Wissenschaftliche Begleitung der Arbeitsgruppe Nachhaltiger Wohnungsbau

Wissenschaftliche Begleitung der Arbeitsgruppe Nachhaltiger Wohnungsbau

Gegenstand des Forschungsvorhabens war die wissenschaftliche Begleitung der Arbeitsgruppe Nachhaltiger Wohnungsbau des Runden Tisches Nachhaltiges Bauen beim BMVBS. Sie wurde zur Unterstützung der Meinungsbildung innerhalb der Wohnungswirtschaft zu Fragen der Beschreibung und Bewertung der Nachhaltigkeit von Wohnbauten eingerichtet. Ziel war es, einen Vorschlag für ein System zur Beschreibung und Bewertung von neu zu errichtenden Mehrfamilienhäusern als Beitrag zu einer nachhaltigen Entwicklung zu erarbeiten.Projektlaufzeit: Juni 2010 - November 2011

Ausgangslage

Die Unternehmen der Wohnungswirtschaft setzen sich intensiv mit Fragen der Umsetzung von Prinzipien einer nachhaltigen Entwicklung auseinander. Dabei tritt die Frage auf, ob und inwieweit der Beitrag von Wohnbauten zu einer nachhaltigen Entwicklung beschrieben, bewertet und gegenüber Dritten dargestellt werden kann.

In existierenden Ansätzen sah die Wohnungswirtschaft die Besonderheiten von Wohnbauten und die Interessen insbesondere von bestandshaltenden und bestandsverwaltenden Unternehmen nicht ausreichend gewürdigt. Gleichzeitig wurde ein Bedarf an einer ausführlichen Meinungsbildung unter wissenschaftlicher Begleitung signalisiert mit dem Ziel, Chancen aber auch Risiken einer Nachhaltigkeitsbewertung zu identifizieren, zu diskutieren und hinsichtlich ihrer Konsequenzen für die Entwicklung und Einführung eines Nachhaltigkeitsbewertungssystems von Wohnbauten zu erörtern.

Dies war der Anlass für die Einrichtung der Arbeitsgruppe, an der neben den wesentlichen Verbänden der Wohnungswirtschaft und Vertretern ausgewählter Wohnungsunternehmen auch Vertreter der Politik, der Wissenschaft sowie der Bauindustrie, Bauwirtschaft und der Planungs- und Beratungseinrichtungen vertreten waren.

Ziel der Arbeitsgruppe war es, auf Basis einer Analyse der Besonderheiten von Wohnbauten und der besonderen Interessenlage von Wohnungsunternehmen einen Vorschlag für ein System zur Beschreibung und Bewertung des Beitrages von neu zu errichtenden Mehrfamilienhäusern zu einer nachhaltigen Entwicklung zu erarbeiten. Seitens der wissenschaftlichen Begleitung sollten Grundlagen hierfür aufbereitet und vorgestellt, methodische Ansätze erläutert sowie Entwürfe zu Bewertungskriterien und -maßstäben unterbreitet werden.

Ziel

Über die wissenschaftliche Begleitung des Projektes sollten folgende Aufgaben abgedeckt werden:

• Begleitung der Arbeitsgruppe, Teilnahme an Arbeitsgruppensitzungen, Aufbereitung und Darstellung von Arbeitsständen und Zwischenergebnissen
• Erstellung von Kurzexpertisen und Stellungnahmen
• Entwicklung von Vorschlägen zu Bewertungskriterien und –maßstäben in Form von Steckbriefen
• Abstimmungen mit parallelen Projekten zur Ermittlung von Benchmarks sowie deren Einarbeitung in die Steckbriefe

Auftragnehmer des Forschungsprojektes war das Karlsruher Institut für Technologie KIT, Fakultät für Wirtschaftswissenschaften, Ökonomie und Ökologie des Wohnungsbaus, Prof. Dr.-Ing. habil. Thomas Lützkendorf (Projektleitung).

Konzept

Im Rahmen des Projektes wurden die intensive Begleitung der Arbeitsgruppe, die Erarbeitung von Vorschlägen, die Aufbereitung von Zwischenergebnissen sowie die Entwicklung eines Systemvorschlages inklusive der Bewertungskriterien und -maßstäbe geleistet. Die konzeptionellen Ausgangspunkte waren die Nationale Nachhaltigkeitsstrategie, die Besonderheiten des Bedürfnisfeldes Bauen und Wohnen, die spezifischen Interessen von Wohnungswirtschaft und Wohnungsunternehmen, existierende Ansätze sowie der Stand der Normung.

Neben der Erarbeitung des unmittelbaren Systemvorschlages erfolgte eine intensive Auseinandersetzung mit den Anwendungsmöglichkeiten einer Nachhaltigkeitsbewertung und ihrer Ergebnisse sowie der damit für die Wohnungswirtschaft verbundenen Chancen und Risiken. In die Bearbeitung flossen sowohl Vorschläge von Verbänden als auch die unmittelbaren Erfahrungen einzelner Wohnungsunternehmen bei. Begleitung, Dokumentation und Auswertung erfolgten in enger Abstimmung mit dem BBSR.

Ergebnisse

Die Ergebnisse des Forschungsprojektes liegen als ausführlicher Endbericht (unter >> Veröffentlichungen) sowie als Zusammenstellung von Vorschlägen für Bewertungskriterien und Bewertungsmaßstäbe in Form von Steckbriefen vor.

Im Endbericht werden folgende Themen dargestellt:

• Bedeutung des Bedürfnisfeldes Bauen und Wohnen sowie seine Einordnung in die Nationale Nachhaltigkeitsstrategie
• Vorstellung des Wohnungsmarktes und seiner Akteure
• Vorstellung existierender Ansätze für die Beschreibung und Bewertung von Wohnbauten
• Herausarbeitung und Definition des Bewertungsgegenstandes Mehrfamilienhaus
• Anforderungen an ein Bewertungssystem und an Bewertungskriterien
• Aufwand und Nutzen einer Nachhaltigkeitsbewertung
• Chancen und Risiken einer Nachhaltigkeitsbewertung
• Vorstellung der Vorschläge für das Bewertungssystem und seine Kriterien

Im Ergebnis der Aktivitäten der Arbeitsgruppe wurde ein Vorschlag für ein Bewertungssystem Nachhaltiger Wohnungsbau (BNW) entwickelt, auf dessen Grundlage durch die Wohnungswirtschaft ein Qualitätssiegel Nachhaltiger Wohnungsbau vergeben werden soll. Auf Grund seiner Besonderheiten ist das System kein Bestandteil der Systemfamilie des Bewertungssystems Nachhaltiges Bauen des Bundes (BNB).

Das Bewertungssystem umfasst folgende Themenbereiche und Hauptkriteriengruppen:

• Standortmerkmale und Umweltbedingungen
• Objektmerkmale
• Beschreibung und Bewertung der Wohnqualität
• Beschreibung und Bewertung der technischen Qualität
• Beschreibung und Bewertung der ökologischen Qualität
• Beschreibung und Bewertung der ökonomischen Qualität
• Beschreibung und Bewertung der Prozessqualität bei Planung und Ausführung
• Angaben zu wohnungswirtschaftlichen Zielen und Hinweise auf Besonderheiten

Das unter intensiver Mitwirkung von Vertretern der Wohnungswirtschaft entwickelte System folgt dem Ansatz eines einstufigen Qualitätssiegels ohne weitere Bewertungsstufen. Insofern sind Mindestanforderungen zu erfüllen. Deren Übererfüllung oder deutliche Übererfüllung kann zusätzlich in einem Stärkenprofil ausgewiesen werden. Bewertungssystem und Qualitätssiegel inklusive des Bewertungsberichtes und aller Anlagen sollen einen Beitrag zur Verbesserung von Qualität, Transparenz und Nachhaltigkeit leisten.

Im Rahmen der Erarbeitung des Systemvorschlags wurden für die Wohnungswirtschaft spezifische Lösungen entwickelt:

• Angaben zum Standort und zu den Umweltbedingungen werden vorangestellt, da die bauliche Lösung stets eine Reaktion auf diese darstellt. Sie sind zu ergänzen durch Angaben über zu erwartende Veränderungen und Trends.
• Angaben zum Objekt und zu Objektkennwerten sowie zu Art und Umfang technischer Lösungen werden ausgebaut.
• Die funktionale und soziale Qualität werden zur Wohnqualität zusammengefasst und als erste Hauptkriteriengruppe eingeführt. Die Beschreibung und Bewertung der funktionalen Qualität wird ausgebaut.
• Neben zu bewertenden Kriterien werden eine Reihe von Kriterien und Indikatoren eingeführt, zu denen beschreibend Informationen zu liefern sind. Geprüft werden in diesem Fall Art und Umfang der Beschreibung.
• Erläuterung zu den Wohnungswirtschaftlichen Zielen und Strategien können dem Bericht ergänzend beigefügt werden.

Darüber hinausgehend wurden für die Bewertung von Einzelaspekten neue Ansätze entwickelt. Die betrifft unter anderem die Flächenversiegelung, die Werthaltigkeit der Investition als Teilaspekt der ökonomischen Qualität bzw. die Darstellung der Reaktion auf standortbezogene Gegebenheiten als Teil der technischen Qualität. Die Systemgrenzen zur Lebenszykluskostenrechnung wurden an die Besonderheiten von Wohnbauten angepasst.

Veröffentlichungen

Wissenschaftliche Begleitung der Arbeitsgruppe Nachhaltiger Wohnungsbau - Endbericht
Download auf https://www.bbsr.bund.de/