13. Workshop und Fachsymposium Netzwerk Effizienzhaus Plus am 21. Februar 2018 in Berlin

Über 250 Teilnehmer hatten sich zum 13. Netzwerktreffen der Initiative Effizienzhaus Plus im Rahmen der bautec 2018 im Palais am Funkturm in Berlin angemeldet. Die Ministerialdirektorin des Bauministeriums, Frau Monika Thomas, eröffnete das Fachsymposium, das dieses Mal unter dem Titel „Was heißt klimaneutral Bauen“ stand.

Sie wies in Ihrer Rede auf das Spannungsfeld hin, das sich aus dem ausgehandelten Koalitionsvertrag ergibt, nämlich einerseits die bestehenden energetischen Anforderungen aus der Perspektive des bezahlbaren Wohnens nicht zu verschärfen, gleichzeitig aber zeitnah die Umsetzung der europäischen Gebäuderichtlinie mit der Einführung des Niedrigstenergiehausniveaus (NZEB) zu realisieren und die Einhaltung des Klimaschutzabkommens mittels einer signifikanten Reduzierung der Treibhausgasemissionen aus dem Gebäudesektor in der folgenden Legislaturperiode zu realisieren. Hierzu werden im Gebäudebereich in den nächsten Jahren vermehrt praxistaugliche, bezahlbare Lösungen für das klimagerechte Bauen gesucht. Frau Thomas verwies auf die vom Fraunhofer-Institut für Bauphysik (IBP) im Rahmen der Begleitforschung angefertigte Studie zum CO2- Minderungspotential durch Effizienzhaus Plus Bauten. Bei einer Marktdurchdringung von 15% bei Neubauten und sanierten Bestandsgebäuden lassen sich bis 2050 zusätzlich jährlich 14 Mio. Tonnen CO2,äq gegenüber dem heutigem EnEV Standard einsparen. Dies sind rund 33% des Klimaschutzplans der Bundesregierung.  Die Initiative Effizienzhaus Plus bildet daher auch weiterhin mit das Fundament der Klimaschutzinitiativen. Frau Thomas dankte den Netzwerkpartnern für ihr langjähriges Engagement und offerierte, sich für die weitere Markteinführung und langfristige Verstetigung des Gebäudestandards Effizienzhaus Plus persönlich einzusetzen.Frau Petra Alten, Projektleiterin der Initiative Effizienzhaus Plus im BMUB, erinnerte in Ihrer Einführungsrede an den Start der Initiative vor genau 7 Jahren an gleicher Stelle. Sie geht dabei auf 7 wichtige Grundpfeiler und Entwicklungen des Effizienzhauses Plus ein. Sie dankte allen Netzwerkpartnern aus Planung, Wissenschaft, Handwerk und Bauherrenschaft an der Realisierung und dem Erfahrungsaustausch teilgenommen zu haben. Sie sieht im Effizienzhaus Plus die zukunftsweisende Aufgabe einen  wichtigen „Solidarbeitrag“ zu leisten, indem die Defizite anderer Gebäude mit dem Energieüberschuss ausgeglichen werden ohne die Lebensqualität einzuschränken. Diese Erkenntnisse und praxisnahen Lösungsansätze zur Umsetzung eines Effizienzhaus Plus im Wohn- und Nichtwohngebäude gilt es über weitere Modellvorhaben auszubauen.

In dem anschließenden von Hans Erhorn (Fraunhofer IBP) moderierten Vortragsblock, gingen Dr. Martin Pehnt (IFEU Heidelberg), Dr. André Müller (BBSR Bonn) und Heiko Wöhrle (Ingenieurbüro Hausladen) auf CO2-Bilanzierungen im Bauwesen,  auf Strategien auf nationaler und internationaler Ebene, sowie auf die erschließbaren Umweltpotentiale von Effizienzhaus Plus Gebäuden ein. Dabei zeigte sich, dass eine Umstellung der Bewertungsparameter von Primärenergiefaktoren zu Treibhausgasemissionen (THG) eine komplexe Betrachtung erfordert und die Bewertung nicht zwingend einfacher macht. Sowohl tageszeitliche als auch saisonale Schwankungen sowie Wechselwirkungen mit anderen energiepolitischen Instrumenten sind bei der Bereitstellung von Treibhausgas-Parametern zu beachten um Doppelzählungen zu vermeiden und die gewünschte Wirkung zu erreichen. Abschließend stellte Herr Jürgen Roth als Architekt der Louise-Otto-Peters-Schule in Hockenheim, den ersten Bildungsbau vor, der im Rahmen der Effizienzhaus Plus Initiative realisiert wurde.In der anschließenden Kaffeepause blieb Zeit die umfangreiche Posterausstellung über die realisierten Modellgebäude und andere Schwerpunkte der Initiative zu besuchen und Diskussionen mit anderen Teilnehmern des Symposiums zu führen. Zu Beginn des zweiten Veranstaltungsblocks stellte Hans Erhorn (Fraunhofer IBP) seine Sicht der notwendigen Anforderungen an klimaneutrale Bauten dar. Er zeigte auf, dass zur Kompensation der Energieaufwände für die Errichtung und den Rückbau der Gebäude, ergänzend zu den erforderlichen PV Flächen für den Betrieb, etwa 0,15 m² Photovoltaikfläche je m² Gebäudenutzfläche auf oder an den Gebäuden realisiert werden müssen.  Das Ziel klimaneutrales Bauen sei also nur mit Effizienzhäusern Plus möglich. Dies war der Auftakt für eine Podiumsdiskussion mit der Fragestellung  „Was bedeutet klimaneutral Bauen praktisch?“ mit den Referenten: Prof. Ingo Lütkemeyer (IBUS Architektengesellschaft), Prof. M. Norbert Fisch (IGS TU Braunschweig), Stefan Oehler (GreenTech Frankfurt). In seiner Eingangsfrage zielte der Moderator, Peter Rathert (Referatsleiter im BMUB) auf den Beitrag von Effizienzhäusern Plus zur Klimaneutralität des Gebäudebestands bis 2050 ab. Hier waren sich die Diskutanten einig, dass der Einfluss, solange man sich dabei nur auf Neubautätigkeit konzentriert, relativ klein sein wird, nichts desto trotz die Sensibilisierung und Motivation aus den Modellvorhaben Effizienzhaus Plus mitgenommen werden sollte, um auch im Bestand klimaneutrale Lösungen voranzutreiben.

Der vermeintliche Koalitionsvertrag sieht bisher keine ordnungsrechtliche Verschärfung der Energieeffizienz von Gebäuden vor, können damit die Klimaschutzziele erreicht werden? Prof. Fisch rät zu einer dringenden Vereinfachung der Normen und Vorschriften. Die EnEV nicht weiter zu verschärfen hält er für die Nichtwohngebäude richtig, für die Wohngebäude hätte er sich eine weitere Anhebung des energetischen  Standards gewünscht. Herr Oehler warnt vor einem energiepolitischen Stillstand, seit 8 Jahren haben sich die  CO2 –Emissionen nicht verändert. Er empfiehlt  die Energieträger mit realen Preisen zu versehen und von Subventionen fossiler Energieträgern abzusehen um wirtschaftliche Weichen neu zu stellen und Sanierungstätigkeiten einzuleiten. Herr Prof. Lütkemeyer hätte bei den Energiestandards gerne noch eine „Schippe“ drauf gelegt. Aus seiner langjährigen Praxis konnte er berichten, dass die Investoren/Bauherrn stets den ihnen vorgegebenen Standard bereit waren auszuführen und zu bezahlen. Im Vorfeld jeder Verschärfung gab es Bedenken, die sich später aber stets relativiert haben.    
Eine Kostensteigerung nach der EnEV-Veränderung in 2016 konnte die Diskussionsrunde nur geringfügig bis gar nicht erkennen. Für einzelne Gebäudetypologien war hingegen nach Einschätzung von Herrn Oehler die Technologieoffenheit nicht mehr existent. Er empfahl ferner den privaten Bauherrn im Fall von Instandsetzungsmaßnahmen zur Kosteneffizienz erst einen Sanierungsfahrplan aufzustellen, bevor unkoordiniert teure Einzelmaßnahmen ausgeführt werden.
Aus dem Publikum wurde darauf hingewiesen, dass 80 % der Gebäude im Privatbesitz sind und zur Etablierung des Effizienzhaus Plus Standards eine Verbesserung der rechtlichen Rahmenbedingungen zur Eigenstromnutzung dringend notwendig ist. Des Weiteren wurde auch hier die Vereinfachung der Gesetzgebung gefordert. Der Begriff des klimaneutralen Bauens ist bei den Nutzern noch nicht präsent und sollte durch geeignete Informationen erklärt und verbreitet werden.
Mit Fragen zu nachhaltigen und temporären Technologien und Baustoffen bis 2050 schloss die Diskussionsrunde ab.

Die Teilnehmer wurde vom Moderator zu einem Messerundgang verabschiedet und herzlich zum nächsten öffentlichen Workshop auf der BAU Messe in München im Januar 2018 eingeladen.