Zyklizität von Baukosten


Projektnummer
Projektbeginn
01.2015
Projektende
08.2015
Projektstatus
abgeschlossen mit Bericht

Die Bundesregierung strebt vor dem Hintergrund steigender Mieten und Kaufpreise für Wohnimmobilien an, die Verfügbarkeit von bezahlbarem Wohnraum zu verbessern. Eine wesentliche Determinante sowohl der Mieten als auch der Immobilienpreise sind die Kosten des Bauens. Die Studie hat die Bestimmungsgründe der Baukosten aus gesamtwirtschaftlicher Perspektive untersucht und wesentliche Merkmale des Baukostenzyklus sowie deren Ursachen herausgearbeitet. Darauf aufbauend wurde analysiert, mit welchen politischen Maßnahmen die Verfügbarkeit bezahlbaren Wohnraums verbessert werden kann. Projektlaufzeit: Januar 2015 – August 2015

Ausgangslage

Die Bundesregierung hat sich vor dem Hintergrund steigender Mieten und Kaufpreise für Wohnimmobilien das Ziel gesetzt, die Verfügbarkeit von bezahlbarem Wohnraum zu verbessern. Eine der wesentlichen Determinanten für die langfristige Entwicklung sowohl der Mieten als auch der Immobilienpreisen sind die Kosten des Bauens. Diese unterliegen zahlreichen Einflussfaktoren, von denen einige sich durch die Politik beeinflussen lassen.

Im langjährigen Vergleich weist die Entwicklung der Baukosten ein ausgeprägt zyklisches Muster auf. Mehrjährige Phasen stark steigender Baukosten wechseln sich mehr oder weniger regelmäßig mit Perioden ab, in denen die Baukosten nicht oder nur wenig zulegen. Nachdem sie zuvor lange Jahre rückläufig gewesen waren oder stagniert hatten, ziehen die Baukosten in Deutschland seit einigen Jahren wieder an, wenn auch bisher moderat.

Ziel

Die Studie hat die Bestimmungsgründe der Baukosten aus gesamtwirtschaftlicher Perspektive untersucht. Dabei wurden die wesentlichen Merkmale des Baukostenzyklus sowie deren Ursachen herausgearbeitet. Basierend auf diesen Erkenntnissen wurde analysiert, mit welchen politischen Maßnahmen das Ziel der Bundesregierung – die verbesserte Verfügbarkeit bezahlbaren Wohnraums – erreicht werden kann.

Auftragnehmer des Forschungsprojektes war die Kiel Economics Research & Forecasting GmbH & Co. KG, Kiel.

Konzept

In der wirtschaftswissenschaftlichen Literatur werden Schwankungen der Baukosten nicht als eigenständiges zyklisches Phänomen betrachtet. Vielmehr ergeben sich Veränderungen der Baukosten als Folge einer Kombination aus gesamtwirtschaftlichen und bauspezifischen Faktoren.

Im Projektverlauf wurden ausgewählte Kostenarten hinsichtlich der Schwankungen im Zeitablauf statistisch-deskriptiv untersucht. Auf Basis der "realen" Veränderungsraten wurde untersucht, ob und wie sich die Eigenschaften der Zyklen im Zeitablauf verändert haben und welche Gemeinsamkeiten zwischen den Zyklen der einzelnen Kosten(unter)gruppen bestehen. Darüber hinaus wurden sowohl regionale Unterschiede innerhalb Deutschlands als auch internationale Vergleiche angestellt.

Basierend auf den Analyseergebnissen wurden Politikempfehlungen abgeleitet, ob und wie der Baukostenzyklus derzeit gedämpft werden und ob dies zur Erreichung des übergeordneten Ziels – der Verbesserung der Verfügbarkeit bezahlbaren Wohnraums – führen kann. Dabei wurden mögliche Zielkonflikte, die sich aus solchen Maßnahmen mit anderen politischen Zielen ergeben, herausgearbeitet.

Ergebnisse

Der Baukostenzyklus steht in engem Zusammenhang mit dem allgemeinen Konjunkturzyklus. Ein konjunktureller Aufschwung geht typischerweise mit einer steigenden gesamtwirtschaftlichen Produktion einher. Um die Produktion zu erhöhen, benötigen die Unternehmen mehr Arbeitskräfte. In der Folge steigen die Löhne, und zwar stärker als die Produktivität und diesen Kostenschub geben die Unternehmen in die Preise weiter, das allgemeine Preisniveau steigt und damit steigen auch die Baukosten.

Typischerweise ziehen die Baukosten im Aufschwung sogar stärker an als das allgemeine Lohn- und Preisniveau. Dies liegt zum einen daran, dass die Bauinvestitionen längerfristig stark auf Veränderungen der Zinsen reagieren und konjunkturelle Schwankungen häufig mit deutlichen Schwankungen der Zinsen einhergehen. Die dadurch ausgelösten Zinsänderungen pflanzen sich dann in Schwankungen der Baunachfrage und der Baukosten fort. Zum anderen spielt eine Rolle, dass aufgrund der Langlebigkeit von Immobilien der Neubau und damit die Produktionskapazität der Bauwirtschaft nur einen kleinen Teil – in Deutschland etwa 5% – des gesamten Nutzungsbedarfs ausmachen. Eine gegebene prozentuale Nachfrageerhöhung hat deshalb im Baubereich stärkere Konsequenzen für die Kapazitätsauslastung als in anderen Wirtschaftszweigen. Die Kapazitätsauslastung im Baugewerbe ist ihrerseits ein maßgeblicher Treiber des Baukostenanstiegs. Nachfrageveränderungen führen daher im Baubereich relativ rasch zu Veränderungen bei den Baukosten.

Von 2007 bis 2014 nahmen die Baukosten durchschnittlich um 2% pro Jahr zu, insgesamt erhöhten sie sich um 15%. Zwei Drittel dieses Anstiegs gingen auf den allgemeinen Lohn- und Preisauftrieb von knapp 10% zurück. Der Rest lässt sich auf die merkliche Beschleunigung der Baukonjunktur zurückführen, in deren Folge die Auslastung der Produktionskapazitäten im Baugewerbe sehr stark gestiegen ist. Dahinter steht die deutliche Verbesserung der allgemeinen konjunkturellen Lage, die sich beispielsweise in der kräftigen Zunahme der Beschäftigung und der spürbaren Abnahme der Arbeitslosigkeit im selben Zeitraum zeigt. Hinzu kommt als wichtiger bauspezifischer Faktoren das extrem niedrige Zinsniveau, und seit 2010 spielt auch die merkliche Zunahme der Nettozuwanderung aus dem Ausland eine Rolle. Alles in allem sind die Baukosten in den zurückliegenden Jahren sehr moderat gestiegen, ohne dass sich Besonderheiten ausmachen lassen.

Der eingetretene Anstieg der Baukosten bedeutet nicht zwingend, dass sich das Angebot an bezahlbaren Wohnraum verknappt hat. Aufgrund der engen Verbindung von Baukostenzyklus und allgemeiner konjunktureller Entwicklung stand den steigenden Baukosten eine steigende Zahlungsfähigkeit der privaten Haushalte durch anziehende Realeinkommen gegenüber.

Sollen die Baukosten gleichwohl durch politische Eingriffe gedämpft werden, so sind grundsätzlich eine Vielzahl von wirksamen Instrumenten und Eingriffen in die Märkte denkbar. Bei ihrer Beurteilung sollte die Politik in Rechnung stellen, dass Preisen in einer Marktwirtschaft die wichtige Funktion der Lenkung der knappen Ressourcen in die volkswirtschaftlich sinnvollste Verwendung zukommt. Eingriffe, die die Marktpreise verändern, können diese Lenkung stören und zu Ergebnissen führen, die nicht beabsichtigt sind und ggf. dem übergeordneten Ziel der Maßnahme zuwiderlaufen. Generell führt eine politisch herbeigeführte Dämpfung von Marktpreisen dazu, dass sich das Angebot des betreffenden Gutes verringert während sich die Nachfrage erhöht, mit der Folge, dass zu Rationierungen gegriffen werden muss. Bei der Beurteilung von Maßnahmen zur Dämpfung der Baukosten ist es daher von entscheidender Bedeutung, das übergeordnete Ziel der angestrebten Kostensenkung im Blick zu behalten, nämlich die Verbesserung der Verfügbarkeit von bezahlbarem Wohnraum.

Empfehlenswert sind Instrumente, die indirekt die Nachfrage nach und das Angebot an Wohnraum beeinflussen. Auf der Nachfrageseite wären dies insbesondere Maßnahmen, die die Entscheidung zwischen dem Umzug in eine attraktivere Region bzw. in ein Ballungszentrum gegenüber dem Behalten des ursprünglichen Wohnsitzes und die Inkaufnahme längerer Arbeitswege begünstigen, wie etwa der Ausbau und ggf. die Subventionierung der Verkehrsinfrastruktur. Angebotsseitig könnten dazu zum einen die Überprüfung und ggf. Reduzierung von gesetzlichen Vorschriften und Auflagen gehören. Zum anderen wirken all jene Maßnahmen preisdämpfend, die die Angebotselastizität der Bauwirtschaft und den Wettbewerb in diesem Bereich erhöhen. Hier ist an den Abbau von Markteintrittsbarrieren, vereinfachte Unternehmensgründungen für ausländische Anbieter, Erleichterungen bei der Arbeitnehmerfreizügigkeit und/oder die Aufhebung der Mindestlohnvorschriften des Arbeitnehmerentsendegesetzes zu denken.

Im gegenwärtigen gesamtwirtschaftlichen Umfeld extrem niedriger Zinsen ist zu berücksichtigen, dass jede wirksame Senkung der Baukosten die Tendenz aufweist, der längerfristigen Stabilität der Wohnungsmärkte, aber auch der Finanzstabilität entgegenzuwirken. Dies könnte mittelfristig die Bankenaufsicht auf den Plan rufen und zudem langfristig mit erheblichen negativen gesamtwirtschaftlichen Konsequenzen verbunden sein kann..

Veröffentlichungen

Zyklizität von Baukosten – Endbericht
Download auf https://www.bbsr.bund.de/

Projektbeteiligte
Eckdaten
Schlagworte zum Projekt : Baukosten, Mieten, Wohnraum
Einordnung in Zukunft Bau : Ressortforschung
Projekt auf der Webseite des BBSR : https://www.bbsr.bund.de/BBSR/DE/forschung/programme/zb/Auftragsforschung/2NachhaltigesBauenBauqualitaet/2015/ZyklizitaetBaukosten/01_start