Wesentliche Ergebnisse des Fachkongresses „Serielles und modulares Bauen“ vom 13. September 2018 im E-Werk Berlin

Großes Interesse an serieller und modularer Bauweise


Im Rahmen des Fachkongresses „Serielles und modulares Bauen“ vom 13. September 2018 im E-Werk Berlin haben Akteure aus der Wohnungswirtschaft, Kommunen und Ländern über die Chancen und Herausforderungen des seriellen und modularen Bauens diskutiert. Gegenstand der Veranstaltung waren dabei die Systementwürfe der Bieter/Bietergemeinschaften, die zur Abgabe eines Angebotes aufgefordert wurden. Die Konzepte wurden durch die ARGE Kommunikation im Plenum nacheinander präsentiert. Parallel konnten sich die Teilnehmenden im Ausstellungsbereich über Details der Entwürfe informieren. Sie wurden während der Veranstaltung über den aktuellen Stand des Verfahrens sowie die weiteren Umsetzungsschritte informiert. Dazu wurden auch Einzelheiten zur Anwendung der Rahmenvereinbarung vorgestellt, aus der die GdW-Mitgliedsunternehmen im Einzelabruf einen Bauauftrag auslösen können.

Herr PSt Marco Wanderwitz (BMI) begrüßte die Teilnehmenden und stellte die Bedeutung des seriellen und modularen Bauens für die Zielerreichung des Koalitionsvertrages hervor. In den nächsten vier Jahren sollen 1,5 Mio. Wohnungen entstehen – dazu kann das serielle und modulare Bauen durch Zeit- und Kostenersparnisse einen wichtigen Beitrag leisten.

 

Serielles und modulares Bauen als „Zukunft des Bauens“


Anschließend diskutierten PSt Marco Wanderwitz (BMI), Barbara Ettinger-Brinckmann (Präsidentin der BAK), Axel Gedaschko (Präsident des GdW) und Marcus Becker (Vizepräsident des HDB) über die Fragestellung „Hoffnungsträger Serielles und modulares Bauen?!“. Die Teilnehmer der Podiumsdiskussion waren sich einig, dass serielles und modulares Bauen ein wichtiger Baustein ist, um den Wohnungsbau im bezahlbaren Segment zu steigern.

Marcus Becker (HDB) hob hervor, dass die Anwendung serieller und modularer Bauprinzipien für seine Mitgliedsunternehmen die Zukunft des Bauens darstelle. Er forderte die Branche auf, diese Entwicklung mitzutragen und aktiv gegen Vorbehalte vorzugehen. Die Wohnungsunternehmen können zur Marktakzeptanz den entscheidenden Beitrag leisten.

Als größtes Hemmnis sehen die Akteure die zum Teil herrschenden Vorbehalte gegenüber dieser Bauweise, da mit seriellen und modularen Bauweisen Assoziationen mit den oftmals als unästhetisch wahrgenommenen DDR-Plattenbauten vergangener Jahrzehnte geweckt werden. Die vorgelegten Entwürfe der Rahmenvereinbarung erfüllen jedoch hohe gestalterische Ansprüche und zeigen neue Möglichkeiten bspw. der Fassadengestaltung auf. Barbara Ettinger-Brinckmann (BAK) fügte hinzu, dass die Individualisierung der einzelnen Module ebenfalls zur Akzeptanzsteigerung beitragen könnte. Beispiele aus der Automobil- und Textilbranche würden zeigen, dass in Serie gefertigte Produkte durch die zunehmende Digitalisierung auch auf spezielle Kundenwünsche zugeschnitten und individuell gestaltet werden können.

Die Podiumsteilnehmer waren sich einig, dass die serielle und modulare Bauweise keine Blaupause für den Wohnungsbau insgesamt darstellt. Die Vielfalt der Europäischen Stadt, so Barbara Ettinger-Brinckmann, muss erhalten werden.

Axel Gedaschko (GdW) stellte als weitere Vorteile der Rahmenvereinbarung die Planungssicherheit hinsichtlich der Kosten, aber auch bezüglich der Bauzeit heraus. In dem Rahmenvertrag werden Baukosten zwischen 2.000 und 3.000 Euro kalkuliert, wodurch Mieten zwischen 8 und 9 Euro/m², in bestimmten Fällen auch 12 Euro/m² erreicht werden können. Darüber hinaus ist die Herstellung von Modulen wetterunabhängig, und durch die präzise Bauweise können Mängel reduziert werden. Serielles und modulares Bauen ist ein wichtiger Baustein, um die Baukostenentwicklung zu dämpfen.

Zuletzt diskutierten die Akteure über die verfahrens- und verwaltungsrechtlichen Hürden im Bau-genehmigungsverfahren. Vor allem die teilweise langen Genehmigungsprozesse – teilweise aufgrund kapazitiver Engpässe in den Genehmigungsbehörden – sowie die bauordnungsrechtlichen Unterschiede in den einzelnen Bundesländern hemmen die schnelle Umsetzung. Barbara Ettinger-Brinckmann (BAK) kritisierte die unterschiedlichen länderspezifischen gesetzlichen Rahmenbedingungen der Landesbauordnungen und schlug vor, eine Bundesbauordnung zu formulieren, die jeweils einen länderspezifischen Anhang enthält.

 

Diskussion der Entwürfe des Rahmenvertrages: Vielfältige Lebensentwürfe – vielfältige Typologien


Die ARGE Kommunikation stellte alle 15 Konzepte der Bieter/Bietergemeinschaften, die an dem Ausschreibungsverfahren teilgenommen hatten, detailliert vor. Sie ging dabei auf grundlegende Konstruktions- und Bauprinzipien, Materialwahl sowie Grundriss- und Fassadengestaltung der Entwürfe ein.

Nach der Präsentation der Konzeptionen fassten die Vertreter der ARGE Kommunikation ihre Eindrücke zu den Entwürfen zusammen. Die Vertreter unterstrichen, dass die neun Entwürfe der Rahmenvereinbarung vielfältige Typologien und Materialien abdecken würden. Damit können unterschiedliche Nutzergruppen angesprochen werden, und durch die Grundrissflexibilität unterschiedliche Nutzungen zugelassen werden. Die Bauweise ist somit Spiegelbild des gesellschaftlichen Wandels und kann durch diese Anpassungsfähigkeit die Akzeptanz der Bauweise am Markt steigern.

 

Kommunen sind jetzt auch gefordert, den seriellen und modularen Wohnungsbau zu unterstützen


Mit dem erfolgreichen Abschluss des Ausschreibungsverfahrens und der Rahmenvereinbarung haben der GdW und die unterstützenden Partner gute Voraussetzungen geschaffen, um seriellen und modularen Bauweisen zum Durchbruch zu verhelfen. Damit wurden die Empfehlungen der Baukostensenkungskommission in diesem Punkt umgesetzt. Jetzt kommt es darauf an, dass die Kommunen den seriellen und modularen Bauweisen und den erarbeiteten Entwürfen aufgeschlossen gegenüberstehen und das erforderliche Baurecht schaffen.

Michael Neitzel (InWIS) machte deutlich, dass bei der Konzeption des Ausschreibungsverfahrens insbesondere intensiv über die architektonische und städtebauliche Qualität diskutiert wurde und hohe qualitative Anforderungen festgelegt wurden. Zur Beurteilung der architektonischen und städtebaulichen Qualität hat sich der GdW von einem mit ausgewiesenen Fachleuten besetzten Bewertungsgremium beraten lassen. Es sei wichtig, diese Vorgehensweise weiter zu führen, wenn vor Ort in den Kommunen über Baukonzepte der Rahmenvereinbarung beraten wird, die gebaut werden sollen.

Die Kommunen haben es in der Hand, die planungsrechtlichen Instrumente so einzusetzen, dass serielle und modulare Bauweisen unterstützt und flankiert werden. Festlegungen vor allem in städtebaulichen Verträgen, aber auch in Gestaltungssatzungen oder Ausschreibungen von Wettbewerbern sollten eingesetzt werden, damit diese Bauweisen eine Chance erhalten. Die vorgelegten Entwürfe besitzen eine bemerkenswerte Anpassungsflexibilität und Variabilität, sodass sie als Antwort auf unterschiedliche Grundstückssituationen individuell ausgestaltet werden können und auch hohen Ansprüchen genügen.

Intensive Nachfragen zu den rechtlichen Rahmenbedingungen des Vertrages


Dr. Thomas Stickler (Kanzlei REDEKER SELLNER DAHS) stellte die rechtlichen Rahmenbedingungen zur Vergabe von Bauleistungen aus der Rahmenvereinbarung „Serielles und modulares Bauen“ vor. Für die Umsetzung von Bauvorhaben können die Mitgliedsunternehmen des GdW in den nächsten fünf Jahren aus dem Rahmenvertrag beauftragen. Vor allem die öffentlichen Wohnungsunternehmen, die dem Vergaberecht unterliegen, profitieren davon, dass durch den Rahmenvertrag eine EU-weite Ausschreibung entfällt. Für die Umsetzung müssen i.d.R. alle neun Unternehmen des Rahmenvertrags zu einem Angebot aufgefordert werden; gleichzeitig besteht bis zu einer festgelegten Anzahl die Pflicht zur Angebotsabgabe.

Die anschließende intensive Diskussion zeigte, dass viele der anwesenden Akteure Fragen zur rechtlichen Umsetzung des Vertrages haben. Nachfragen wurden u.a. bezüglich des Geltungsbereiches des Rahmenvertrages gestellt. Dr. Thomas Stickler erläuterte, dass private Wohnungsunternehmen nicht dem Vergaberecht unterliegen und daher auch unmittelbar auf einzelne Bieter/ Bietergemeinschaften zugehen können; sie müssen den Rahmenvertrag nicht umsetzen. In diesem Fall gelten die Bestimmungen der Rahmenvereinbarung auch nicht für die Bieter, die ein von der Rahmenvereinbarung abweichendes Angebot abgeben können. Öffentliche Wohnungsunternehmen müssen die Vereinbarungen der Rahmenvereinbarung einhalten, wenn sie ein EU-weites Ausschreibungsverfahren vermeiden wollen.

Grundsätzlich gilt die Rahmenvereinbarung für Bauvorhaben in Deutschland. Bestellungen für Grundstücke im Ausland sind dadurch nicht gedeckt. Für Wohnungsunternehmen, die nicht dem Vergaberecht unterliegen, besteht aber die Möglichkeit, außerhalb der Rahmenvereinbarung Angebote für einen Standort im Ausland einzuholen.

Bezüglich des Umsetzungsprozesses gab es eine Rückfrage aus dem Plenum, wie mit den einzelnen Bauvarianten im Rahmenvertrag umzugehen ist. Dr. Thomas Stickler führt aus, dass die Varianten als Muster dienen und an örtliche Gegebenheiten angepasst werden können. Dies betrifft bspw. die Vorschriften der geltenden Landesbauordnung, die Festsetzungen der Kommune (bspw. zur Dachneigung), aber auch die Eigenschaften des konkreten Grundstücks (z.B. Hanglage versus ebene Fläche, Erschließungssituation). Die erforderlichen Anpassungen muss das Wohnungsunternehmen im Vorfeld präzisieren. Die Kosten, die im Rahmen der Planungsanpassung entstehen, müssen vom Bieter selbst getragen werden.

Eine weitere Frage zielte auf den konkreten Entscheidungsprozess eines Auftraggebers ab. Hier erklärte Dr. Thomas Stickler, dass die Zuschlagskriterien im Vorfeld konkretisiert werden müssen, die vom Wohnungsunternehmen bei der konkreten Auswahlentscheidung zugrunde gelegt werden sollen. Als Grundlage dienen die Vorgaben aus der funktionalen Leistungsbeschreibung.

 

Wohnungsunternehmen in der Pflicht – Serielle und modulare Bauweise umsetzen


Die Veranstaltung zeigt durch das große Interesse der Teilnehmenden, dass serielle und modulare Bauweise in der Wohnungs- und Immobilienwirtschaft derzeit eine Renaissance erleben und viel Beachtung finden. Zwischen den Teilnehmenden und den Bietern/Bietergemeinschaften kam es zu einem regen Austausch. Bieter berichteten davon, dass es konkrete Kontakte geben würde, um Bauvorhaben zu realisieren. Mit dem Rahmenvertrag ist ein Konzept entstanden, das insbesondere öffentlichen Wohnungsunternehmen den Zugang zu diesen Bauweisen vereinfacht. Die Wohnungsunternehmen sind jetzt in der Lage, dieses Instrument zu nutzen und durch vielfältige Typologien den Vorbehalten gegenüber dieser Bauweise entgegenzuwirken. Das BMI wird den Prozess mit den anderen Bündnispartnern weiter begleiten und gemeinsam mit den Ländern und den weiteren Beteiligten Maßnahmen ergreifen, um bestehende Hemmnisse abzubauen.