

BBSR Research Prototype 2022 - Realisierungswettbewerb

Projektbeschreibung

Projektbeteiligte

Eckdaten

BBSR Research Prototype 2022 - Realisierungswettbewerb


Projektnummer
Projektbeginn
10.2021
Projektende
12.2023
Projektstatus
abgeschlossen ohne Bericht

Das von Zukunft Bau geförderte Forschungsvorhaben hat additive Auftragsmethoden von Furnierholz-Endlosbändern untersucht, die neuartige Leichtbaukonstruktionen ermöglichen sollen. Diese dreidimensionalen Wickelprozesse haben ein hohes Innovationspotenzial, da Hohlbauteile aus Furnierholz mit angepassten strukturellen Eigenschaften entwickelt werden können. Hierzu wird die natürliche Faserrichtung des Holzes ausgenutzt und strukturell optimiert, woraus nicht nur hoch performante Bauteile resultieren, sondern gleichzeitig auch äußerst materialeffizient und nachhaltig mit der aktuell immer knapper werdenden Ressource Holz umgegangen wird.

Ausgangslage

Durch die zunehmende Vernetzung und Automatisierung von Planung und Fertigung, materialtechnologische Fortschritte, innovative digitale Fertigungstechnologien und eine Optimierung von Gestaltungs- und Planungsprozessen mit intelligenten Algorithmen entstehen grundlegend neue Prozessketten. Auch in der Baubranche werden gestalterische und prozessuale Lösungen möglich, die vorher nicht denkbar waren. In der Forschung werden immer wieder vielversprechende Lösungen und neue Prozessstrukturen entwickelt, jedoch fehlt es häufig an den finanziellen Mitteln für einen Machbarkeitsnachweis in einem real erlebbaren Forschungsdemonstrator.

Ziel

Das anwendungsbezogene Forschungsprojekt sollte den Wissenstransfer von Forschungsergebnissen in die Praxis stärken. Dabei wurden digitalisierte Bau- und Planungsprozesse, neue Materialien und Techniken sowie architektonische Gestaltungsqualitäten und Zukunftsperspektiven angesprochen. Wissenschaftliche Erkenntnisse über neue digitale Prozessstrukturen in der Gestaltung, Fertigung und Montage sollten an einem real erlebbaren Forschungsdemonstrator für die (Fach-) Öffentlichkeit auf der Messe digitalBAU 2022 sichtbar gemacht werden. Ziel des Projektes war es, innovative und durchgängige digitale Prozessketten in einem Leuchtturmobjekt mit hoher architektonischer und räumlicher Qualität zu manifestieren. Dabei lag der Fokus auf einer Multifaktorenoptimierung verschiedener Kriterien mittels (KI-)Algorithmen.

In der Baubranche sind zunehmend ressourceneffiziente Bauweisen gefragt. Die experimentelle Holzdachstruktur sollte zeigen, wie sich die Prozessketten über den gesamten Lebenszyklus – von der Ideenfindung über Gestaltung, Entwicklung, Konstruktion, Montage bis zum Rückbau – durch intelligente und innovative Planungs- und Fertigungswerkzeuge verändern können und welche Potenziale dadurch entstehen.

Auftragnehmer waren Prof. Eversmann, Prof. Dr.-Ing Lienhard sowie Prof Dr.-Ing Philipp Geyer von der Universität Kassel.

Konzept

Forschungsleitfragen

  • Wie verändert sich der Gestaltungs- und Entwicklungsprozess durch maschinelles Lernen?

  • Welche neuen architektonischen Qualitäten und Ausdrucksformen ergeben sich durch KI und automatisierte Fertigungsprozesse?

  • Wie können durch Algorithmen verschiedene Faktoren mit unterschiedlichen Zielparametern optimiert werden?

Forschungskonzeption

Zu Projektbeginn wurde ein wettbewerblicher Dialog mit offenem Teilnahmewettbewerb durchgeführt. Dabei mussten die Teilnehmenden aufzeigen, wie sich mittels durchgängiger Prozessketten Optimierungspotenziale gegenüber konventionellen Planungs- und Fertigungsmethoden ergeben und wie diese zu kürzeren Projektlaufzeiten beitragen. Hierfür sollte eine Struktur und Konstruktionsmethodik für den Forschungsdemonstrator entwickelt werden, welche sich in wenigen Wochen vorfabrizieren und einfach montieren lässt.

Als Siegerentwurf hat das interdisziplinäre Preisgericht das Verbundforschungsprojekt der Universität Kassel ausgewählt. Das Ergebnis wurde während der Fachmesse digitalBAU 2022 in Köln mit einem innovativen Ausstellungskonzept vom BBSR präsentiert und durch Fachvorträge begleitet.

Projektvorstellung

Projektphasen / Untersuchungsmethode

Für den BBSR Research Prototype wurde ein robotisches Wickelverfahren für die Herstellung von Hohlprofilleichtbauteilen und eine KI-gesteuerte Entwurfslogik zur Optimierung verschiedener Prozessparameter entwickelt. Innerhalb des Forschungsprojekts wurden Fragestellungen zu einem geeigneten Materialsystem im Bezug zur automatisierten Prozesstechnik, resultierender Oberflächenqualität, Skalierbarkeit und Bauteilpräzision, möglichen Bauteilformen sowie generellen Möglichkeiten und Grenzen dieser Herstellungstechnik untersucht. Das Forschungsprojekt war in fünf Arbeitspakete gegliedert: 

  • Arbeitspaket 1 umfasste die experimentelle Voruntersuchung mit einer digitalen Prozesssimulation und der Herstellung von ersten Prototypen. Über Belastungstest erfolgte die Vordimensionierung des Tragwerks.

  • In Arbeitspaket 2 wurden die Prozessparameter aus dem ersten Arbeitspaket aufbereitet und dienten als Trainingsdaten für die KI-Optimierung. Zusätzlich sollten über parametrische Simulationsprozesse synthetische Trainingsdaten erzeugt werden. Hiermit sollte ein Empfehlungssystem zur Konfigurations- und Prozessoptimierung trainiert werden.
  • In Arbeitspaket 3 wurde die Herstellung der einzelnen Bauteilmodule vorbereitet. Hierzu wurden Schalungs- und Verbindungselemente gefertigt.

  • Die Produktion der Boden- und Deckenmodule, der Stützen und der Wand- und Fassadenelemente erfolgte in Arbeitspaket 4.

  • Arbeitspaket 5 umfasste die Messevorbereitungen, den Aufbau des Forschungsdemonstrators und die Ausstellungsdurchführung.

Ergebnisse

Zu Beginn des Projekts fanden Voruntersuchungen an kleinmaßstäblichen Probekörpern statt, anhand derer die Bauteileigenschaften des Materialsystems überprüft und optimiert wurden. Dies beinhaltete unter anderem die Auswahl geeigneter Klebstoffsysteme, die für die Fügung der einzelnen Lagen mit der Fertigungstechnik in Frage kommen, sowie eine Evaluierung des Klebstoffanteils in einem Bauteil. Die Materialuntersuchungen dienten als Basis für strukturelle Berechnungen und eine Vordimensionierung des Tragwerks.

Für die Herstellung gewickelter Hohlprofile wurden – abhängig von den verschiedenen Bauteilgeometrien – Schalungssysteme konzeptioniert, detailliert ausgearbeitet und präzise gefertigt. Anhand der Bauteilgeometrien wurden unterschiedliche Wickelwinkel betrachtet und verglichen sowie Konzepte für einen optimierten Lagenaufbau erarbeitet. Computerbasierte Entwurfsmethoden für den optimierten Holzfurnierauftrag und robotergestützte Fertigungsverfahren wurden über digitale Prozesssimulation entwickelt und Prozessparameter über physische Versuche definiert. Für die robotische Fertigung wurden Auftragswerkzeuge hergestellt und im weiteren Prozessoptimiert und angepasst. Dies beinhaltete die Integration einer vollautomatisierten Klebstoffapplikation mit Untersuchungen zum Auftragsverhalten sowie dem erforderlichen Anpressdruck. Die Genauigkeit des Klebstoffauftrags und die Präzision der entstehenden Bauteile wurde durch eine Reihe von Prozessversuchen optimiert.

Im Anschluss wurden erste vollmaßstäbliche Prototypen hergestellt und analysiert, um die Fertigungstechnik zu evaluieren und zu verbessern. Darüber hinaus wurden die Prototypen einem strukturellen Belastungstest unterzogen, um die Annahmen, die für das experimentelle Materialsystem im digital generierten Strukturmodell getroffen wurden, zu überprüfen.

Parallel zur Entwicklung der Herstellungstechnik und dem Tragwerk des Forschungspavillons wurde ein Machine-Learning-Algorithmus trainiert, um Entwurfsiterationen und zukünftige Planungen mit dem komponentenbasierten Bausystem zu erleichtern. Durch Aufbereitung der zuvor untersuchten Prozessparameter wurden Trainingsdaten für eine KI-Optimierung entwickelt. Mithilfe der gewonnenen Daten wurde ein Empfehlungssystem zur Konfigurations- und Prozessoptimierung trainiert, um dieses für den Forschungspavillon und weitere Testfälle anwenden zu können.

Das Forschungsprojekt zeigte die Komplexität im Umgang mit Materialsystemen im Kontext computergestützter Entwurfs-, Konstruktions- und Fertigungstechnologien (CAD, CAE, CAM). Es wurde demonstriert, wie eine auf maschinellem Lernen basierende Echtzeit-Assistenz den Entwurfsprozess für die neuartige Bauweise unterstützen kann. Die Probleme bei der Anpassung der Simulationsdaten, die mit der nächsten Modellgeneration verbessert werden sollen, haben gezeigt, dass die Methodik eine sorgfältige Berücksichtigung der Art der Daten und der ihnen zugrundeliegenden physikalischen Modelle in Bezug auf Nichtlinearität und Randbedingungen erfordert. Die Entwurfsmethodik hat veranschaulicht, wie zeitaufwändige Struktur- und Klimasimulationen mit Hilfe von maschinell lernenden Regressionsmodellen in den Entwurfsprozess integriert werden können.

Fazit

Im Forschungsvorhaben wurde eine neue Generation additiver Technologien für den Holzbau entwickelt. Das modulare Bausystem wurde mit einem dreidimensionalen robotergestützten Wickelverfahren für materialeffiziente hohle Leichtbauteile realisiert. Eine KI-gesteuerte Konstruktionslogik ermöglicht die intelligente Kombination und Gestaltung von modularen Komponenten zu mehrstöckigen Strukturen, die in Zukunft Massivholzplatten und -träger sowie Betonplatten und Stahlprofile ersetzen könnten.

Mit dem Einsatz von Holzfurnier stellt die entwickelte Herstellungstechnik eine Alternative zu synthetischen Fasern wie Kohlenstoff- oder Glasfasern dar, die üblicherweise beim Wickeln verwendet werden, sowie zu den im Bauwesen bekannten Massivholzprodukten. Innerhalb des Forschungsprojekts wurden insbesondere der Umgang mit Ressourcen und die Entwicklung neuer Bauprozesse sowie die Etablierung klima- und umweltfreundlicher Bauweisen adressiert. Die Herstellung materialeffizienter Leichtbauteile aus Furnierholz hat ein hohes Potenzial im Hinblick auf Ressourcenschonung. Mit dem modularen Säulen- und Deckensystem, das auf großflächige Anwendungen in mehrgeschossigen Strukturen abzielt, wurden im BBSR Research Prototype neue Verfahren und Techniken für eine zukunftsweisende und nachhaltige Entwicklung demonstriert.

Ausblick

Aufgrund der kurzen Zeitspanne des Projekts haben alle Disziplinen ihre Planungs-, Simulations- und Produktionsmethoden gleichzeitig entwickelt. Die kontinuierliche Rückkopplung von Zwischenergebnissen in den Arbeitsablauf ermöglichte schnelle Entwurfsiterationen zur Steigerung der Gesamtleistung des Systems. Die Ergebnisse des KI-basierten Entwurfswerkzeugs konnten jedoch keinen Einfluss auf den endgültigen Entwurf des ersten Prototyps haben und zielen vielmehr auf die Weiterentwicklung des Systems ab. Die gute Anpassung insbesondere der Energieprognosemodelle unterstreicht das Potenzial KI-trainierter Modellen und deren Designunterstützung auf der Grundlage simulierter Trainingsdaten.

Weiterer Forschungsbedarf liegt in der Integration alternativer, biobasierter Klebstoffsysteme, die gleichzeitig eine Anwendung im Außenbereich erlauben. Darüber hinaus sollen in Zukunft durch die Weiterentwicklung der computerbasierten Entwurfsmethoden und einer ingenieurbautechnischen Untersuchung der Bauteile optimierte Geometrien mit angepassten strukturellen Eigenschaften entstehen.

Veranstaltungen

Fachmesse digitalBAU 2022 – 31. Mai bis 2. Juni 2022

Das Verbundforschungskonsortium präsentiert den Forschungsdemonstrator 3DWoodWind Research Prototype während der Fachmesse digitalBAU 2022 in Köln auf dem Messestand des BBSR. Das BBSR gestaltet während der Fachmesse ein Forenprogramm mit drei Fachvorträgen, moderiert von Johannes Fox, Referatsleiter Referat WB 4.

02.06.2022 – Forum Halle 4

14:00–14:30 Uhr: 3DWoodWind Research Prototype
Prof. Philipp Eversmann, Prof. Dr. Julian Lienhard, Prof. Dr. Philipp Geyer, Universität Kassel und Technische Universität Berlin

14:30–15:00 Uhr: Human in the loop – Wie die Zusammenarbeit von Mensch und Maschine die digitalen Design- und Fertigungsprozesse transformiert
Prof. Dr. Kathrin Dörfler, TU München

15:00–15:30 Uhr: Autonomes robotergestütztes Bauen
Prof. Dr. Oliver Tessmann, TU Darmstadt

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Zugehörige Projektseite vom Auftragnehmer

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3DWoodWind: Robotische Wickelverfahren für materialeffiziente Leichtbauteile aus Furnierholz

Projektbeteiligte
Eckdaten
Schlagworte zum Projekt : Additive Fertigung, robotische Wickelverfahren, Robotik, Vorfertigung, Bautechnik, Holzfurnier, Leichtbau, Holzbau, Materialeffizienz, Forschungsdemonstrator, Prototyp, KI-Algorithmen, Maschinelles Lernen, digitale Fertigungsprozesse, digitale Konstruktionsprinzipien, digitalBAU, Verbundforschung, 3DWoodWind, Universität Kassel
Projekt auf der Webseite des BBSR : https://www.bbsr.bund.de/BBSR/DE/forschung/programme/zb/Auftragsforschung/4Herausforderungen/2021/research-prototype/01_start