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Aktualisierte und erweitere Testreferenzjahre (TRY) von Deutschland für mittlere und extreme Witterungsverhältnisse
Aktualisierte und erweitere Testreferenzjahre (TRY) von Deutschland für mittlere und extreme Witterungsverhältnisse
Aktualisierte und erweitere Testreferenzjahre (TRY) von Deutschland für mittlere und extreme Witterungsverhältnisse
06.2009
03.2011
abgeschlossen ohne Bericht
Zur Bewertung des thermischen Verhaltens von Gebäuden, insbesondere auch des Innenraumklimas, werden spezielle Klimadatensätze benötigt, die sowohl den am fraglichen Standort durchschnittlichen als auch den extremen Witterungsverlauf innerhalb eines Jahres repräsentieren. Diese Klimadatensätze werden als "Testreferenzjahre" oder abgekürzt "TRY" (Test Reference Year) bezeichnet. Im Rahmen des vorliegenden Projektes wurden die bestehenden TRY auf eine aktuellere Datenbasis bezogen und um zusätzliche Funktionen erweitert.
Testreferenzjahre für Zwecke der thermischen Gebäudesimulation werden vom Deutschen Wetterdienst (DWD) seit 1986 bereitgestellt. Die bisher verfügbaren TRY-Datensätze basierten im Wesentlichen auf der Klimanormalperiode 1961 bis 1990. Der Klimawandel, der sich in Deutschland vor allem durch einen deutlichen Temperaturanstieg seit Ende der 1980er Jahre manifestiert, erforderte es, die Datenbasis zu aktualisieren. Darüber hinaus bestehen zunehmend Anforderungen an die TRY-Datensätze auch die mögliche zukünftige Klimaentwicklung und lokale Besonderheiten, wie die Auswirkungen des Stadtklimas, mit zu berücksichtigen.
Im Projekt wurde daher zunächst ein TRY-Datensatz mit Vergleichsbasis auf dem Zeitraum 1988 bis 2007, der Periode mit der bisher ausgeprägtesten Temperaturzunahme seit Mitte des vergangenen Jahrhunderts, entwickelt. Des Weiteren erfolgte die Bewertung des zu erwartenden Klimawandels in den kommenden 40 Jahren unter Verwendung mehrere regionaler Klimamodelle. Ein Programmmodul zur Abschätzung des Einflusses der städtischen Wärmeinsel bzw. der Höhenabhängigkeit von Lufttemperatur und Wasserdampfgehalt rundet das Gesamtpaket der neuen Testreferenzjahre ab.
Auftragnehmer des Projekts waren die Fa. Climate & Environment Consulting Potsdam GmbH, Potsdam sowie der Deutsche Wetterdienst (DWD), Offenbach/Main.
Konzept
Das Grundkonzept zur Erstellung von Testreferenzjahren (TRY) entspricht im Wesentlichen dem, welches den bisher vorliegenden TRY-Datensätzen (CHRISTOFFER et al., 2004) zugrunde liegt. Dieses Vorgehen soll einen Vergleich von alten und neuen Testreferenzjahren zur Bewertung der bisherigen Auswirkungen des Klimawandels ermöglichen.
So werden die TRY-Datensätze wie bisher auf die Einteilung Deutschlands in 15 Klimaregionen mit jeweils einer Repräsentanzstation bezogen. Bis auf eine, wegen Stationsauflösung, konnten die bisherigen Repräsentanzstationen weiter verwendet werden. Die Zusammenstellung der Testreferenzjahre erfolgte wie gewohnt anhand realer Witterungsabschnitte, die so zusammengefügt wurden, dass die langjährigen monatlichen und jahreszeitlichen Mittel und Standardabweichungen der Klimaparameter, insbesondere der Lufttemperatur, auf Basis des Zeitraumes 1988 bis 2007 bestmöglich wiedergegeben werden. Auch die Auswahl der verwendeten Klimaparameter selbst blieb unverändert.
Eine konzeptionelle Neuerung besteht in der regionalen Auswahl der Witterungsabschnitte für die mittleren TRY-Datensätze. In den bestehenden TRY wurde eine großwetterlagenbezogene Betrachtungsweise gewählt, mit der Folge, dass für Deutschland insgesamt einheitliche Witterungsabschnitte resultierten. In den jetzt vorliegenden Testreferenzjahren wurden die Witterungsabschnitte dagegen individuell für die jeweilige Klimaregion herangezogen, um die räumliche Klimavariabilität besser zu erfassen.
Auch bezüglich der extremen TRY ergab sich eine konzeptionelle Änderung. Bisher existieren nur ein extrem warmes Sommer-TRY für die Monate Juni bis August und ein extrem kaltes Winter-TRY für die Monate Dezember bis Februar. In den vorliegenden Testreferenzjahren werden jeweils ein Jahr mit einem extrem warmen Sommerhalbjahr (sommerfokussiertes extrem warmes TRY) und einem extrem kalten Winterhalbjahr (winterfokussiertes extrem kaltes TRY) bereit gestellt. Es handelt sich dabei um reale Jahre, wie sie im Vergleichszeitraum vorgekommen sind.
Komplett neu in den Testreferenzjahrdatensatz wurden die sogenannten zukünftigen TRY aufgenommen. Grundlage hierfür waren die Ergebnisse regionaler Klimaprojektionen zur Entwicklung der Lufttemperatur für die Jahre 2021 bis 2050. Im Gegensatz zu den gegenwärtigen TRY mit Bezugszeitraum 1988 bis 2007 wurden die zukünftigen TRY sowohl im Fall der mittleren als auch im Fall der extremen Datensätze aus realen Witterungsabschnitten zusammengefügt. Die Witterungsabschnitte wurden aber so gewählt, dass die projizierten langjährigen Mittel und Standardabweichungen der Lufttemperatur für die Periode 2021 bis 2050 möglichst gut erreicht werden.
Das Programmmodul zur Bewertung des Einflusses der städtischen Wärmeinsel auf die TRY-Datensätze stützt sich auf empirische Beziehungen, wie sie aus der Fachliteratur abgeleitet werden können. Dies ermöglicht eine rasche erste Abschätzung einer Modifikation der TRY durch den Stadteinfluss. Dasselbe Programmmodul ermöglicht auch eine Höhenkorrektur von Lufttemperatur und Mischungsverhältnis, wie sie bei Abweichungen von mehr als 100 Metern in der Geländehöhe zwischen Repräsentanzstation und betrachteten Standort erforderlich wird.
Das Konzept zur Höhenkorrektur bestand darin, stündliche Temperatur- und Feuchtemessungen benachbarter Stationen mit einem Höhenunterschied von mindestens 100 Metern langjährig zu analysieren. Daraus ergaben sich für jede Klimaregion mittlere stündliche Vertikalgradienten von Lufttemperatur und Mischungsverhältnis, die dann zur Höhenkorrektur dieser Parameter herangezogen werden. Das Programmmodul liefert sowohl für den Stadteffekt als auch für die Höhenkorrektur entsprechend modifizierte TRY-Datensätze, die unmittelbar in thermischen Gebäudesimulationen verwendet werden können.
Lit.: CHRISTOFFER, J.; T. DEUTSCHLÄNDER; M. WEBS, 2004: Testreferenzjahre von Deutschland für mittlere und extreme Witterungsverhältnisse TRY. Selbstverlag des Deutschen Wetterdienstes, Offenbach a. Main, ISBN-Nr.: 3-88148-398-5
Ergebnisse
Aktualisierte und an die Nutzeranforderungen angepasste Datensätze
In Anbetracht des Klimawandels wurden von den Anwenderinnen und Anwendern zunehmend eine Aktualisierung der bestehenden Testreferenzjahre nachgefragt. Die vorliegenden neuen TRY erfüllen nun diese Anforderung, indem sie sich auf die Zeitreihe 1988 bis 2007 beziehen. Dieser Zeitraum umfasst die durch eine deutliche Erwärmung seit Ende der 1980er Jahre gekennzeichnete Periode. Eine weitere Anpassung an die Nutzeranforderungen erfolgte bei den extremen Testreferenzjahren.
Bisher lagen nur entsprechende Datensätze für die meteorologischen Jahreszeiten Sommer (Juni bis August) und Winter (Dezember bis Februar) vor. Für Zwecke der thermischen Gebäudesimulation wurden jedoch mindestens halbjährige besser noch ganzjährige extreme TRY gefordert. Daher wurden im hier beschriebenen Projekt sogenannte sommerfokussierte extrem warme Sommer-TRY und winterfokussierte extrem kalte Winter-TRY entwickelt. Jedes dieser TRY enthält ein extrem warmes Sommerhalbjahr (April bis September) oder ein extrem kaltes Winterhalbjahr (Oktober bis März). Die genannten Halbjahre wurden dann mit den anschließenden sechs Monaten zu einem ganzen Jahr ergänzt.
Stadteffekt berücksichtigen
Die Daten der Testreferenzjahre beziehen sich zunächst auf die Repräsentanzstation der jeweiligen Klimaregion. Um für ein möglichst großes Gebiet repräsentative Klimadaten zu liefern, befinden sich diese Repräsentanzstationen in offenem, wenig oder gar nicht bebautem Gelände. Die thermische Bewertung von Gebäuden bezieht sich dagegen aber oft auf städtisch geprägte Räume. Um für diesen Bereich adäquate Ergebnisse zu erzielen ist der besondere Einfluss des Stadtklimas insbesondere auf die Lufttemperaturverhältnisse zu berücksichtigen.
Das wesentliche Merkmal des Stadtklimas stellt die je nach Witterung mehr oder weniger stark ausgeprägte Wärmeinsel dar. Damit werden die im Stadtgebiet in der Regel höheren Lufttemperaturen gegenüber dem Umland bezeichnet. Zur Abschätzung der Größenordnung dieses Stadteinflusses wurden in der Fachliteratur publizierte empirische Beziehungen herangezogen. Diese Beziehungen erlauben es, über die Einwohnerzahl der Stadt - als Indikator für die räumliche Ausdehnung des Stadtgebietes, die Bebauungsdichte und den Versiegelungsgrad - sowie über meteorologische Parameter wie Wolkenbedeckungsgrad und Windgeschwindigkeit, die maßgeblich die Wärmeinselintensität bestimmen, für jede Stunde eines Tages den sogenannten städtischen Wärmeinselzuschlag abzuschätzen. Da über die Lufttemperatur auch die relative Luftfeuchte beeinflusst wird, wurde dieser Parameter ebenfalls angepasst.
Für die Abschätzung des beschriebenen Stadteffekts wurde ein Programmmodul entwickelt, das in den TRY-Datensatz integriert ist. Durch Eingabe der Einwohnerzahl für die ausgewählte Stadt und Auswahl des Testreferenzjahres einer der 15 Repräsentanzstationen wird der Stadteffekt, also der Grad der städtischen Temperaturüberhöhung auf die Lufttemperaturen in diesem Testreferenzjahr aufgeprägt. Gleichzeitig wird die relative Luftfeuchtigkeit an das veränderte Temperaturniveau angepasst. Der vom Programm hinsichtlich des Stadteffekts modifizierte TRY-Datensatz kann dann unmittelbar zum Beispiel zur thermischen Gebäudesimulation weiter verwendet werden.
Korrektur der Geländehöhe
In Klimaregionen mit gegliederter Orographie weichen die Geländehöhen von der Repräsentanzstation, auf die sich der TRY-Datensatz bezieht, und dem zu betrachtenden Standort nicht selten deutlich voneinander ab. Bei größeren Höhendifferenzen von mehr als 100 Metern sind vor allem bei Lufttemperatur und Wasserdampfgehalt (Mischungsverhältnis), als wichtige Größen beispielsweise für Auslegungsrechnungen technischer Gebäudeausstattung (Heizung, Lüftung, Kühlung), Korrekturen bezüglich der Höhenlage erforderlich.
In den bisher vorliegenden TRY-Datensätzen existierten nur gedruckte Korrekturtabellen mit den mittleren monatlichen Vertikalgradienten von Lufttemperatur und Wasserdampfgehalt. Um die Anwendung dieser Korrekturen zu erleichtern, wurde die Höhenkorrektur mit in das Programmmodul, welches auch den Stadteffekt bewertet, übernommen. Daneben wurden die langjährigen mittleren Vertikalgradienten von Lufttemperatur und Mischungsverhältnis auf Basis der Zeitreihe 1988 bis 2007 überarbeitet und auf stündliche Werte umgestellt, so dass auch der Tagesgang der jeweiligen Vertikalgradienten einbezogen werden kann. Für jede Klimaregion mit Ausnahme der Küstengebiete, wo keine größeren Höhendifferenzen auftreten, stehen für jeden Monat des Jahres mittlere stündliche Vertikalgradienten von Lufttemperatur und Wasserdampfgehalt zur Verfügung.
Das o.g. Programmmodul ermöglicht es nun, unter Eingabe der Geländehöhe des in Frage stehenden Standortes und Auswahl des TRY der passenden Repräsentanzstation die Höhenkorrektur von Lufttemperatur und Mischungsverhältnis zu berechnen. Der so korrigierte TRY-Datensatz kann dann wieder unmittelbar weiter verwendet werden.
Klimawandel bis Mitte des Jahrhunderts einbeziehen
Da Gebäude und technische Gebäudeausstattung in der Regel eine Lebensdauer von mehreren Jahrzehnten haben, ist es in Zeiten des Klimawandels erforderlich abschätzen zu können, mit welchen klimatischen Veränderungen beispielsweise bei den Temperaturverhältnissen zu rechnen ist. Erstmalig wurden daher in den vorliegenden TRY-Datensätzen Ergebnisse von fünf unterschiedlichen regionalen Klimamodellen einbezogen. Verwendet wurden speziell Projektionen der Lufttemperatur für den Zeitraum 2021 bis 2050.
Aus den regionalen Klimamodellen wurden sowohl mittlere Temperaturjahresverläufe als auch Temperaturgänge für Jahre mit extrem warmen Sommer- bzw. extrem kalten Winterhalbjahren bestimmt. In einem weiteren Schritt wurden dann reale Witterungsabschnitte aus dem Zeitraum 1988 bis 2007 so zusammengesetzt, dass diese zukünftigen Temperaturverläufe möglichst gut wiedergegeben werden. So erhält man Testreferenzjahre, die eine Bewertung der zukünftigen Klimaentwicklung ermöglichen.
Download des Testreferenzjahr-Datensatzes 2011
Zur Downloadseite im GEG-Infoportal
| Projektbeteiligte |
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| Eckdaten | |
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| Schlagworte zum Projekt : | Klimawandel, Gebäudesimulation, Klimamodelle |
| Projekt auf der Webseite des BBSR : | https://www.bbsr.bund.de/BBSR/DE/forschung/programme/zb/Auftragsforschung/5EnergieKlimaBauen/2008/Testreferenzjahre/01_start |