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"Weiße Stadt" Tel Aviv - begleitendes Ressortforschungsvorhaben Nr. 1

Projektbeschreibung

Projektbeteiligte

Eckdaten

"Weiße Stadt" Tel Aviv - begleitendes Ressortforschungsvorhaben Nr. 1


Projektnummer
Projektbeginn
09.2013
Projektende
11.2013
Projektstatus
abgeschlossen mit Bericht

Die Gebäude der "Weißen Stadt" in Tel Aviv zählen seit 2003 zum UNESCO-Welterbe. Gewandelte Wohnansprüche und ein hoher Nutzungsdruck erschweren eine denkmalgerechte Konservierung des Gebäudebestandes. Das Projekt sollte dazu beitragen, einen angemessenen Umgang für diesen einzigartigen Bestand zu finden. Ermöglicht werden sollte dies über die Sensibilisierung der Hausbewohner und Besitzer, der Stadtbevölkerung von Tel Aviv, interessierter Besucher, Architekten, Handwerker und Wissenschaftler.Projektlaufzeit: September 2013 - April 2015

Ausgangslage

Die "Weiße Stadt" in Tel Aviv wurde in den 1930er und 1940er Jahren von jüdischen Architekten in Israel als moderne Wohnstadt für die zahlreichen Emigranten und Flüchtlinge aus Europa errichtet. Im Jahr 2003 wurden die Gebäude der "White City" als UNESCO-Weltkulturerbe ausgewiesen. Gewandelte Wohnansprüche und ein hoher Nutzungsdruck erschweren eine denkmalgerechte Konservierung des Gebäudebestandes.

Ziel

Bei dem Forschungsvorhaben des BMUB ging es um die Erfassung der denkmalpflegerischen Vorgehensweisen Deutschlands und Israels. Daneben sollten Ideen zur Förderung deutscher und israelischer Partner entwickelt werden sowie bautechnische und handwerkliche Kompetenzen für eine denkmalgerechte Sanierung vermittelt werden. Die Ergebnisse werden in ein "Netzwerk Weiße Stadt" des BMUB einfließen, dessen Ziel die denkmalgerechte Erhaltung und Nutzung der Gebäude ist.


Auftragnehmer des Forschungsprojektes war das Büro für Restaurierungsberatung Götz - Lindlar, Bonn, in Zusammenarbeit mit dem Institut für Architekturgeschichte und dem Institut für Werkstoffe im Bauwesen der Universität Stuttgart.

Konzept

Im ersten Arbeitsschritt wurde der Bestand von vier Gebäuden in der Weißen Stadt erfasst und bewertet. Im Mittelpunkt der Betrachtung standen denkmalpflegerische, klimatische und bauphysikalische Fragen. Daneben wurden auch finanzielle, ökologische und soziokulturelle Aspekte betrachtet. Anschließend wurden vier deutsche Vergleichsbauten herangezogen. Ziel war es, die unterschiedlichen Herangehensweisen von Eignern, Behörden, Architekten und Handwerkern in beiden Ländern aufzuzeigen. Die Ergebnisse wurden auf einer digitalen Plattform erfasst und für alle Beteiligten zur Verfügung gestellt.

Im zweiten Arbeitsschritt sollten Kooperationsmöglichkeiten zwischen Herstellern, Dienstleistern, Verbänden, Instituten und Lehrbetrieben recherchiert werden. In der Überwindung von Fachgrenzen zwischen allen Beteiligten wird ein großes Potenzial gesehen: Planer, Architekten, Handwerker und Restauratoren, Behördenvertreter und Nutzer sollen jeweils die Ansprüche und Potenziale der anderen erkennen können.

Als wichtigstes Instrument für den Austausch wird die Einrichtung eines Informationszentrums gesehen, das diesen Ansatz öffentlichkeitswirksam nach außen trägt. Das Informationszentrum sollte eine ständige Anlaufstelle für Bewohner, Besucher und alle an der Erhaltung der "Weißen Stadt" interessierten Experten darstellen. Nach dem Prinzip "Bauhütte" sollte hier das theoretische und praktische Wissen gesammelt und zur Verfügung gestellt werden. Ein Beispiel könnten Workshops oder Seminare sein, in denen anwendungsbezogene Denkmalpflege vermittelt wird.

Ergebnisse

Evaluierung des Erhaltungszustands von Bauhausdenkmalen in

Der Vergleich zwischen Tel Aviv und den deutschen Beispielen zeigt: In der Weißen Stadt wird der Gebäudebestand in der Regel umfassend saniert und in diesem Zuge oft erweitert, um die knappe Ressource Wohnfläche zu vergrößern. Denkmalverträgliche Lösungen haben dabei eine geringere Priorität als in Deutschland.

Denkmalschutz in Israel (Tel Aviv) und Deutschland

Erst 1990 wurde innerhalb der Stadtverwaltung Tel Avivs eine Denkmalpflegeabteilung etabliert (conservation team). Im Vergleich mit Deutschland ist der Denkmalschutz in der städtischen Verwaltung Tel Avivs strukturell schwächer, weil er keine unabhängige Verwaltungseinheit ist.

Energetische Ertüchtigung unter Berücksichtigung des Denkmalschutzes

Grundsätzlich weist die Architektur der Weißen Stadt Tel Aviv eine günstige Bauweise für das vorherrschende Klima auf. Wo sie durch nachträgliche Eingriffe verändert wurde, wäre deshalb eine Rückführung in den Ursprungszustand sinnvoll. Diese Rückführung kann auf jeden Fall denkmalverträglich gestaltet werden.

Einzelthemen der Denkmalpflege

  • Rekonstruktion von Farben: Aufgrund der Untersuchungen kann nicht von einer im Wortsinne Weißen Stadt ausgegangen werden.

  • Fassadenputze: Die Weiße Stadt verfügt über ein einzigartiges Ensemble von Gestaltungsarten der Fassadenputze.

  • Bau- und Ausstattungsteile: Der Erhaltungszustand vieler Bauteile und Oberflächen an den Häusern in Tel Aviv ist aufgrund mangelnden Bauunterhalts zwar schlecht, doch sind diese Details im Gegensatz zu Deutschland in vielen Fällen überhaupt noch vorhanden.

  • Holz- und Stahlfenster, Terrazzoböden: Diese Bauteile sind aus Sicht der Denkmalpflege äußerst schützenswert, weil sie entscheidend zum Erscheinungsbild der Gebäude beitragen.

Generalsanierung versus Reparatur

Generalsanierung bedeutet in Tel Aviv, dass ein Gebäude nicht nur saniert, sondern oftmals zusätzlich am Fundament und an den Dachaufbauten stark verändert wird, zum Beispiel indem zusätzliche Stockwerke hinzugefügt werden. Dagegen gilt eine Reparatur einzelner Bau- oder Ausstattungsteile in Tel Aviv nach landläufiger Meinung als unvollständig oder sogar verunstaltend. In Deutschland hingegen wird die Reparatur für besonders denkmalverträglich gehalten und entsprechend bei Bauhausgebäuden praktiziert.

Besucher- und Denkmalpflegezentrum Weiße Stadt Tel Aviv

Die Weiße Stadt sollte ein Besucher- und Denkmalpflegezentrum erhalten mit folgenden Abteilungen:

  1. Netzwerkzentrale: Adresse für das deutsch-israelische Netzwerk
  2. Tourismus: Darstellung der historischen und geographischen Parameter und der spezifischen Gründe für die Eintragung in die Welterbeliste im Stil der Empfehlungen der deutschen UNESCO-Kommission
  3. Anlaufstelle für Bewohner mit identitätsstiftenden Angeboten
  4. Einrichtung einer Musterwohnung (im Stil der Musterwohnung in der Dammerstocksiedlung) im Zentrum selbst oder Etablierung einer Außenstelle „Musterwohnung“ bzw. „Musterhaus“
  5. Naturwissenschaftliches Untersuchungslabor mit einem Schwerpunkt für Steinkonservierung
  6. Digitales Datenarchiv
  7. Aktenarchiv und Bibliothek, Fotothek, Plansammlung
  8. Bauteile- und Bauforschungsarchiv speziell für Bauwerke der Bauhauszeit im Stile des Dessauer Bauforschungsarchives, organisatorisch wie das Bayerische Bauarchiv Thierhaupten
  9. Schulungs-und Weiterbildungszentrum

Netzwerk Weiße Stadt Tel Aviv

Die vielfältigen lokalen und internationalen Bemühungen zur Erhaltung der Weißen Stadt von Tel Aviv müssen vernetzt werden. Es gibt sehr viele unterschiedliche Akteure, die angesprochen werden können.

Mit Blick auf die energetische Sanierung in der Weißen Stadt wäre der Austausch zwischen dem Netzwerk Weiße Stadt Tel Aviv und der Koordinierungsstelle „Energieberater für Baudenkmale“ in Deutschland empfehlenswert.

Angesichts der fehlenden Ausbildung von Restauratoren in Israel besteht Handlungsbedarf, damit die Denkmale in der Weißen Stadt Tel Aviv langfristig und nach internationalen Standards erhalten werden können. Deshalb sollte ein Schulungs-und Weiterbildungszentrum eingerichtet werden.

Als Plattform für den Austausch von Technologien und Produkten sollte versucht werden, Israel als Partnerland für die Messe „denkmal Leipzig“ (z.B. für die nächste denkmal 2016) zu etablieren und damit auch für die Weiße Stadt ein Podium zu bereiten. Die Deutsch-Israelische-Wirtschaftsvereinigung e.V. (D-I-W) sollte zum Thema Denkmaltechnologien und "green conservation Tel Aviv" unter dem Aspekt des wirtschaftlichen Austausches beider Länder eine kleine Denkmalmesse für Unternehmen und Einrichtungen anregen. 

Veröffentlichungen

BBSR (Hrsg.): Weiße Stadt Tel Aviv: Zur Erhaltung von Gebäuden der Moderne in Israel und Deutschland. Sonderveröffentlichung, Bonn 2015
>> weitere Informationen

Projektbeteiligte
Eckdaten
Schlagworte zum Projekt : Weiße Stadt Tel Aviv, Denkmalschutz, UNESCO-Welterbe
Projekt auf der Webseite des BBSR : https://www.bbsr.bund.de/BBSR/DE/forschung/programme/zb/Auftragsforschung/2NachhaltigesBauenBauqualitaet/2013/TelAviv/01_start