Mustervertragsbedingungen für Mehrparteienverträge im öffentlichen Bauwesen bei Integrierter Projektabwicklung

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Ausgangslage

Das Bauwesen der privaten wie der öffentlichen Hand sieht sich mit zunehmender Komplexität der Anforderungen an ein Bauprojekt, insbesondere bei besonders großen oder änderungsanfälligen Projekten, mit abnehmender Steuerbarkeit des Projekterfolgs konfrontiert. Die vereinbarte Bauzeit, Kosten und Qualitäten zu garantieren wird für alle an einem Großprojekt beteiligten Vertragspartner zunehmend schwierig oder gar unmöglich, da die Flexibilität der vertraglichen Vereinbarungen, die Kommunikationswege unter den Beteiligten und die jeweiligen wirtschaftlichen Interessen rasche und dem Projekt dienliche Entscheidungen kaum ermöglichen. Bei erfolgreicher Durchführung der aktuell in Planung und Ausführung befindlichen Pilotprojekte sollen daher im Bundeshochbau in geeigneten Baumaßnahmen Mehrparteienverträge geschlossen werden, um im Rahmen einer „Projektallianz“ kooperativ und stets mit Blick auf die beste Entscheidung für das Projekt zusammenzuarbeiten: Die wichtigsten Planerinnen und Planer sowie bauausführenden Unternehmen, die die Bauherrin beauftragt, schließen mit der Bauherrin einen Mehrparteienvertrag/Allianzvertrag und planen und realisieren das Projekt gemeinsam in „Integrierter Projektabwicklung“.

Ziel

Nach den Beispielen des Project Partnering, der Project Alliance bzw. der Integrated Project Delivery in Großbritannien, den USA und Australien, wo solche Modelle seit ca. 20 Jahren praktiziert werden, sollten zwei Musterverträge für die öffentliche Hand entwickelt werden: Ein Muster für einen Mehrparteien-Rahmenvertrag und ein Muster für einen Mehrparteienvertrag über die gesamte Leistung mit Zielpreisvereinbarung. Die Konformität mit dem Bürgerlichen Gesetzbuch, insbesondere den Regelungen zu Allgemeinen Geschäftsbedingungen, war ebenso zu berücksichtigen wie der vergaberechtliche Grundsatz der losweisen Vergabe.

Auftragnehmerin war Rechtsanwältin Prof. Dr. Antje Boldt, bei Vertragsabschluss c/o Arnecke Sibeth Dabelstein PartGmbB, Frankfurt/M., aktuell c/o Rittershaus Rechtsanwälte Steuerberater PartGmbB, Frankfurt/M.,
in Zusammenarbeit mit Dr. Nina Rodde, Lumico GmbH, Berlin.

Konzept

Die Projektbearbeitung beinhaltete die folgenden Arbeitsschritte:

1. Vertragsmuster und individuelle Projektverträge aus Deutschland, den USA, Australien und Großbritannien, ggf. Österreich und der Schweiz, zu Integrated Project Delivery, Project Alliance, Project Partnering o. Ä. sollten von der Forschungsnehmerin recherchiert, ggf. ins Deutsche übertragen, auf Struktur und Regelungsinhalte analysiert, mit Blick auf die Konformität mit dem deutschen Bürgerlichen Gesetzbuch (allgemein, Werkvertrag, Bauvertrag, ggf. weitere Vertragsregime, AGB-Recht) und vor dem Hintergrund der eigenen Erfahrung sowie ggf. Erfahrungsberichten Dritter ausgewertet werden.
2. Im Ergebnis sollten Musterverträge für das Mehrparteien-Rahmen-Modell und das Mehrparteienmodell über die gesamte Leistung mit Zielpreisvereinbarung entworfen werden.
3. Für die Möglichkeit, im Anschluss an die integrative Planungsphase Pauschalpreise (anstelle der Selbstkostenerstattung nebst Gewinn-/Verlustbeteiligung) zu vereinbaren, waren einzelne gesonderte Klauseln zu entwerfen.
4. Die Ergebnisse gemäß Ziff. 1 waren einleitend zu den Musterverträgen/-klauseln zusammenfassend darzustellen. Auch die AGB-rechtliche Betrachtung sollte einleitend dargestellt werden:
   a) ob AGB-Recht auf derartige Verträge (stets individuell zu verhandeln?) Anwendung findet,
   b) eine eventuelle Abwägung, sofern Klauseln in die Entwürfe aufgenommen werden, die für das Ziel einer partnerschaftlich-kooperativen Projektabwicklung mit/im Mehrparteienvertrag als sinnvoll oder unverzichtbar erachtet werden, obwohl sie AGB-rechtlich angreifbar sein könnten.
5. Es war zu berücksichtigen, dass das Prinzip der Teillosvergabe auch bei Allianzmodellen weitgehend beibehalten werden soll.

Ergebnisse

Der Endbericht fasst die Projektergebnisse zusammen und enthält die vier Teile A bis D:

• Teil A beinhaltet die Einführung in Aufgabenstellung und Vorgehensweise;
• Teil B beschreibt und vergleicht die internationalen Vertragsansätze in Australien, den USA, England, Österreich mit den ersten Modellen in Deutschland;
• Teil C geht zunächst auf die Besonderheiten der erarbeiteten Mustervertragsbedingungen ein, enthält sodann unter Ziff. II.5 die „Musterbedingungen Allianzvertrag“, schließt unter Ziff. II.6 mit Erläuterungen an und bietet unter Ziff. III und IV „Mustervertragsbedingungen Rahmenvereinbarung“ und „Klauseln für die Vereinbarung einer Pauschalpreisabrede“ an;

• Teil D fasst das Forschungsergebnis abschließend zusammen.