21. Netzwerktreffen "Effizienzhaus Plus – Zukunft zeigen", Fachveranstaltung auf den Berliner Energietagen 2022

Die Energiewende in Gebäuden setzt insbesondere auf innovative Impulse aus der Bauforschung. Die Veranstaltung „Effizienzhaus Plus – Zukunft zeigen“ des Bundesministeriums für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen (BMWSB) und des Bundesinstituts für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR) zeigte im Rahmen eines öffentlichen 21. Netzwerktreffens Effizienzhaus Plus aus Anlass der Berliner Energietage 2022 neue Lösungswege auf und lud zum Dialog über das Bauen 2045 ein.

Die Themen des Netzwerktreffens stießen auf großes Interesse. Für die Veranstaltung vor Ort und im Livestream hatten sich über 580 Personen angemeldet. Hans Erhorn, Principal Advisor für das Fraunhofer-Institut für Bauphysik IBP, moderierte das Netzwerktreffen, das aus einem Präsentationsblock und zwei Dialogrunden zu den Themen „Klimaschutz braucht Bildung“ und „Durchstarten für den Klimaschutz“ bestand.

Die Bundesministerin für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen, Klara Geywitz, begrüßte die Teilnehmenden des 21. öffentlichen Netzwerktreffens. Trotz den dominierenden Schlagzeilen zur Coronakrise und dem Krieg in der Ukraine, hob die Bundesbauministerin die Dringlichkeit hervor, sich der Klimakrise zu widmen. Durch Initiativen wie Effizienzhaus Plus des BMWSB könne sich der Gebäudesektor vom Sorgenkind zum positiv Beitragenden der Klimabilanz wandeln. Neben der Steigerung der Energieeffizienz nannte die Bundesbauministerin drei weitere erfolgsentscheidende Faktoren zur Dekarbonisierung des Gebäudesektors: erstens mehr Kapazität sowie eine Qualitätssteigerung in der Planung, Ausführung und im Unterhalt von Gebäuden, zweitens keine finanzielle Überlastung der Maßnahmenträger und drittens eine höhere gesellschaftliche Akzeptanz von Klimaschutzmaßnahmen im Gebäudebereich. Sie wünschte den Teilnehmenden einen lebendigen Austausch mit neuen Erkenntnissen und Lösungsansätzen für das Bauen der Zukunft.

Nach dem Grußwort überreichte Heike Erhorn-Kluttig vom Fraunhofer-Institut für Bauphysik IBP der Bundesbauministerin den nach 10 Jahren aktualisierten Energieausweis sowie das neu entwickelte Effizienzhaus Plus-Zertifikat des Effizienzhaus Plus-Pilotgebäudes des BMWSB. Das Gebäude „Effizienzhaus Plus mit Elektromobilität“ steht in Berlin und wird vom Informations- und Kompetenzzentrum für zukunftsgerechtes Bauen (IKzB) für Zwecke der Bauforschungsinitiativen des Bundes genutzt. Darüber hinaus erhielt die Bundesbauministerin von Petra Alten, Projektleiterin der Effizienzhaus Plus-Initiative im BMWSB, einen symbolischen „Effizienzhaus Plus-Klimaschutzschirm“.

Frau Erhorn-Kluttig stellte unter dem Titel „Effizienzhaus Plus wird zertifiziert“ Ergebnisse aus dem laufenden BBSR Ressortforschungsprojekt „Untersuchung zu Energieausweisen für Effizienzhäuser Plus“ vor. Dazu zählten der aktualisierte Energieausweis des ersten Effizienzhaus Plus-Gebäudes, das neu entwickelte Effizienzhaus Plus-Zertifikat, welches gegenüber dem bisherigen „Energieausweis Effizienzhaus Plus“ im Design überarbeitet und um die Treibhausgasemissionen erweitert wurde, sowie das Update des dazugehörigen Online-Rechentools. Der neue Effizienzhaus Plus-Rechner ist verfügbar unter www.effizienzhaus-plus-rechner.de.

Prof. Dr. Clemens Felsmann von der TU Dresden, Dr.-Ing. Ulrich Bünger und Richard van As-Jacobsson präsentierten in ihrem Vortrag ein breites Spektrum an Informationen zum Thema „Wasserstoff: Energieträger der Hoffnung oder Energieträger der Zukunft?“. Professor Felsmann erläuterte unterschiedliche Optionen zur Wasserstoff-Nutzung im Wärmesektor sowie grundsätzliche Optionen für eine Anwendung im Effizienzhaus Plus-Gebäudestandard, die im Rahmen des BBSR Ressort-Forschungsprojekts „Potenziale des Effizienzhaus Plus-Gebäudestandards in Kombination mit Wasserstoff-Technologien“ erarbeitet wurden. Eine Ertrags- und Nutzungsrechnung der Wasserstoffproduktion wurde am Beispiel der Effizienzhaus Plus-Grundschule in Giebelstadt vorgestellt. Herr Bünger schilderte die vielfältigen Einsatzmöglichkeiten von Wasserstoff in der Wärmeversorgung anhand von prototypischen Objekten im deutschsprachigen Raum. Er betonte, dass es nun um die Umsetzung von Modellprojekten und um die Sammlung von Anwendungserfahrungen in der Praxis ginge. Herr van As-Jacobsson berichtete von Erfahrungen aus dem „Hydrogen City“-Projekt im niederländischen Stad aan `t Haringvliet, bei dem Wasserstoff zum Heizen von Wohngebäuden eingesetzt wird. Prof. Felsmann fasste den Vortrag rund um das Thema Wasserstoff für die Anwendung in Gebäuden abschließend in sieben Thesen zusammen.

Nach den Vorträgen folgte die erste Dialogrunde zum Thema „Klimaschutz braucht Bildung“. Peter M. Friemert von der ZEBAU GmbH führte den Dialog mit Susanne Kramm (Berliner Energieagentur GmbH), Prof. Martin Kusic (Hochschule 21, Buxtehude) und Thomas Quast (com.X Institut). Frau Kramm stellte die Initiative „Klimabildung in Schulen“ des BMWSB vor. Ziel der Initiative ist es, Schulen bei der Wissensvermittlung von energie- und klimaschutzbezogenen Inhalten zu unterstützen. Herr Quast stellte aktuelle Ergebnisse der sozialwissenschaftlichen Begleitforschung zu Bildungsbauten aus der Effizienzhaus Plus-Initiative vor, darunter z. B. die Erkenntnis, dass zusätzliche Angebote zu Klima- und Umweltthemen an den meisten Bildungseinrichtungen willkommen sind. Prof. Kusic gab einen Einblick in studentische Projekte der Hochschule 21 in Buxtehude, darunter prämierte Beiträge zum Themenwettbewerb „10 Jahre Effizienzhaus Plus“, den BMWSB und BBSR Ende 2021 ausgelobt hatten.

In der zweiten Dialogrunde kam Herr Erhorn unter dem Motto „Durchstarten zum Klimaschutz“ mit Peter Rathert (Referatsleiter BW I 3 im BMWSB), Prof. Ingo Lütkemeyer (Hochschule Bremen; IBUS Architekturgesellschaft mbH) und Manfred Rauschen (Ökozentrum NRW) ins Gespräch. Herr Erhorn und Herr Rathert tauschten sich vor allem zum Thema eines Null-Emissions-Neubaustandards ab 2030 aus. Beide waren sich einig, dass der Effizienzhaus Plus-Standard bis 2030 im Neubaubereich, wo immer möglich, die Regel werden sollte. Herr Rathert verwies jedoch auch auf Hemmnisse zur Erreichung der Klimaneutralität im Gebäudesektor wie der Umgang mit dem Gebäudebestand sowie der Material- und Fachkräftemangel. Prof. Lütkemeyer war der Architekt der ersten Plusenergieschule im Großraum Berlin. Er erläuterte, dass diese vor mehr als 10 Jahren gebaute Schule als Prototyp für das Bauen der Zukunft dienen könne und zeigte weitere in der Folge umgesetzte Beispiele für das klimaneutrale und Ressourcen-schonende Bauen im Bereich der Bildungsbauten. Von der japanischen Variante des Effizienzhaus Plus-Wohngebäudes, dem sogenannten „Zero Energy House“ (ZEH), berichtete Manfred Rauschen. In den letzten fünf Jahren konnten trotz fehlender Energieeffizienz-Baustandards in Japan über 200.000 Neubauten im ZEH-Standard umgesetzt werden. Herr Rauschen merkte an, dass Deutschland unter anderem von den zielgruppengerechten Kampagnen und Informationsangeboten zum ZEH-Standard in Japan lernen könne.

Im Dialog fassten Frau Alten und Herr Erhorn die Themen und Erkenntnisse der Veranstaltung zusammen. Frau Alten führte aus, dass der Fokus der Initiative nun insbesondere auf der Öffentlichkeitsarbeit und weiteren Umsetzung von Modellvorhaben liege. Perspektivisch solle der Effizienzhaus Plus-Standard europaweit weitergetragen werden. Zum Abschluss der Veranstaltung verwies Frau Alten auf das nächste geplante öffentliche Netzwerktreffen im Rahmen der Messe BAU am 18. April 2023 in München.

 

Downloads:

00 Programm

01 Präsentation H. Erhorn-Kluttig

02 Präsentation S. Kramm

03 Präsentation T. Quast

04 Präsentation Prof. M. Kusic

05 Präsentation Prof. I. Lütkemeyer

06 Präsentation M. Rauschen

 

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