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Strategien für klimagerechte Dachflächen
Strategien für klimagerechte Dachflächen
Strategien für klimagerechte Dachflächen
08.2022
09.2024
abgeschlossen ohne Bericht
Das Projekt stellt bereits vorliegende wissenschaftliche Erkenntnisse zur Eignung und Nutzung von Photovoltaik (PV) und Dachbegrünungen zusammen, einschließlich kombinierter Systeme PV und Gründach. Darauf aufbauend wird der Zwiespalt der beiden Nutzungsformen sowie der jeweiligen energetischen, ökologischen und ökonomischen Vor- und Nachteile für die Gebäude und Stadtquartiere diskutiert. Ein besonderes Augenmerk liegt dabei auf gebäudeübergreifenden Strategien (Mikro- und Makroperspektive) sowie dem Umgang mit Bestandsgebäuden. Denn eine starke Verbreitung von Photovoltaik und/oder Dachbegrünung im Stadtgebiet wirkt sich zum Teil weit über die Gebäudeebene und die Effekte von Einzelinstallationen hinaus aus.
Ausgangslage
Die Ausgestaltung klimagerechter Dachflächen steht aktuell in einem Zwiespalt zwischen dem Potenzial zur Nutzung erneuerbarer Energien in Form von Photovoltaik-Anlagen sowie dem Potenzial zur Erhaltung des Mikroklimas und der damit verbundenen Anpassung an die Folgen des Klimawandels in Form von Gründächern. Darüber hinaus sind Dachflächen wichtige Gebäudekomponenten für den winterlichen und sommerlichen Wärmeschutz.
Viele Dachflächen in Deutschland verfügen weder über eine Photovoltaik-Anlage noch über ein Gründach. Mit Blick auf den Klimawandel bedarf die Erschließung dieser ungenutzten Potenziale einer näheren Betrachtung. Einzelne Solar- und Gründach-Potenzial-Kataster geben bereits erste Hinweise, ob sich bestehende Gebäude nachträglich mit einer Anlage ausstatten lassen. Diese Kataster wurden im Projektverlauf unter anderem als Grundlage für die weitergehenden Untersuchungen genutzt.
Ziel
Das Projekt sollte Empfehlungen und Strategien für die Ausgestaltung der Dachflächenlandschaft in Deutschland erarbeiten. Die über das einzelne Dach hinausgehende Betrachtung richtete den Fokus auf einen klimaneutralen und klimagerechten Gebäudebestand 2045.
Des Weiteren wurde der Zielkonflikt Photovoltaik und Gründach untersucht: Unter welchen Umständen oder Voraussetzungen ist eine Kombination oder auch eine getrennte Nutzung der jeweiligen Systeme von Vorteil? Im Fokus der Untersuchung stand dabei vor allem die Umnutzung bestehender Dachflächen.
Die Studie betrachtete die folgenden Aspekte:
- Vor- und Nachteile einer gebäudeübergreifenden Betrachtung gegenüber einer Einzelbetrachtung für Klimaschutz, Klimafolgenanpassung und Biodiversität
- Besonders geeignete Dachflächen und Gebäudekonstellationen für nachträgliche Photovoltaik-Anlagen und/oder Gründächer
- Technische und wirtschaftliche Möglichkeiten
- Objektbezogene Nutzungskonkurrenzen
- Bewertungen für Entscheidungsfindung (Mikro- und Makrobetrachtung)
Auftragnehmer des Forschungsprojekts war der Bundesverband GebäudeGrün e.V., Berlin. Das Projekt wurde zusammen mit dem Institut für ökologische Wirtschaftsforschung GmbH bearbeitet.
Konzept
Analyse verschiedener Gebäudesituationen
Über die Sichtung von Forschungs- und Förderprojekten, Solar- und Gründachkatastern, die Abfrage von Solar-Verbänden und Anbietern von Solar- und Gründachkatastern sowie eine allgemeine Literaturrecherche wurden unterschiedliche städtebauliche Voraussetzungen hinsichtlich Gebäudekonstruktionen, Gebäudenutzungen, Eigentumsverhältnissen und Versiegelungsgrad untersucht, um eine erste Einschätzung zur Eignung von Dachflächen (PV und/oder Gründach) zu geben.
Kategorisierung geeigneter Dachflächen und Gebäudesituationen
Aus den analysierten Daten wurden verschiedene Kategorien und Kriterien zur Eignung von Dachflächen und Gebäude- sowie städtebauliche Situationen ausgearbeitet und hinsichtlich der Umsetzung als PV-Anlage, Gründach oder PV-Gründach gewertet. Besonders geeignete Konstellationen, die gute Voraussetzungen für die Kombination von Grün- und Solardächern bieten, wurden herausgestellt.
Technische Möglichkeiten und damit verbundene wirtschaftliche Konsequenzen
Mittels einer umfassenden Recherche wurden vorliegende Erkenntnisse zu den bau- und vegetationstechnischen Grundlagen auf dem Markt befindlicher PV-, Gründach-, PV-Gründach-Systeme und deren Vor- und Nachteile zusammengetragen. Dabei wurden die wesentlichen Aspekte der jeweiligen Dachnutzung herausgearbeitet. Ein weiterer Fokus lag auf einer wirtschaftlichen Betrachtung der Systeme, die neben der Herstellung auch die Instandhaltung miteinschließt. Die Ausweichmöglichkeiten auf Gebäudefassaden wurden mitdiskutiert.
Entwicklung einer Bewertungsmethodik (Mikro- und Makrobetrachtung)
Die entwickelte Methode gibt Ansätze, Dachflächen hinsichtlich ihrer Eignung und Wirkung als Grün- oder PV-Dach oder als Kombination zu bewerten. Insbesondere umweltbezogene Mehrwerte (z. B. Treibhausgasreduzierung, Ressourceninanspruchnahme, Vermeidung von Überhitzung) werden mitbeurteilt. Neben einer gebäudebezogenen Bewertung wurden darüber hinaus auch die gebäudeübergreifenden Beurteilungen einbezogen. Die Anwendung der Bewertungsmethodik wurde beispielhaft getestet und demonstriert, anfallende Einschränkungen wurden dargestellt.
Analyse etwaiger Hemmnisse und Vorschläge zur Umsetzung von Nutzungsstrategien in die Praxis
Mittels (Online-)Workshops, Online-Umfragen, persönlicher Befragungen sowie der Sichtung von Forschungs- und Förderprojekten und weiterer Literatur wurden Hemmnisse und Umsetzungshürden bei der Realisierung der unterschiedlichen Dachnutzungssysteme sowie offene Fragen verschiedener Zielgruppen erfasst.
Lösungsansätze und Handlungsempfehlungen
Auf Grundlage der analysierten Hemmnisse, Hürden und offenen Fragen wurden Lösungsansätze erarbeitet, wie die unterschiedlichen Nutzungsstrategien für Dachflächen in der Praxis umgesetzt werden können und was dafür erforderlich ist. Darüber hinaus wurden akteursspezifische Handlungsempfehlungen entwickelt, wie Dachflächen gebäudeübergreifend effektiv genutzt werden können.
Materialien und Konzeption zum Aufbau eines Informationsportals
Um das Thema der Umgestaltung ungenutzter Dachflächen in genutzte Dachformen mit PV, Gründach oder PV-Gründach öffentlichkeitswirksam zu machen, wurde ein Konzept für ein Informationsportal erstellt. Dabei wurden bereits bestehende Portale zu diesem Thema auf deren Eignung geprüft.
Ergebnisse
Bereits bei der Bestandsaufnahme der für die Studie erforderlichen Rahmenbedingungen, wie die Analyse städtebaulicher Situationen und die Anforderungen, die an PV und Gründächer bestehen, wurde die Komplexität des Themas deutlich. Mittels einer umfassenden Analyse der in Deutschland vorkommenden Gebäude- und Quartierstypen und deren Eigenschaften wurden entsprechende gebäude- und quartiersspezifische Indikatoren identifiziert, die für eine Eignungswertung für PV-Anlage oder Gründach von hoher Bedeutung sind.
Hohe Dringlichkeiten von PV-Anlagen bestehen auf Quartiersebene in Räumen, bei denen ein hoher Energieverbrauch (vor allem tagsüber) auf geeignete Einstrahlbedingungen trifft, wie beispielsweise bei Quartieren mit Nichtwohngebäuden (Gewerbe, Hallen, Bürogebäuden), aber auch in Raumstrukturtypen mit überwiegender Wohnnutzung wie Ketten- und Zeilenhochhäuser, Blockrandbebauung oder großmaßstäblicher Wohnungsbau. Gerade in letzteren Wohnquartieren ergibt sich der Zielkonflikt zu Gründächern: Diese werden dringend in stark versiegelten und verdichteten Stadtraumtypen mit Wohnnutzung benötigt, um ihre positiven Wirkungen – wie die Vermeidung von Überhitzung durch Verdunstungskühlung, den Rückhalt von Niederschlagswasser, die Schaffung von Grün- und Erholungsflächen, die Bindung von Schadstoffen oder dem Schutz der Gebäudeoberfläche – mit möglichst großen Effekt auf die Bewohnenden und die Infrastruktur ausspielen zu können. In diesen Fällen sind die Synergieeffekte des PV-Gründachs heranzuziehen, wenn die Eignungsindikatoren beider Dachnutzungssysteme eingehalten werden können. Die Eignungsindikatoren auf Gebäudeebene setzen sich aus Anforderungen an die Dachkonstruktion, das Gebäude, das Quartier und das ausgewählte Dachnutzungssystem (PV-Anlage oder Gründach) zusammen und sind teilweise ausschlaggebend für die Realisierung des jeweiligen Systems.
Aus bereits bestehenden Unterlagen zu den technischen Möglichkeiten von PV-Dachanlagen, Gründach- und PV-Gründachsystemen wurden die wichtigsten Erkenntnisse zusammengeführt und strukturiert aufbereitet. Es offenbarte sich eine hohe Vielfalt an Systemlösungen, die es theoretisch ermöglichen, auf fast allen Dachkonstruktionen zumindest eine Form der Dachnutzung umzusetzen.
Aufbauend auf einer Analyse der Wirkungen der Dachnutzungssysteme wurde eine Methode entwickelt, die eine Bewertung auf der Mikro- und Makroebene unterstützt. Als wichtige Einfluss- und Entscheidungsgröße stellte sich dabei die Dachflächengröße heraus. Gerade die vielfältigen Wirkungen des Gründaches skalieren oftmals mit dieser Kenngröße. Auch bestimmt diese maßgeblich die Kosten der Dachnutzungssysteme. Des Weiteren veranschaulichte die Methodik die unterschiedliche Relevanz einzelner Wirkungen der Dachnutzungssysteme in Abhängigkeit unterschiedlicher Akteursperspektiven. Während eher global wirkende Effekte wie beispielsweise der Einfluss auf die Biodiversität, die Belastung des Stromnetzes oder Temperatureffekte vorrangig im Fokus kommunaler Akteure stehen, sind es vor allem die energetisch-wirtschaftlichen Kennzahlen der Gebäudeebene, die für private Akteure von großem Interesse sind. Gerade gekoppelte PV-Gründach-Lösungen können diesbezügliche eine Lösung darstellen, denn hier manifestieren sich die positiven Effekte auf allen untersuchten Wirkebenen (energetisch, betriebswirtschaftlich, regionalökonomisch, ökologisch, gesundheitlich).
Hemmnisse bei der Realisierung der unterschiedlichen Dachnutzungssysteme bestehen auf verschiedenen Akteursebenen und sind insbesondere auf fehlendes Wissen zu verschiedenen Dachnutzungssystemen, Gebäudeeigenschaften im Bestand sowie der fachgerechten Planung und Ausführung zurückzuführen. Nach Auffassung des Forschungsnehmers sollten insbesondere Bund, Verbände und systemherstellende Unternehmen eine tragende Rolle übernehmen, um die bestehenden Hürden und Vorbehalte auszuräumen.
Projektbeteiligte |
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Eckdaten | |
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Schlagworte zum Projekt : | Gebäudegrün, PV, Gründach, Artenvielfalt, PV Pflicht, Wärmedämmung, Retention von Regenwasser |
Projekt auf der Webseite des BBSR : | https://www.bbsr.bund.de/BBSR/DE/forschung/programme/zb/Auftragsforschung/jahr/2022/strategien-dachflaechen/01-start |