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Zertifizierungssystem Nachhaltiges Bauen - Kriteriensteckbrief zur Beurteilung der Einflüsse auf die lokale Umwelt durch die Bestimmung der Feinstaubemissionen aus Heizungsanlagen

Projektbeschreibung

Projektbeteiligte

Eckdaten

Zertifizierungssystem Nachhaltiges Bauen - Kriteriensteckbrief zur Beurteilung der Einflüsse auf die lokale Umwelt durch die Bestimmung der Feinstaubemissionen aus Heizungsanlagen

Zertifizierungssystem Nachhaltiges Bauen - Kriteriensteckbrief zur Beurteilung der Einflüsse auf die lokale Umwelt durch die Bestimmung der Feinstaubemissionen aus Heizungsanlagen


Projektnummer
Projektbeginn
11.2008
Projektende
12.2010
Projektstatus
abgeschlossen ohne Bericht

Ziel des Forschungsprojektes war es, Kriterien für die Bewertung von Bürogebäuden zu entwickeln, mit denen die Umwelteinflüsse von Feinstaubemissionen aus Heizungsanlagen erfasst werden können. Der in dem Forschungsprojekt erarbeitete Steckbrief ergänzt das nationale Zertifizierungssystem für nachhaltiges Bauen. Für die Zertifizierung eines Bürogebäudes werden die Bewertungen nach den einzelnen Kriterien entsprechend gewichtet zu einer Gesamtnote zusammengefasst.Projektlaufzeit: November 2008 - Dezember 2010

Kleine Partikel aus Verbrennungsprozessen wie zum Beispiel Kleinfeuerungsanlagen haben Einfluss auf die menschliche Gesundheit: Während Teilchen mit aero­dynamischen Durchmessern von mehr als 10 Mikrometern fast vollständig von Nase und Rachenraum zurückgehalten und wieder ausgeschieden werden, können kleinere Partikel je nach Art des Einatmens bis in die Lungenbläschen vordringen und im Lungengewebe eingelagert werden. Lungengängige Teilchen aus Verbrennungsprozessen gelten als besonders gesundheitsschädlich, da an ihrer Oberfläche Schwermetalle oder Kohlenwasserstoffe aus unvollständiger Verbrennung angelagert sein können. Sie sind daher potenzielle Transportmittel für giftige oder krebserregende Substanzen.

Die Feinstaub- und Stickstoffdioxid-Emissionen führen vielerorts zu Überschreitungen der entsprechenden Grenzwerte. Feuerungsanlagen - speziell nicht genehmigungsbedürftige Kleinfeuerungsanlagen für Heizung und Warmwasser - tragen in nicht unerheblichem Maße zu den Gesamtemissionen in Deutschland bei. Da Holz als nachwachsender Rohstoff verstärkt zur Wärmeerzeugung eingesetzt werden soll, dürfte der Anteil weiter steigen. Bei der Zertifizierung besonders nachhaltiger Gebäude sollen deshalb auch die Feinstaubemissionen aus Heizungen berücksichtigt werden. Dazu dient der Kriteriensteckbrief.

Auftragnehmer des Forschungsvorhabens war die AVISO GmbH Aachen, Dr.-Ing. Christiane Schneider (Projektleitung), Dr. rer. nat. Nicola Toenges-Schuller, Dipl.-Ing. Arnold Niederau.

Konzept

Da bei Heizungsanlagen ein Großteil der Partikel als PM10 emittiert wird, können die Gesamtstaubemissionen als Maß für Feinstaub betrachtet werden. Bewertungsgröße sind die auf den Nutzwärmebedarf für Heizung und Warmwasserbereitung bezogenen Gesamtstaubemissionen in der Einheit kg/TJ bzw. (äquivalent) mg/MJ. Die Emissionen beim Bau oder Rückbau der Anlagen können gegenüber den Emissionen aus dem Betrieb vernachlässigt werden.

Zur eigentlichen Bewertung wird ein zweistufiges Verfahren eingesetzt: In Bewertungsstufe 1 erfolgt die Einstufung der Anlage bezüglich ihrer Feinstaubrelevanz pauschal aufgrund des eingesetzten Brennstoffes und der Anlagentechnik. Es werden bis zu hundert Punkte vergeben. Eine Einzelprüfung der konkreten Heizungsanlage findet in Stufe 1 nicht statt. Anlagen, die mit Festbrennstoffen betrieben werden, emittieren im Vergleich zu anderen Brennstoffen relativ viel Staub, sie erhalten bei der pauschalen Bewertung in Stufe 1 daher weniger Punkte. Für sie kann die pauschale Bewertung jedoch durch die detailliertere Bewertungsstufe 2 ersetzt werden, in der die konkrete Feuerungsanlage, die z. B. im Hinblick auf niedrige Emissionen optimiert sein kann, betrachtet wird.

In Stufe 2 können auch die energetischen Eigenschaften des zu bewertenden Gebäudes einbezogen werden. Denn bei Gebäuden mit unterdurchschnittlichem, d. h. sehr geringem Wärmebedarf, kann vergleichsweise wenig Feinstaub freigesetzt werden.

Ergebnisse

Bewertungsstufe 1

Je nach Heizungssystem wird Feinstaub in unterschiedlicher Menge entweder lokal (Heizkessel im Gebäude) oder nicht-lokal (Fernwärme, Nahwärme oder Heizung mit Strom jeweils vom Kraftwerk) emittiert. Für lokale Kleinfeuerungsanlagen und genehmigungspflichtige Großfeuerungsanlagen gelten unterschiedliche Verordnungen und Grenzwerte. Werden Sonnenkollektoren zur Gebäudeheizung eingesetzt, finden gar keine Verbrennungsprozesse statt, und es gibt auch keine Feinstaubemissionen. Um die verschiedenen Systeme vergleichend bewerten zu können, wird in Stufe 1 als Bewertungsgröße die Masse emittierter Feinstaubemissionen bezogen auf den Nutzwärmebedarf für Gebäudeheizung und Warmwasserbereitung gewählt.

Zur Bestimmung dieser Bewertungsgröße für Heizungssysteme mit lokaler Verbrennung wurde auf gerätespezifische Emissionsfaktoren aus Veröffentlichungen des Umweltbundesamtes zurückgegriffen. Sie geben mittlere charakteristische Emissionen der Feuerungsanlagen bezogen auf den Heizwert des eingesetzten Brennstoffs an. Um die Werte auf den Nutzwärmebedarf zu beziehen, wurden die Emissionsfaktoren durch den Wirkungsgrad der Heizungsanlage dividiert. Neu errichtete Heizkessel für Pellets sowie Vergaserkessel zur Verbrennung von Scheitholz wurden auch in Stufe 1 schon günstiger bewertet als Durchschnittsanlagen, wenn sie die Auflagen des "Blauen Engels" bzw. die Förderkriterien des BAFA für Biomasseanlagen erfüllen.

Zur Abschätzung der Feinstaubemissionen aus nicht-lokaler Verbrennung wurde unterstellt, dass die Kraftwerke jeweils in Höhe der erlaubten Grenzwerte emittieren. Werden Gebäude und/oder warmes Wasser mittels elektrisch betriebener Wärmepumpen beheizt, so wurde bei der Bestimmung der spezifischen Emissionen der aktuelle Strommix zugrunde gelegt, für Fernwärme (ohne Müllverbrennung) ein anteiliger Mix aus Braun- und Steinkohle. Für Müllverbrennungsanlagen (MVA) gelten strengere Grenzwerte, sie haben jedoch aufgrund der erforderlichen Abgasreinigungsmaßnahmen geringere Anlagenwirkungsgrade. Fernwärme aus MVA wurde daher einzeln betrachtet. Gleiches gilt bei Heizung mit Nahwärme: Da hier große Unterschiede hinsichtlich der Emissionen bestehen, muss zur Bewertung der tatsächlich genutzte Brennstoff betrachtet werden (Erdgas, kohlestämmige Energieträger, Holz, Torf, Flüssigkraftstoffe).

Auf Basis der oben beschriebenen Bewertungsgröße "Emissionen/Nutzwärmebedarf" werden für alle zu bewertenden Heizungssysteme Punktezahlen von zehn bis hundert vergeben. Sie sind in der folgenden Tabelle dargestellt:

Bewertungstabelle für Heizsysteme
EmissionenPunkteHeizsystemVerbrennung
0100Solarenergiekeine
<= 0,0390

Erdgas, Niedertemperatur- bzw. Brennwertkessel

Wärmepumpe, erdgasbetrieben,

BHKW, erdgasbetrieben

Geothermie

Brennstoffzellen

lokal

lokal

nicht-lokal

nicht-lokal

nicht-lokal

<= 380

Ölheizungen, pauschal

Wärmepumpe, elektrisch betrieben

lokal

nicht-lokal

<= 1070

BHKW, Verbrennungsmotor

Fernwärme, kohlestämmig

nicht-lokal

nicht-lokal

<= 2060

Fernwärme, Müllverbrennungsanlage

Pellets "Blauer Engel"

nicht-lokal

lokal

<= 3250Pellets, pauschallokal
<= 4340Scheitholzvergasunglokal
<= 5530BHKW, kohlestämmignicht-lokal
<= 7320

Hackschnitzel

BHKW, Holz oder Torf

lokal

nicht-lokal

<= 8710Erhaltung aktueller Grenzwertlokal

Werden zur Heizung und/oder Warmwasserbereitung des geplanten Gebäudes mehrere Heizungstypen kombiniert, so wird zur Bewertung des Gesamtsystems ein Mittelwert der entsprechenden Punktzahlen gebildet. Die Einzelbewertungen gehen jeweils gewichtet mit ihrem geplanten Beitrag zum Nutzwärmebedarf ein. Gleiches gilt, wenn zur Gebäudeheizung und zur Warmwasserbereitung unterschiedliche Systeme eingesetzt werden. Die Gewichte ergeben sich aus dem jeweiligen Nutzenergiebedarf für Heizung und Warmwasser, die dem Energieausweis entnommen werden können.

Bei der Einstufung des geplanten Heizungssystems entsprechend dem oben angegebenen Punkteschema können zusätzlich Bonuspunkte (bei zusätzlichen Minderungsmaßnahmen) bzw. Maluspunkte (bei einer Überdimensionierung der Heizungsanlage) vergeben werden.

Bewertungsstufe 2

Neue Anlagen, die besonders wenig Feinstaub emittieren, werden bei der im Zweifel vorsichtigen pauschalen Einschätzung in der Bewertungsstufe 1 zu schlecht bewertet. Außerdem wird in Stufe 1 nicht berücksichtigt, dass bei besonders gut gedämmten Gebäuden auch bei der Wahl eines in Stufe 1 ungünstig bewerteten Heizungssystems eventuell absolut sehr wenig Feinstaub emittiert wird. In beiden Fällen kann in Stufe 2 die Anlage detaillierter bewertet werden.

Um eine besonders emissionsarme Anlagentechnik zu berücksichtigen, können die auf den Heizwärmebedarf bezogenen Feinstaubemissionen mit Hilfe von Informationen aus dem Datenblatt der Anlage (spezifische Feinstaubemissionen bei Nennlast und Teillast, Kesselwirkungsgrad bei Nennlast und Teillast, Bezugssauerstoffgehalt der Staubmessung) sowie der Verbrennungseigenschaften des eingesetzten Brennstoffs direkt berechnet werden.

Verminderte Emissionen durch besonders gute Wärmedämmung werden ebenfalls berücksichtigt. Sie werden statt auf den Nutzwärmebedarf des tatsächlichen Gebäudes auf den Nutzwärmebedarf eines sonst gleichen Gebäudes bezogen, dessen Transmissionswärmeverlust genau dem Maximalwert nach EnEV 2009 entspricht. Dieser ist immer größer oder gleich dem tatsächlichen Wert, so dass die darauf bezogenen Emissionen immer kleiner oder gleich den Emissionen aus Bewertungsstufe 1 sind. An den durch Wassererwärmung verursachten Emissionen ändert sich nichts. Die Berechnungsvorschriften und benötigten Eingangsdaten sind ebenfalls ausführlich in der Langfassung des Berichts beschrieben.

Die in Stufe 2 berechnete Bewertungsgröße wird in das Bewertungsschema aus Stufe 2 eingeordnet, die entsprechende Punktzahl ergibt sich aus der Interpolation zwischen den nächstgelegenen Werten.

Sollten keine entsprechenden Datenblätter vom Hersteller zur Verfügung gestellt werden können bzw. sollte keine Wärmebedarfsrechnung vorliegen, kann eine Bewertung nach Stufe 2 nicht erfolgen und die in Stufe 1 erzielte Bewertung bleibt bestehen. Diese wird in der Regel ungünstiger ausfallen, da eine gezielte detaillierte Bewertung der gegebenenfalls besonders emissionsarmen Technik speziell für Festbrennstoffe nicht erfolgen bzw. eine besonders gute Wärmedämmung nicht berücksichtigt werden kann.

Projektbeteiligte
Eckdaten
Schlagworte zum Projekt : Deutsches Gütesiegel, Kriterienkatalog, Zertifizierung, Gebäudequalität, Büro- und Verwaltungsgebäude, Runder Tisch, Nachhaltiges Bauen
Projekt auf der Webseite des BBSR : https://www.bbsr.bund.de/BBSR/DE/forschung/programme/zb/Auftragsforschung/2NachhaltigesBauenBauqualitaet/2010/KritEmissionen/01_start