Ergebnisse des Kongresses 2025
Die wichtigsten Ergebnisse aus den Beiträgen und Diskussionen des Zukunft Bau Kongresses 2025 sind im Folgenden kurz zusammengefasst.
- Politische Leitlinien zur Klima- und Ressourcenschonung im Bauwesen.
Für die Erreichung der politisch definierten und gesellschaftlich relevanten Klimaziele spielt der Gebäudebereich eine entscheidende Rolle. Die Lebenszyklusbetrachtung ist dabei im Bestand wie im Neubau von zentraler Bedeutung. Neben Wohngebäuden sind verstärkt auch Nichtwohngebäude in den Fokus zu rücken. Um die in Forschung und Praxis existierenden Ansätze zur Klima- und Ressourcenschonung im Bauwesen effizienter implementieren, bündeln und fördern zu können, ist die Erstellung politischer Leitlinien wünschenswert. Diese sollten aufzeigen, wie die Klimaziele im Bauen und Wohnen eingehalten werden können.
- Gute, qualitätsvoll gestaltete gebaute Umwelt im Einklang mit der Natur fördern.
Unsere Gesellschaft braucht gut gestaltete Räume, in denen wir leben und arbeiten können. Dafür benötigt es nicht nur Baupolitik, sondern auch eine Architekturpolitik, die gezielt auf Bedeutung und Anforderung an Gestaltung eingeht. Die vom Bund erstellten Baukulturellen Leitlinien bilden einen Rahmen auf der Fachebene. Um eine stärkere Wirkung zu entfalten, benötigt es Architekturvermittlung und Umweltbildung in der allgemeinen Öffentlichkeit. Neben dem Gebauten ist auch der öffentliche Raum entscheidend für das Zusammenleben von Menschen, er fungiert als soziale Ader und gehört allen. Damit das trotz Klimaveränderung so bleiben kann, sind der Hitzeschutz und Abkühlungsmöglichkeiten sowie weitere Klimaanpassungsmaßnahmen in unseren Städten und ländlichen Regionen entscheidend. Gebäude müssen ausreichend an die Folgen des Klimawandels angepasst werden, um zukünftige monetäre Schäden, aber auch Gefahren für die menschliche Gesundheit zu vermeiden. Wir dürfen nicht weiter versiegeln, sondern müssen entsiegeln. Über die Stadt hinaus ist auch die Region entscheidend für die Umsetzung der Klima- und Ressourcenschonung. Regionale Zusammenschlüsse und durchlässige Systeme haben die Fähigkeit, neue Lösungen zu generieren, z.B. in den Bereichen Kreislaufwirtschaft, Wasser, Klimaschutz und Energieversorgung.
- Wohnungsraum schaffen im Bestand und Neubau.
Für die Schaffung von Wohnraum im Bestand und Neubau gelten hohe Ansprüche. Dieser muss nicht nur klima- und ressourcenschonend sein, sondern auch bezahlbar, sozial gerecht und lebenswert gestaltet sein. Dafür sind entsprechende Voraussetzungen in der Bodenpolitik und in der Wohngemeinnützigkeit zu schaffen. Um den dringend benötigten Wohnraum zu realisieren, müssen Wohnraumreserven in bestehenden Wohngebäuden genutzt werden. Große Reserven weisen hierfür bestehende Einfamilienhausgebiete auf. Zudem kann neuer Wohnraum auch durch die Umwidmung ungenutzter Büro- und Geschäftsgebäude entstehen. Bei der Umnutzung von Bestandsbauten sind bürokratische und bauordnungsrechtliche Hürden abzubauen (s. Punkt 4). Der geplante Bau-Turbo ist um einen Umbau-Turbo mit vereinfachten Planungs- und Genehmigungsprozessen zu ergänzen. Über die kommunalen Grenzen hinaus kann die Bereitstellung von Wohnraum auch regional mobilitätsbasiert organisiert werden.
- Einfach Bauen.
Um im Wohnungsbau und auch darüber hinaus schneller und kostengünstiger bauen zu können, ist die Vereinfachung bestehender Gesetze, Verordnungen, Normen und Ausführungsbestimmungen notwendig. Auch die Genehmigungsprozesse müssen beschleunigt werden. Ein vielversprechender Ansatz ist der Gebäudetyp E, der auf Bundesebene (Haftungsfreistellungen) und Länderebene (Bauordnungen) zügig umgesetzt und in die Breite entwickeln werden muss. Zudem sind auch vereinfachte Standards in den Landeswohnraumförderprogrammen wie der Hamburg -Standard zielführend.
- Einfach sanieren und umbauen.
Die Erhaltung und niederschwellige Sanierung des Bestands und seine Überführung auf ein zukunftssicheres Niveau sind essenziell für die Erreichung der Klimaziele. Die Weiternutzung bestehender Gebäude ist – auch im Sinn der Suffizienz – die wichtigste bauliche Strategie im Rahmen der Klima- und Ressourcenschonung. Um die Bestandsanierungsrate deutlich zu steigern, sind Sanierungsbarrieren abzubauen. Hier hilft z.B. eine angepasste Erwartungshaltung an ein saniertes Bestandsgebäude, das von den Anforderungen an einen Neubau abweichen darf. Eine Sanierung nach EH55-Standard stellt sich bisher in der Praxis als zu starre Vorgabe heraus. Vielmehr müssen ganzheitliche Betrachtungen in den Fokus rücken. Im Umgang mit dem Bestand kann analog zum Denkmalschutz ein genereller Bestandsschutz helfen, vom Regelwerk abweichende Lösungen für den Einzelfall zu finden. Der Gebäudetyp E kann hier unterstützend wirken. Dabei sollte ein Mindeststandard an Energieeffizienz festgelegt werden. Um den Materialwert einer Bestandsimmobilie zukünftig besser monetär einpreisen zu können, sollte dieser zusammen mit grauen Emissionen und grauer Energie und anderen Gebäudeinformationen dokumentiert werden. Dies kann über Wirtschaftlichkeitsbetrachtungen über den gesamten Lebenszyklus geschehen.
- Zirkulär planen und bauen.
Um die mit den Klimazielen verbundene Kreislaufwirtschaft im Gebäudebereich umzusetzen, müssen die bisherigen Planungsprozesse vereinfacht und der gesamte Lebenszyklus eines Gebäudes in zirkuläre Strategien integriert werden. Diese sind leistungsphasenübergreifend zu denken. Neu sind verstärkt die Ziele (Zeitraum, Preis) zu definieren, während die Planungs- und Bauprozesse freier zu gestalten sind. Kooperationen spielen bei zirkulären Prozessen von Anfang an eine entscheidende Rolle über einzelne Gewerke hinaus. Die bisherigen Ausschreibungsprinzipien, aber auch das Vergabe- und Nachtragssystem sind entsprechend zu überarbeiten- weg vom rechtlich basierten Sanktionssystem hin zu einem Anreizsystem. Denkbar wäre die Entwicklung modellhafter Vergaben, um zu prüfen, welche Klauseln im Vertrag tatsächlich notwendig sind.
- Kreislaufgerecht bauen.
Von dem Ziel der vollständigen Kreislaufwirtschaft im Gebäudebereich ist die Praxis aktuell noch weit entfernt. Ein wichtiger Hebel liegt im Bau- und Abfallrecht. Die Wiederverwendung vor dem Rückbau muss im Baurecht geschärft werden, damit Baumaterial nicht erst zu Abfall wird. Ein bundeseinheitlich eingeführter und gesetzlich verankerter Ressourcenpass für Gebäude sowie ein Materialpass helfen dabei, den Wert eines Gebäudes als Rohstofflager zu bestimmen. Ein weiterer Hebel liegt im Bauproduktenrecht, hier sind neue Voraussetzungen zur Verwendbarkeit zu beschreiben. Und ein dritter Hebel sind Gewährleistungsvereinbarungen, die zwischen den Partnern des zirkulären Bauens zu vereinbaren sind. Darüber hinaus benötigt es aber auch politische Grundsatzentscheidungen, z.B. dass bei öffentlichen Gebäuden vorzugsweise kreislauffähig und mit wiederverwendetem Material gebaut werden soll. Und dass ökologische Vorteile von Baumaterialien, ihre Wiederverwendbarkeit bzw. Recyclingfähigkeit sowie ihre Herstellungsenergie-, Emissions- und Rohstoffverbräuche bilanziert und eingepreist bzw. auch im Genehmigungsprozess berücksichtigt werden. So könnten im Rahmen von Baugenehmigungen analog zu Dänemark grundsätzlich Grenzwerte definiert und damit das zirkuläre Bauen gestärkt werden.
- Suffizienz nutzen.
Im Rahmen der Klima- und Ressourcenschonung will der Bund den Flächenverbrauch bis 2030 auf weniger als 30 ha pro Tag senken. Der neu beschlossenen Bau-Turbo (§246e) kann hierzu im Widerspruch stehen und wird daher kontrovers diskutiert. Diesen Widerspruch gilt es aufzulösen bzw. die Rahmenbedingungen des Bau-Turbos in Richtung eines Umbau-Turbos zu justieren und zu erweitern. Die Frage nach Angemessenheit und daraus abgeleitete Suffizienzstrategien können helfen, Standards, Komfortansprüche und Einsatz von Gebäudetechnik auf eine nachhaltige Entwicklung auszurichten. Dazu gehören auch Angebote zur Verkleinerung des Flächenkonsums (z.B. Teilung von Einfamilienhäusern, barrierefreies Bauen in Bestandssiedlungen, Förderung von Wohnungswechsel). Auch das Verhalten der Nutzenden ist mit einzubeziehen, da es in der Praxis häufig entscheidender ist als technische Lösungen auf dem Papier.
- Forschung und Lehre stärken.
Die Bauforschung hat das Potenzial, Wissen zu allen oben genannten Themen zu generieren und in die Praxis zu bringen. Die deutsche Bauforschungslandschaft ist in ihrer Struktur gut aufgestellt und sollte in ihren bestehenden Institutionen und ihrer Vernetzung weiter gestärkt werden, anstatt eine zusätzliche Forschungseinrichtung zu gründen. Gemessen an der Bedeutung des Bauwesens und im Vergleich zu anderen Forschungszweigen ist die Bauforschung erheblich unterfinanziert. Dementsprechend sind die Haushaltsmittel für etablierte Programme wie Zukunft Bau bedarfsgerecht zu erhöhen. Angewandte Forschung wie Reallabore bzw. das Zusammenspiel von Forschung und Praxis sollten bei der Bauforschung im Mittelpunkt stehen. Neben der Forschung ist auch die Ausbildung wichtig, hier sind vor allem Systemwissen und holistisches Wissen relevant. Ergänzend sollten Kooperationen mit anderen Fachdisziplinen und Berufspartnern angedacht und umgesetzt werden, etwa der Handwerkskammer oder der Verwaltung in den Kommunen.