Worte der Bauherren von Modellvorhaben im Effizienzhaus Plus-Standard

In neun Interviews legten Bauherren ihre Nutzereindrücke dar. Diese sind nachfolgend anonymisiert und sprachlich geglättet widergegeben. Die Interviews führte das Berliner Institut für Sozialforschung GmbH durch.


Motive und Weg zum Effizienzhaus Plus

"Aber wenn man den Experten glauben mag, reichen die fossilen Brennstoffe noch für 60 bis 80 Jahre. Ich werde es vielleicht nicht mehr erleben, aber sicher meine Kinder. Das finde ich erschreckend. Auf der anderen Seite finde ich es einfach toll, sich die Sonnenenergie zu Nutze zu machen […] Eine Familie hat ein gewisses Budget zur Verfügung und warum soll ich das in die Energie stecken, wenn ich es woanders reinstecken kann.“  (Interview Nr. 5, Frau F.)


 „Ich glaube nicht, dass wir mit diesem Haus in absehbarer Zeit an den Punkt kommen, dass wir viel Geld gespart haben. Da müssten die Strompreise und die Preise der fossilen Energieträger ordentlich explodieren, damit es sich in absehbarer Zeit amortisieren würde, aber das war von vornherein nicht der Gedanke. Ich bin in der Hinsicht ziemlich idealistisch.“  (Interview Nr. 6, Herr F.)


"Vielleicht sind wir da auch ein bisschen stolz drauf, wie wir wohnen dürfen. Wir merken das große Interesse am Haus. Wir können zeigen, dass wir die Fenster aufmachen, nicht die ganze Zeit irgendetwas messen oder Schalter bedienen. Da sehe ich schon eine Botschafterfunktion.“ (Interview Nr. 5, Frau E.)


„Aber ich mach das auch aus Überzeugung und wir wollen da was Tolles machen und auch die Daten zur Verfügung stellen. Ich habe die Software und das entsprechende Know-how, also wenn wir es nicht können, dann kann es niemand. […] Wir fühlen uns schon als Vorreiter und wir haben Freude und Spaß daran das zu optimieren.“ (Interview Nr. 9, Herr I.)


„Wir räumen auch Vorurteile aus, wie z.B. die Frage, ob man in einem solchen Haus überhaupt noch das Fenster öffnen darf: Also wenn es draußen angenehm ist, machen wir gerne mal das Fenster oder die Balkontür auf, d.h. man darf, man muss aber nicht, wenn es kalt ist.“ (Interview Nr. 7, Frau G.)


„Ich wollte mit dem Haus nach außen hin verdeutlichen, dass wir mit Gebäudekonzeptionen in einem Wandel stehen.“ (Interview Nr. 7, Herr G.)


„Ich arbeite seit zehn Jahren im Bereich Bauphysik, Energieeffizienz, nachhaltiges Bauen […] und da ist das für mich so eine Art Selbstversuch, herauszufinden was ist richtig, was ist falsch. Wie läuft das überhaupt.“ (Interview Nr. 1, Herr A.)


„Die Grundüberlegung war halt ein energieeffizientes Haus zu bauen, das eine möglichst hohe Autarkie ermöglicht. Dass wir dann auf ein Effizienzhaus Plus gekommen sind, waren verschiedene Entwicklungsschritte während der Planung.“ (Interview Nr. 7, Herr G.)


Reaktionen des Umfelds


„Es gibt Vorbehalte, die man sich schon mal anhören musste, dass man ein Pappmachè-Haus baut. Mein Vater hätte wohl schon gern gesehen, dass sein Sohn Stein auf Stein baut.“ (Interview Nr. 6, Herr F.)


„Ich bin eigentlich vom Bauhaus, über Pultdach, Energie an die Planung herangegangen. Da gibt es generationenspezifische Unterschiede: Jüngeren gefällt es eher als Älteren. Vom Wohlfühlfaktor her trifft auch der Generationenfaktor zu. […] Auch von der Bedienung, von der Lebensqualität gibt es unterschiedliche Aussagen. Klar, die ältere Generation tut sich ein bisschen schwerer, nicht mehr ihren konventionellen Schalter zu haben, plötzlich Bedienpanels vor sich zu haben, das einem verschiedene Informationen zeigt, die man erstmal werten muss.“ (Interview Nr. 7, Herr G.)


„Dann noch ohne Lichtschalter, mit Monitor. Die realisieren das nicht, was da eigentlich dahinter steckt. Es wird zwar aufgenommen, aber der Sinn und Nutzen ist nicht transparent bisher. Die haben immer alle Angst vor der Technik. Meine Mutter war mal alleine da, aber sie kam damit klar, als ich ihr das gezeigt habe. Ist doch gar kein Hexenwerk. Aber trotzdem stehen die Älteren der Technik skeptisch gegenüber.“ (Interview Nr. 9, Frau I.)


„In meinem Freundes- und Bekanntenkreis stößt diese Konzept durchaus auf Interesse. Es gibt immer wieder Leute, die auch nachfragen wie weit seid ihr jetzt und die wollen dann gucken kommen. Da gibt es viele Nachfragen, weil viele Leute in meinem Alter auch anfangen zu bauen oder mit dem Gedanken spielen, irgendwann ein Haus zu bauen. Da gibt es schon Interesse gerade auch im Hinblick auf die steigenden Energiekosten, ist das durchaus ein Konzept, was mit Sicherheit Zukunft hat.“ (Interview Nr. 6, Herr F.)


„Wir sind jetzt nicht in einem typischen Neubaugebiet, wo es viele Architektenhäuser oder Bauhäuser gibt. Da stechen wir ein bisschen hervor. Wir haben gute Beziehungen zu den Nachbarn, aber man hat natürlich die einen oder anderen Hinweise, dass das Haus ein bisschen komisch aussieht. Genau wissen wir es natürlich nicht, was die Leute denken. Aber wir kriegen auch durchaus positives Feedback, wo die Leute sagen „Mensch, das gefällt mir“ oder auch von Freunden, die auch ihr Haus mit uns geplant haben und anderen Bauherren, die im Nachhinein gekommen sind seit dieses Haus steht.“ (Interview Nr.7, Herr und Frau G.)

 

Raumklima


„Am Anfang war die Luftfeuchtigkeit ganz weg. Man muss immer darauf achten, dass die Luftfeuchtigkeit nicht zu tief absinkt. Also, dass es zu trocken wird. Als das Haus relativ frisch gebaut war, war die Lüftungsanlage anfangs etwas zu hoch eingestellt, dann hatten wir teilweise unter 30 Prozent Luftfeuchtigkeit, das war einfach zu trocken. Mittlerweile haben wir das ganz gut im Griff.“ (Interview Nr. 9, Frau I.)


 „Meine Frau hatte am Anfang Bedenken, dass sie nicht mehr lüften darf, weil sie gerne die Fenster aufreißt. Da Stoßlüften aber kein Problem ist, wurde sie überzeugt. Im Sommer stehen auch immer die Türen offen.“ (Interview Nr. 2, Herr B.)


„Er: Im Sommer und in den Übergangszeiten komme ich immer in Konflikt mit meiner Frau, wenn ich dann eine Temperatur innen mit 24/25 Grad habe und ich eigentlich die Balkontür gerne bis spätabends offen hätte, weil ich es vom Sommer gewohnt bin und den Bezug nach außen gern hätte und meine Frau dann aber sagt, lass doch die Temperatur bei 25 Grad.
Sie: Ja ich sag dann, lass es uns doch speichern, aber das ist die Zeit, in der andere schon den Ofen anschmeißen“. (Interview Nr. 7, Herr und Frau G.)


„’Ihr habt ja nicht mal einen Kamin, ihr müsst frieren. Ja wo sind denn eure Heizkörper? Bodenheizung auch nicht’ Ja, wir haben Wandheizung. Gäste sind immer überrascht, dass es schön warm bei uns ist.“  (Interview Nr. 2, Herr B.)


"Wir haben uns schon darauf eingestellt, dass das Haus vielleicht etwas anders tickt. Dass man am Anfang vielleicht sagt, wird es kalt, wird es warm? Aber das haben wir nie gehabt. Es war nie längere Zeit zu heiß, zu kalt oder gar einen Ausfall"  (Interview Nr. 5, Herr E.)


„Nach dem ersten Winter haben wir immer runtergedreht, es war immer zu warm, nie zu kalt, wir hatten immer 24 Grad hier drin […] und ich muss auch ehrlich sagen, ich hätte auch kein Problem, wenn es wirklich mal zu kalt wäre, mal einen Pullover anzuziehen für einen Tag. Den Kindern ist es immer zu warm, die laufen im T-Shirt rum.“ (Interview Nr. 9, Frau I.)


„Abends wenn man dann zur Ruhe kommt und im Wohnzimmer sitzt, dann denkt man sich manchmal, dass es ein bisschen wärmer sein könnte, aber da kuschelt man sich ja auch gerne mal mit einer Decke aufs Sofa, deshalb macht es mir nicht viel aus. Früher hätten wir dann einfach den Ofen abends angemacht, aber ich habe mich damit arrangiert.“ (Interview Nr. 2, Frau B.)


„Ich glaub ich hab den Umschwung von einer zugigen Mietwohnung zu diesem gut isolierten Haus am Anfang etwas stärker empfunden, in der einen Wohnung war es mir zu feucht, in der anderen zu trocken. Weil ich Kontaktlinsenträgerin bin, bin ich empfindlicher, aber da habe ich eine Lösung gefunden. Auch für meine Haut - häufiger mit anderen Produkten pflegen. Insofern macht mir das trockene Haus nichts aus und ich profitiere davon, weil ich da ein Augenmerk drauf lege und die Kontaktlinsen ordentlich pflege.“ (Interview Nr. 3, Frau C.)


Steuerung und Visualisierung


„Das war mir wichtig. Ich wollte kein BUS-System, wo ich über Handy steuern könnte. Also ich bin nicht so der Techniker. Ich habe sogar gesagt, die Rollos kann ich per Hand auf und zu machen, ich brauch das nicht.“ (Interview Nr. 2, Frau B.).


„Bei Technik gibt es für mich bestimmte Sachen, bei denen man auf dem neuesten Stand sein will. Aber auch Technik, wo ich sag, muss nicht sein, wie zum Beispiel eine Visualisierung. […] So wenig Technik wie möglich. Es geht ja alles kaputt. Da ich aus dem Elektronikbereich komme, kenne ich auch die Anfälligkeiten und manche Sachen braucht man einfach nicht“. (Interview 3, Herr C.)


„Auch für die Erwachsenen von morgen, meine Kinder, finden ich es nicht gut, zu vermitteln, dass sich alles per Knopf regulieren ließe und nicht mehr selbst mitgedacht werden muss und sich auf Technik verlassen werden kann. Also geht immer die Frage an die Kinder: Ist das Licht aus? Sind die Fenster zu? Das müssen sie über sich ergehen lassen.“ (Interview 3, Frau C.)


„Das richtige Programmieren ist der größte Aufwand, die Bedienung an sich ist nicht das Problem. Aber wenn es einmal richtig eingeregelt ist mit allen Feineinstellungen, dann ist es sehr einfach […]Auch in der Haustechnik macht Automatisierung oft viel Sinn, z.B. wenn es im Innenraum zu warm wird, dass dann die Jalousien automatisch runter gehen. Das macht keinen Sinn das ständig über Handy zu prüfen.“ (Interview Nr. 7, Frau G.)


„Man hat relativ wenig Möglichkeit was zu ändern, wenn man selber nicht im Thema drin steckt.“ (Interview Nr. 7, Herr G.)


„Für mich ist es Hobby und Beruf gleichzeitig. Ich habe Spaß an den Programmierarbeiten im Haus. Es ist meine Spielzeugeisenbahn.“ (Interview Nr. 9, Herr I.)


„Außerdem wäre mir zu viel Technik auch ein kleines bisschen unheimlich, weil ich will immer noch mit meinen eigenen Händen drehen und mit meinem eigenen Verstand ein paar Sachen regeln können, nicht nur von Einstellungen abhängig sein.“ (Interview Nr. 2, Frau B.)

 

"Das find ich befremdlich, ich finde das greift dann unheimlich in die Freiheit ein. Also für mich ist das Haus soweit technisiert, dass ich es mir zunutze mache. Andersrum würde ich mich fast wie ein Fremdkörper fühlen. Zu viel Steuerung fände ich momentan nicht positiv.“ (Interview Nr. 5, Frau E.)
„Die automatische Lüftung, die es im Hamburger Haus [Velux Licht-Aktiv-Haus] gibt, finde ich problematisch. Das ist ja eine ganze individuelle Sache, bei welcher Temperatur man sich wohlfühlt." (Interview Nr. 5, Frau E.)


„Einmal hatten wir die Situation, dass wir beide nicht wussten, wie wir den Herd wieder funktionstüchtig bekommen. Dann piepst das Ding wieder und du denkst, wer redet jetzt wieder mit mir, mit welcher Botschaft. Ich kann da noch drüber lachen, aber meine Mutter, die ist 82, traut sich an diesen Herd nicht dran. Das muss sie auch nicht, aber es wird mir dann so gewahr, es muss alles noch händelbar sein. Kinder müssen damit lernen umzugehen. Ich muss, auch an Tagen, wo es mir nicht so gut geht, wo es schnell gehen muss, mich auch noch darauf verlassen können.“ (Interview Nr. 3, Frau C.)


Energieüberschuss


„Dieses Plus an Energie lohnt sich gleichsam noch nicht und nicht mehr so richtig bei unserem Haus. Der Kreis ist noch nicht ganz geschlossen: Nicht mehr im Sinne von, die Einspeisevergütung des überproduzierten Stroms ist kräftig zusammengestrichen worden, das lohnt sich kaum noch; und noch nicht im Sinne von, die Energie selbst zu speichern, das ist im Moment nochmal mit einem dermaßen hohen finanziellen Aufwand verbunden, dass es sich fast noch nicht lohnt.“ (Interview Nr. 6, Herr F.)


Umgang mit Energie


 „Also ich widerstehe der Versuchung, wenn die Spülmaschine abends zu Dreiviertel voll ist, sie anzustellen. Da warte ich, bis es taghell ist und wenn ich dann außer Haus geh, schalt ich sie ein“. (Interview Nr. 3, Frau C.)


„Die Waschmaschine und die Spülmaschine haben einen Timer, den stell ich dann immer entsprechend ein. Ich stelle die dann praktisch in Reihe. Muss ich halt ein bisschen überlegen: Die Waschmaschine braucht zweieinhalb Stunden, die fängt so um 11 Uhr an und um 15 Uhr dann die Spülmaschine. Aber das ist ja keine großartige Anstrengung, dafür geh ich ja optimal mit den Kosten um, also werde ich ja belohnt dafür. […]Das denke ich ist legitim, da kostenoptimiert zu arbeiten, aber im neuen Haus macht mir das mehr Spaß auch wenn es nicht schön ist, dass es heute regnet, aber da wird die Zisterne aufgefüllt“ (Interview Nr. 5, Frau E.)


„Mit dem Hauskonzept kam immer mehr Gedanken über den gesamten Lebenswandel, was könnte man noch ändern ohne sich dabei zu sehr zu geißeln.“ (Interview Nr. 6, Herr F.)


„Wir achten mehr drauf als früher, weil man ja sieht, so und so viel ist heute reingekommen und also – ich hätte das nie gedacht- , aber so Waschmaschine anstellen, Backofen oder was macht man- da guck ich schon, dass das hauptsächlich mittags ist oder wenn der Ertrag am höchsten ist und ich würde jetzt nicht sagen, dass wir auf irgendetwas verzichten, weil man sieht man hat nicht so viel da, aber man hat schon einen bewussteren Umgang mit Strom und Energie. Man sieht es so genau, also ich würde nicht sagen, dass man knauserig ist, aber man achtet einfach drauf, weil man weiß wo es her kommt. Und wir wollen auch nicht so viel Strom, also das war auch so ein bisschen unser Ziel autark zu sein bzw. zu einem gewissen Grad und das will man sich auch erhalten, in dem man so in seinem Rahmen dann bleibt und weiß mittags ist der Ertrag am höchsten also schau ich, dass mittags auch die Geräte laufen. (Interview Nr. 4, Frau D.)


„Es wäre eigentlich schön, wenn man im Haus eine Lampe hätte, mit einem roten und grünen Licht: wenn es grün leuchtet, ist Strom von außen vorhanden, die Waschmaschine ginge von allein an und man weiß einfach, jetzt schalt ich alles an und wenn kein Strom mehr zur Verfügung steht, weil die rote Lampe leuchtet, schaltet man keine Verbraucher mehr ein. Früher habe ich nachts das ganze Wochenende durchgewaschen, jetzt versuche ich mich nach der Sonne zu richten. Das klappt natürlich noch nicht immer.“ (Interview Nr. 2, Frau B.)


Erfahrungen beim Bau


„Ich bin von dem politischen Weg der Energiewende, der erneuerbaren Energien, vom energieeffizienten Bauen und Nachhaltigkeit überzeugt bis ich ins Gras beiße. Da bringt mich auch nichts von ab, aber die Realität auf der Baustelle ist wahnsinnig weit weg von dem, das hätte ich nie gedacht“ (Interview Nr. 1, Herr A.)


„80 bis 90 Prozent der Firmen und auch Architekten, die ich gesprochen habe, sind hier nicht im Bilde in diesem Themenbereich.“ (Interview Nr. 1, Herr A.)


„Fehlende Leitungen und fixierte Schalter waren für die Elektriker auch ungewohnt, die sind immer ganz irritiert über die fehlenden Lichtschalter.“ (Interview Nr. 9, Herr I)


„Oder die Angebote waren mit derart hohen Kosten verbunden, weil sie offen gesagt haben, dass sie das Wissen erst einkaufen und aneignen müssen.“(Interview Nr. 4, Herr D.)


„Das Bauen wird komplexer und gleichzeitig wird das Knowhow über das Bauen im Verhältnis schlechter.“ (Interview Nr. 1, Herr A.)


„Es war ein junger Architekt, aber der kannte das Konzept nicht, was mich gewundert hat. Das interessierte den gar nicht.“ (Interview Nr. 9, Herr I).