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Wissenschaftliche Begleitung der Arbeitsgruppe "Modul D" des Runden Tisches Nachhaltiges Bauen

Projektbeschreibung

Projektbeteiligte

Eckdaten

Wissenschaftliche Begleitung der Arbeitsgruppe "Modul D" des Runden Tisches Nachhaltiges Bauen


Projektnummer
Projektbeginn
09.2016
Projektende
12.2017
Projektstatus
abgeschlossen mit Bericht

Innerhalb der Arbeitsgruppe "Modul D" des Runden Tisches Nachhaltiges Bauen wurden Lösungsvorschläge für den zukünftigen Umgang mit End-of-Life-Prozessen für das Bewertungssystem Nachhaltiges Bauen (BNB) diskutiert. Ein weiteres Ziel war die Verbesserung der Steuerungswirkungen von Mechanismen im Bewertungssystem zur Beförderung der Rückbau- und Recyclingfreundlichkeit von Gebäuden bereits im Entwurf. Im Zusammenhang mit vorhandenen Konventionen im Bereich des End-of-Life von Gebäuden sowie der Wirkungen, die sich für kommende Lebenszyklen ergeben, wurde diskutiert, wie das BNB-Modul D interpretiert und bereits in der Planungsphase berücksichtigt werden kann. Darüber hinaus wurde eruiert, an welchen Stellen im BNB-System die unterschiedlichen Effekte eines Recycling dargestellt werden können.Projektlaufzeit: September 2016 – November 2017

Ausgangslage

Zur Umsetzung der Nachhaltigkeitsstrategie der Bundesregierung im Bereich des Bauwesens steht mit dem Bewertungssystem Nachhaltiges Bauen (BNB) ein ganzheitliches, quantitatives Bewertungsverfahren für Bundesgebäude zur Verfügung. Es zeichnet sich durch die umfassende Betrachtung des gesamten Lebenszyklus von Gebäuden unter Berücksichtigung der ökologischen, ökonomischen und soziokulturellen Qualität sowie den technischen und prozessualen Aspekten aus. Das Modul D innerhalb des BNB beschreibt das Potenzial eines Bauproduktes oder Gebäudes für eine künftige Wiederverwendung, eine Rückgewinnung und/oder das Recycling. Abgebildet werden können hier ökobilanzielle Vorteile und Belastungen, die sich für ein Produkt außerhalb seines Lebenszyklus ergeben.

Der Umgang mit End-of-Life-Prozessen in der Ökobilanzierung und Nachhaltigkeitsbewertung wird in der Fachwelt kontrovers diskutiert. Die Diskussionen fokussieren sich hierbei sowohl auf die Ebene von Baustoffen, Bauteilen als auch auf Gebäudeebene. Schwerpunkte der Debatte sind die Definition des Moduls D, seine Abgrenzung vom Modul C (Entsorgung) sowie die Verifizierung von Prognosen zu Wiederverwendungs-, Rückgewinnungs- oder auch Recyclingpotenzialen am Ende des Lebenszyklus. Eine Verrechnung des Moduls D mit den Modulen A bis C wird von Seiten der Normung auf Produktebene nicht zugelassen.

Eine Analyse ökobilanzieller Daten auf Baustoffebene, insbesondere von Umweltproduktdeklarationen (EPD) nach DIN EN 15804 (Nachhaltigkeit von Bauwerken – Umweltproduktdeklarationen – Grundregeln für die Produktkategorie Bauprodukte), zeigt deutliche Datenlücken hinsichtlich der Bilanzierung des vollständigen Lebenszyklus. Unter anderem begründet durch die Beschränkung der Bilanzierungsverpflichtung von DIN EN 15804 auf die Module A1 bis A3 liegen für eine Vielzahl von Produkten nur eingeschränkt Daten zu den übrigen Modulen vor. Bei einer Kombination von produktspezifischen Daten zu den Modulen A und ggf. B mit generischen Datensätzen zu C oder auch D ist der Aussagegehalt in Bezug auf die tatsächlichen Umweltwirkungen eines Produktes im Lebenszyklus zumindest fraglich.

Die hieraus resultierende Unschärfe wird insbesondere auf Gebäudeebene, dem Fokus des BNB-Bewertungssystems, deutlich. Im Rahmen der Ökobilanz erfolgt hier eine Kombination von Baustoffen zu Bauteilen bis hin zum fertigen Bauwerk. Der ganzheitliche Bewertungsansatz des Systems steht hierbei einer eingeschränkten Datenqualität gegenüber.

Ziel

Das Forschungsvorhaben sollte einen konsensfähigen Weg für die Berücksichtigung des Themenkomplexes End-of-Life im BNB-System aufzeigen. Ziel dabei war es, die Diskussion um End-of-Life-Prozesse zu versachlichen und die Motivation der Bauprodukthersteller zu erhöhen, Daten produktspezifisch und vor allem vollständig bereitzustellen.

Neben dem derzeit bereits vorhandenen Ansatz des BNB-Systems zur Berücksichtigung von End-of-Life in der Ökobilanz von Gebäuden sollten mit Blick auf die Nachhaltigkeitsstrategie des Bundes Möglichkeiten einer quantitativen Erfassung im BNB-System hinsichtlich der systemkonformen und sinnvollen Berücksichtigung des Themas End-of-Life (Stichwort Design for Deconstruction) überprüft werden.

Auftragnehmer des Projektes war die Bietergemeinschaft LCEE/BEU Weimar bestehend aus der Life Cycle Engineering Experts GmbH, Darmstadt sowie der Bau-, Energie- und Umweltberatung Weimar.

Konzept

Das Projekt gliederte sich in drei thematische Projektschritte und beinhaltete fünf Sitzungen der Arbeitsgruppe Modul D, zu der alle relevanten Stakeholder der Industrieverbände, der Wissenschaft und Programmhaltern eingeladen wurden.

In einem ersten Projektschritt wurde der Status quo zum Thema End-of-Life auf der Ebene von Bauprodukten, Bauteilen und Bauwerken näher beleuchtet. Einbezogen wurden hier neben dem Diskussionsstand der Normung die Meinungsbilder der Fachöffentlichkeit, der Sachstand der ökobilanziellen Daten auf Produktebene sowie die Ansätze der gängigen internationalen Nachhaltigkeitsbewertungssysteme.

In einem weiteren Projektschritt erfolgten in Zusammenarbeit mit der Arbeitsgruppe zum Modul D verschiedene ökobilanzielle Variantenrechnungen und Fallbetrachtungen auf Bauteil- und auch auf Gebäudeebene. Ziel war hierbei die Sammlung von Erfahrungswerten zur Größenordnung der sich in den einzelnen Wirkungskategorien ergebenden Ergebnisse im Bereich Modul D.

Unter Berücksichtigung der Bilanzierungsergebnisse und der in diesem Zusammenhang mit der Arbeitsgruppe geführten Diskussionen wurden abschließend Vorschläge zur zukünftigen Erhöhung der Steuerungswirkung des Moduls D im Planungs-, Ausführungs- und Betriebsprozess von Gebäuden eruiert. Themenbereiche hierbei waren u.a. die Konsequenzen für die Baustoffdatenbank ÖKOBAUDAT, die eventuelle Notwendigkeit der Dynamisierung von Berechnungsmodellen, die quantitative und qualitative Implementierung der Recyclingthematik im BNB-System und die zukünftige Notwendigkeit der Erweiterung von Umweltproduktdeklarationen (EPDs) um die Vervollständigung aller (bisher freiwilligen) Module sowie mehrerer möglicher Entsorgungsszenarien. Ziel auf dieser Basis war es, einen Beitrag zur Weiterentwicklung und Präzisierung von Ansätzen im Umgang mit dem Modul D im BNB-System zu leisten.

Ergebnisse

Die Untersuchungen der Arbeitsgruppe des Recyclingpotenzials von Bauprodukten oder Gebäuden haben gezeigt, dass ein großes Potenzial zur transparenteren Darstellung des ökobilanziellen Modul D besteht, das mit diesem Forschungsprojekt grundlegend analysiert wurde. Die durchgeführten Analysen, Modellierungen und Berechnungen bestätigten die Annahmen, dass das Modul D in annähernd allen Wirkungskategorien einen im Schnitt geringen prozentualen Anteil einnimmt und große Teile der verwendeten Datensätze zu Bauprodukten kein Modul D enthalten.

Die aus dem Forschungsprojekt resultierenden Ergebnisse bilden Handlungsempfehlungen für verschiedene Ebenen: In der übergeordneten Ebene bedarf es einer normativen Überarbeitung sowie der verpflichtenden Analyse des Moduls D in der Ökobilanz, um bis dato bestehende Interpretationsspielräume und Datenunvollständigkeiten einzudämmen und so mehr Transparenz zu schaffen.

Bei Produkten und Produktgruppen, die ihre physische Identität behalten, sollte die bauproduktherstellende Industrie stärker und detaillierter als bisher Angaben zu den Modulen C und D veröffentlichen. Programmhalter zur Erstellung von Umweltproduktdeklarationen (EPDs) sind angehalten, ihren Mitgliedern eine vollständige Erfassung zu empfehlen. Dies könnte unterstützt werden durch ein bestärkendes Empfehlungsschreiben vom BNB-Systemträger. In diesem Zusammenhang ist es zudem wünschenswert, in EPDs mögliche Entsorgungsszenarien zu implementieren, die mehrere Modul C – Modul D-Kombinationen enthalten.

In der ÖKOBAUDAT sollten die Möglichkeiten, Angaben zum Modul D aufzunehmen, ausgebaut werden. Es sollte gekennzeichnet werden, zu welchen Produktgruppen prinzipiell Angaben zu den Modulen C und D erwartet werden.

Szenarien für die Module C und D sollten im BNB-System genauer gefasst werden. Insgesamt ist hierzu eine detaillierte Systematik erforderlich. Es muss jedoch sichergestellt werden, dass sich die Szenarien auf Produktebene und Gebäudeebene nicht widersprechen. Im Zusammenhang mit der Darstellung des Recyclingpotenzials eines Gebäudes (Modul D Bauwerk) wird empfohlen, ein Rückbauszenario für das Bauwerk am Ende seiner Lebensdauer, jedoch auch für sämtliche Austauschprozesse bei Ersatzinvestitionen vorzugeben. Vorgeschlagen wird ein Rückbauszenario "Selektiver Rückbau mit Ausschleusen von Schadstoffen". Im Sinne eines Variantenvergleichs könnte diesem Szenario ein Szenario "Abriss" gegenübergestellt werden, um die Unterschiede zu verdeutlichen und das erzielbare Recyclingpotenzial herauszustellen.

Für den kurzfristigen Umgang mit Modul D soll bei den ökobilanziellen Kriterien 1.1.1 bis 1.1.5, denen das Modul D bisher zugeordnet wird, auch weiterhin keine Verrechnung mit den übrigen Modulen stattfinden. Grund hierfür ist insbesondere, dass eine Verrechnung des Moduls D mit den übrigen Modulen normativ ausgeschlossen wurde. Ebenso wird aufgrund der lückenhaften Datenlage derzeit auf eine Bewertung verzichtet. Wenn mittelfristig eine geeignete und ausreichende Datenbasis vorliegt, kann für das Modul D ein Bewertungsansatz entwickelt werden. Empfohlen wird, den Bewertungsansatz der relativen Benchmarks für Modul D zu den übrigen Modulen abhängig von den tatsächlichen prozentualen Anteilen anhand von Ökobilanzierungen verschiedenster Gebäudetypen zu eruieren und zu quantifizieren.

Um das Recyclingpotenzial aus einer anderen Perspektive in einem bestehenden oder neuen Kriterium zu adressieren, wäre hierfür beispielsweise der Steckbrief 4.1.4 Rückbau, Trennung und Verwertung prädestiniert, da der prozentuale Gewichtungsanteil an der Objektbewertung hier aufgrund der Bewertungssystematik des BNB-Systems höher als in der Ökobilanz wäre. Weiterhin wäre der Gebäudepass im Steckbrief 5.1.5 Schaffung von Voraussetzungen für eine optimale Bewirtschaftung als zukünftiges Instrument für ein "Urban Mining" geeignet, um Art, Umfang und Qualität recyclingfähiger Stoffgruppen in Abhängigkeit des Rückbauszenarios und eine Prognose zum Potenzial für Wiederverwendung, Rückgewinnung und Recycling darzustellen.

Insgesamt sollte im Bereich Rückbau und Recycling eine Fokusänderung vorgenommen werden, die neben der Betrachtung des Endes der Nutzungs- oder Lebensdauer des Bauwerks auch eine lebenszyklusbegleitende Betrachtung unter Beachtung von Ersatzinvestitionen vornimmt. Die bisherige Anordnung des Moduls D im Lebenszyklusmodell vom Gebäude suggeriert, dass es erst nach Ende des Lebenszyklus des Bauwerks ermittelt werden kann. Dies trifft so nicht zu. Im Lebenszyklus des Gebäudes werden diverse Produkte und Systeme im Rahmen von Ersatzinvestitionen ausgetauscht, da sie das Ende ihrer Lebens- bzw. Nutzungsdauer erreicht haben. Damit ergeben sich hieraus zusätzliche Anteile für ein Modul D. Es wird vorgeschlagen, ein Konzept für einen lebenszyklusbegleitenden Ansatz des Moduls D zu erarbeiten und als Diskussionsbeitrag in die laufende Überarbeitung und Weiterentwicklung relevanter Normen einzubringen. Es besteht folglich ein Interesse daran festzustellen, wann zusätzliche Vorteile und Lasten außerhalb der Systemgrenzen des Bauwerks und seines Lebenszyklus auftreten.

Bei korrekter Ermittlung, Anwendung und Interpretation löst der Ansatz der Ermittlung und Interpretation des Moduls D auf Bauwerksebene ein langjähriges Problem. Es ist nun möglich, bereits in der Planungsphase die Rückbau- und Recyclingfreundlichkeit einer Entwurfsvariante einer quantitativen Bewertung zuzuführen und so eine Lenkungswirkung zu erzielen. Insbesondere durch das getrennte und disaggregierte Ausweisen der Daten können Informationen zur Verfügung gestellt werden, die eine wichtige Ausgangsbasis für ein "Urban Mining" zur Verfügung stellen.

Veröffentlichungen

Wissenschaftliche Begleitung der Arbeitsgruppe „Modul D“ des Runden Tisches Nachhaltiges Bauen – Endbericht
Download auf https://www.bbsr.bund.de/

Projektbeteiligte
Eckdaten
Schlagworte zum Projekt : Nachhaltiges Bauen, BNB, Modul D
Projekt auf der Webseite des BBSR : https://www.bbsr.bund.de/BBSR/DE/forschung/programme/zb/Auftragsforschung/2NachhaltigesBauenBauqualitaet/2016/runder-tisch-modul-d/01-start