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Wissenschaftliche Begleitung einer Arbeitsgruppe Standards im Bauwesen

Projektbeschreibung

Projektbeteiligte

Eckdaten

Wissenschaftliche Begleitung einer Arbeitsgruppe Standards im Bauwesen


Projektnummer
Projektbeginn
04.2016
Projektende
04.2018
Projektstatus
abgeschlossen ohne Bericht

Angesichts des hohen Neubaubedarfs von mindestens 350.000 Wohnungen und dem politischen Ziel des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit (BMUB), bezahlbares Wohnen und Bauen zu gewährleisten, wurde im Zuge des 10-Punkte-Programms zum Abschluss des Bündnisses für bezahlbares Wohnen und Bauen auch das Normungswesen im Bauwesen auf den Prüfstand gestellt. Es wurde der Frage nachgegangen, ob bzw. welche Standards und Normen signifikante Parameter für Baukostensteigerungen sind.Projektlaufzeit: April 2016 – Juli 2017

Ausgangslage

Die Bundesrepublik Deutschland steht auf Grund des wachsenden Wohnraumbedarfs vor der Herausforderung, Maßnahmen zu entwickeln, die ein kostengünstiges Bauen ermöglichen. Als einen Kostentreiber der Baukosten wurde von der Baukostensenkungskommission das Normungswesen identifiziert. Hierzu wurde die "Arbeitsgruppe Standards im Bauwesen" im Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit (BMUB) eingerichtet, die sich aus Vertretern und Verbänden der Länder, Kommunen, Bau- und Wohnungswirtschaft, Hersteller, Verbraucher und Planer sowie des DIN zusammensetzte. In der Arbeitsgruppe wurde das Normungswesen im prozeduralen Ablauf und in fachlichen Themenfeldern (z.B. Brandschutz und Schallschutz) analysiert und diskutiert.

Ziel

Ziel der Arbeitsgruppe war es, die wesentlichen Prozesse im Normungswesen mit Blick auf ihre Kostenrelevanz zu hinterfragen und offen zu diskutieren. Weiterhin wurden die Empfehlungen der Baukostensenkungskommission aufgegriffen. Vorschläge und Maßnahmen für deren Implementierung waren zu konkretisieren. Die Ergebnisse der Arbeitsgruppe sollten eine Datengrundlade für die spätere Entwicklung einer Kosten-Nutzen-Analysen genutzt werden.


Auftragnehmer des Forschungsprojektes war das Fachgebiet Bauwirtschaft und Baubetrieb der TU Berlin unter der Leitung von Prof. Matthias Sundermeier. Bearbeitet wurde das Projekt von Andreas Hartmann.

Konzept

Zur Erörterung der oben genannten Fragestellungen wurden vier Veranstaltungen mit den Mitgliedern der Arbeitsgruppe durchgeführt. Begleitet wurden diese durch kleine Arbeitskreise zu bestimmten Themenfeldern, deren Ergebnisse in der gesamten Arbeitsgruppe diskutiert wurden.

Das Fachgebiet Bauwirtschaft und Baubetrieb der TU Berlin wurde damit beauftragt, die Sitzungen vor- und nachzubereiten, relevante Fragestellungen wissenschaftlich zu begleiten sowie die wesentlichen Ergebnisse der Arbeitsgruppe in Form eines Endberichts zusammenzufassen.

Ergebnisse

Mit den Untersuchungen der Normungsprozesse und möglicher monetärer Auswirkungen von unterschiedlichen Regelwerken hat die Arbeitsgruppe "Standards im Bauwesen" ein sehr komplexes Thema bearbeitet. Aus den Diskussionen konnten dabei vielseitige Empfehlungen abgeleitet werden, die sowohl an die Politik, die obersten Bauaufsichten, das Deutsche Institut für Normung und die interessierten Kreise adressiert worden sind.

In den Diskussionen der Arbeitsgruppe stellte sich heraus, dass noch erheblicher Forschungsbedarf hinsichtlich der Etablierung eines Modells zur Abschätzung der Kostenauswirkungen von Normen und Standards existiert.

Eine solche Untersuchung von Folgekosten bzw. Erfüllungskosten wurde als zwingendes Werkzeug bei der Bewertung zukünftiger und auch bestehender Regelungen erachtet, um deren Kostenrelevanz sowie den Mehrwert bzw. Nutzen insbesondere mit Blick auf den Wohnungsbau im Vorfeld abschätzen und dementsprechend lenkend eingreifen zu können.

Das Modell der Folgekostenabschätzung sollte transparent und mit verhältnismäßigem Aufwand auch von verschiedenen interessierten Kreisen angewendet werden können. Insbesondere seien hierunter die Betroffenen und Anwender, das Deutsche Institut für Normung (DIN), Bauaufsicht und das Deutsche Institut für Bautechnik (DIBt) sowie die Verbände der Wohnungswirtschaft genannt. In einem vom BMUB beauftragten Forschungsvorhaben wurde unter der Leitung von Prof. Dr. Stoy ein Modell entwickelt, das eine Kosten-Nutzen-Analyse ermöglicht. Dieses Modell wurde auch innerhalb der Arbeitsgruppe diskutiert.

Gestaltungsoptionen für die Politik

Insbesondere eine noch zu verbessernde fundierte und transparente Kosten-Nutzen-Analyse wurde als Gestaltungsempfehlung an die Politik von den Mitgliedern der Arbeitsgruppe betrachtet.

Da nach der Veröffentlichung von Normen Änderungen oder deren Zurückziehung in der Regel nur noch schwer möglich sind, ist vorab eine ausreichende Untersuchung der Kostenauswirkungen wichtig. Entsprechende Maßnahmen zur Gegensteuerung sind im Normungsprozess aber auch bei der Etablierung von Standards von hoher Relevanz. Zwar existieren bereits erste Forschungsergebnisse hierzu; eine allgemeine und belastbare Anwendung ist damit allerdings noch nicht abgesichert.

Außerdem wurde von der Arbeitsgruppe eine frühe Beteiligung im Normungsprozess als entscheidend bewertet und der derzeitige Informationsfluss als nicht ausreichend kritisiert.

Folgende Empfehlungen ergeben sich aus den Sitzungen:

  • Weiterentwicklung und Implementierung einer Systematik für eine Kosten-Nutzen-Bewertung von avisierten Normen und Standards im Gebäudebereich
  • Untersuchung zu Widersprüchen in den unterschiedlichen Regelwerken (z.B. technische Merkblätter und DIN-Normen)
  • Verbesserung der Mitwirkungsmöglichkeiten durch interessierte Kreise im Normungsprozess und Erhöhung der Transparenz
  • Die Implementierung einer obligatorischen Folgekostenabschätzung im Normungsprozess beim Deutschen Institut für Normung (DIN) unterstützen und die Einrichtung einer organisatorisch unabhängigen gemeinsamen Stelle (Kontrollgremium) für Bund, Länder und Kommunen forcieren.

Empfehlungen an die staatlichen Regelsetzer

Als primäre Empfehlung an die staatlichen Regelsetzer wird die Mitarbeit in Normungsausschüssen gesehen. Denn durch eine aktive Einflussnahme können Inhalt, Umfang und Kostenauswirkungen der Normen mitgesteuert werden.

Hinsichtlich der Prüfung von neuen Normen durch die Bauaufsicht wurde angemerkt, dass eine klarere Festlegung in den Anwendungsbereichen erstellt werden müsse, welche Merkmale überhaupt relevant sind. Denn nur eine Regelungsprüfung mit klar definiertem Prüfaufgaben und- umfang kann ein sinnvolles und nutzenbringendes Ergebnis liefern.

Vor der bauaufsichtlichen Einführung von nationalen und europäischen Normen und Regelwerken sollte die Bauaufsicht die betroffenen Baubeteiligten (über die Bauherren-, Ingenieur- Fach- und Unternehmensverbände) im Zuge einer Prüfung miteinbeziehen. Dabei können aufgrund der Anwendererfahrungen frühzeitig Folgen und Kosten neuer Regelungen zielsicherer bewertet werden.

Sinnvollerweise können die Studien der Auswirkungen von Regelwerksänderungen an Referenzobjekten oder über Vergleichsrechnungen von betroffenen und erfahrenen Baubeteiligten durchgeführt und als Forschungsberichte veröffentlicht werden. Diese Vorhaben wären gegebenenfalls mit öffentlichen Fördermitteln unterstützungsbedürftig.

Stellen sich dabei neue Normen und Regelwerke als mangelbehaftet heraus (z.B. überbordender Umfang, missverständliche Formulierungen, unsichere Lösungen, unvollständige Regelungen, unnötig hohe und teure Anforderungen etc.), sollte die Bauaufsicht Handlungskonzepte entwickeln, die ein Muster vorgeben, wie die Sicherstellung der bauaufsichtlichen Anforderungen dennoch gewährleistet werden kann. Hierzu sollten die Bauaufsichten verschiedene Möglichkeiten nutzen:

  • Übergangsweise Schaffung von alternativen und praxisgerechten Regelungen, um Lücken in Normen zu schließen oder Regelungen aus mangelhaft umgesetzten Mandaten zu vermeiden
  • Teilübernahme von Normen oder Festlegung von vorgegebenen einzuhaltenden Klassen
  • Erstellung eigener Regelungen ohne eine bauaufsichtliche Einführung der technischen Norm

Außerdem wurde die Einrichtung eines Bund-Länder-Kontrollgremiums zur Steuerung und Überwachung einer Folgekostenanalyse vor der rechtlichen Inbezugnahme von Normen empfohlen.

Empfehlungen an das Deutsche Institut für Normung

In den Sitzungen wurden Empfehlungen dahingehend ausgesprochen, dass eine für das gesamte Bauwesen repräsentative Zusammensetzung der interessierten Kreise gegeben sein müsse. Normungsarbeit müsse weiterhin auf ausgewogener und paritätischer Basis geschehen.

Im Zuge der Diskussionen wurden folgende Punkte mehrheitlich als empfehlenswert erachtetet:

  • Erhöhte Transparenz im Zuge des Normungsprozesses
  • Möglichkeit zur digitalen Partizipation
  • proaktive Koordination und Kommunikation
  • Implementierung der Kosten-Nutzen-Analyse unter Berücksichtigung der Kosten für Errichtung und Nutzung von Gebäuden

Darüber hinaus hat das DIN einen Sonder-Präsidialausschuss Bauen und Gebäude (PBG) installiert, der dem Präsidium Vorschläge unterbreiten soll, den Normungsausschuss Bau unterstützt sowie die Normungsarbeiten fächerübergreifend begleitet und aktuelle Fragestellungen aufgreift. Hierbei wurden folgende wesentliche Ergebnisse festgehalten: Normung muss relevant und zielorientiert, transparent und leistbar, praxisgerecht und europäisch, lesbar und anwendbar sowie rechtssicher sein und müsse auch die Wirtschaftlichkeit sicherstellen.

Allgemeine Empfehlungen

Da die Ergebnisse und Inhalte von Normen von den Experten in den Normungsausschüssen erarbeitet und bestimmt werden, wird empfohlen, primär mehr Engagement und die Bereitstellung der notwendigen Ressourcen durch die an der Normung interessierten Kreise bereitzustellen.

Als weitere Empfehlungen gilt, dass vor der bauaufsichtlichen Einführung von nationalen und europäischen Normen und Regelwerken die betroffenen Beteiligten (z.B. Bauherren-, Planer-, Immobilien- und Unternehmensverbände) diese prüfen sollten (inkl. Kosten-Nutzen-Analyse). Hierbei können aufgrund der Anwendererfahrungen frühzeitig Folgen und Kosten neuer Regelungen zielsicherer bewertet werden.

Innerhalb von Normungsprozessen können sich die Ausschüsse und Ansprechpartner ändern. Diese können beim DIN erfragt werden. Darüber hinaus informiert das DIN zu anstehenden Normungsvorhaben, aktuellen Ständen und Mandatierungen. Analog dazu können sich an der Normung Interessierte via automatisierter Mitteilungen und über die Internetpräsenz des DIN hinsichtlich Normungsvorhaben und -aktivitäten informieren.

Projektbeteiligte
Eckdaten
Schlagworte zum Projekt : Arbeitsgruppe, Standards, Bauwesen, Normen, Normungswesen, Bündnis für bezahlbares Wohnen und Bauen
Projekt auf der Webseite des BBSR : https://www.bbsr.bund.de/BBSR/DE/forschung/programme/zb/Auftragsforschung/3Rahmenbedingungen/2016/standards-bauwesen/01-start